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Das letzte Revier

Das letzte Revier

Titel: Das letzte Revier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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und natürlich hat mich die Polizei danach gefragt. Es ist komisch, aber meine Handlungsweisen scheinen normal und unstreitig, bis sie von jemandem unter die Lupe genommen werden. Dann wird mir klar, dass ich nicht lebe wie andere.«
    »Warum, glaubst du, hat dich die Polizei nach den Dias gefragt, die du im Haus hattest?«
    »Weil sie über alles Bescheid wissen wollten.« Ich kehre zu meiner Geschichte über Benton zurück und schildere, wie ich mich in meinem Arbeitszimmer über das Mikroskop beugte, versunken in von Schwermetall gefleckten Neuronen, die aussahen wie ein Schwarm einäugiger lila und goldener Geschöpfe mit Tentakeln. Ich spürte jemanden hinter mir, drehte mich um und sah Benton in der offenen Tür stehen, in seine m Gesicht ein seltsames unheilvolles Glühen wie Elmsfeuer, bevor der Blitz einschlägt. Kannst du nicht schlafen?, fragte er mich in einem sarkastischen Tonfall, der nicht nach ihm klang. Ich schob meinen Stuhl von dem starken Nikon-Mikroskop zurück. Wenn du dem Ding beibringen könntest, wie man vögelt, brauchtest du mich überhaupt nicht mehr, sagte er, und seine Augen funkelten mich wütend an. Er trug nur eine Pyjamahose, und sein Körper war blass im Schein der Lampe auf meinem Schreibtisch, seine schweißbedeckte Brust hob und senkte sich schwer, die Venen in seinen Armen traten hervor, das silbrige Haar klebte ihm auf der Stirn. Ich fragte ihn, was um Himmels willen los sei, und er deutete mit dem Finger auf mich und wies mich an, wieder ins Bett zu gehen. An dieser Stelle unterbricht mich Anna. »Und dem ging nichts voraus? Keine Warnung?« Auch sie kannte Benton. Das war nicht Benton, das war ein Außerirdischer, der in Bentons Körper gefahren war.
    »Nichts«, antworte ich ihr. »Keine Warnung.« Ich schaukle ununterbrochen. Schwelendes Holz knackt. »Der letzte Ort, an dem ich in diesem Moment sein wollte, war mit ihm im Be tt. Er mochte der psychologische Star-Profiler des FBI sein und so gut wie niemand sonst andere deuten können, aber er konnte auch so kalt und unkommunikativ sein wie ein Stein. Ich hatte nicht die Absicht, die ganze Nacht lang im Dunkeln an die Decke zu starren, während er neben mir lag, den Rücken mir zugewandt, stumm, unhörbar atmend. Aber was er mit Sicherheit nicht war, war gewalttätig und grausam. Nie zuvor hatte er mit mir auf so gemeine, demütigende Art gesprochen. Wenn wir auch sonst nichts mehr ge habt hätten, Anna, so hatten wir immer noch den Respekt füreinander. Wir haben einander immer respektiert.«
    »Und hat er dir gesagt, was los war?«, drängt sie mich weiter. Ich lächle voller Bitterkeit. »Als er die schroffe Bemerkung machte, ich sollte meinem Mikroskop beibringen zu vögeln, wusste ich Bescheid.« Benton und ich hatten uns an das Leben in meinem Haus gewöhnt, aber er hörte nie auf, sich als Gast z u fühlen. Es ist mein Haus, und alles daran bin ich. Im letzten Jahr seines Lebens war er enttäuscht von seiner Karriere, und wenn ich jetzt zurückblicke, dann war er müde, ziellos und hatte Angst vor dem Alter. All das erodierte unser Liebesleben. Die Sexualität in unserer Beziehung wurde zu einem aufgegebenen Flughafen, der aus der Ferne normal aussah, dessen Tower jedoch nicht besetzt war. Keine Landungen, keine Starts, nur gelegentliche Zwischenlandungen, weil wir glaubten, wir sollten, weil es möglich war und aus Gewohnheit vermutlich.
    »Wenn ihr miteinander geschlafen habt, wer wurde üblicherweise initiativ?«, fragt Anna.
    »Er. Mehr aus Verzweiflung als aus Verlangen. Vielleicht sogar aus Frustration. Ja, aus Frustration.«
    Anna lässt mich nicht aus den Augen, ihr Gesicht voller Schatten, die dunkler werden, während das Feuer erlöscht. Sie hat einen Ellbogen auf der Armlehne aufgestützt, den Zeigefinger ans Kinn gelegt in einer Pose, die ich mittlerweile mit unseren intensiven Gesprächen der letzten Abende assoziiere. Ihr Wohnzimmer ist zu einem dunklen Beichtstuhl geworden, in dem ich emotional nackt bin und neu geboren werde, ohne Scham zu empfinden. Ich verstehe unsere Sitzungen nicht als Therapie, sondern als Zelebrieren einer Freundschaft, die heilig und sicher ist. Ich habe mich darauf eingelassen, einem anderen Menschen zu erzählen, wie es ist, ich zu sein.
    »Kehren wir noch einmal zu dem Abend zurück, an dem er so zornig war«, sagt Anna. »Weißt du noch, wann genau das war?«
    »Nur Wochen bevor er ermordet wurde.« Ich spreche ruhig, hypnotisiert von Holzkohle, die aussieht wir glühende

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