Das letzte Revier
gekauft.« Ich glaube ihr halbwegs.
Marino schnaubt. Lucy lacht, wirkt viel zu jovial für jemanden, der gefeuert werden soll, Millionärin hin oder her.
Die Luft draußen auf dem Parkplatz ist feucht und sehr kalt. Scheinwerfer durchbrechen die Dunkelheit, und wohin man sieht, haben es Autos und Menschen eilig. An Straßenlampen schimmern silberne Kränze, und Autofahrer ziehen Kreise wie Haie auf der Suche nach Parkplätzen in der Nähe der Eingänge, als könnte einer Person nichts Schlimmeres passieren, als ein paar Schritte zu Fuß gehen zu müssen.
»Ich hasse diese Jahreszeit. Ich wünschte, ich wär jüdisch«, sagt Lucy, als hätte sie Marinos frühere Anspielung auf Bergers Religionszugehörigkeit gehört.
»War Berger schon bei der Staatsanwaltschaft, als du in New York angefangen hast?«, frage ich ihn, als er meine Tüten in Lucys alten grünen Suburban stellt.
»Sie fing gerade an.« Er schließt die Heckklappe. »Ich bin ihr nie begegnet.«
»Was hast du über sie gehört?«, will ich wissen. »Sie soll klasse aussehen und große Titten haben.«
»Marino, du bist so intellektuell«, sagt Lucy. »He.« Er nickt zum Abschied. »Fragt mich nicht, wenn ihr die Antwort nicht hören wollt.«
Ich sehe seiner dunklen Gestalt nach, die in einem Gewirr von Scheinwerfern, Menschen und Schatten verschwindet. Der Himmel schimmert milchig im Licht eines blassen Mondes, und Schnee fällt in trägen kleinen Flocken. Lucy setzt rückwärts aus der Parklücke und reiht sich in eine Autoschlange ein. An ihrer Schlüsselkette hängt ein silbernes Medaillon mit dem Logo der Whirly-Girls darauf, ein scheinbar frivoler Name für eine ernsthafte internationale Vereinigung weiblicher Hubschrauberpiloten. Lucy, die Vereine sonst hasst, ist hier leidenschaftliches Mitglied, und ich bin dankbar, dass sich trotz allem, was schief gegangen ist, ihr Weihnachtsgeschenk in einer meiner Tüten befindet. Vor Monaten habe ich bei Schwarzchild's Jewelers eine goldene Whirly-Girl-Kette fü r Lucy in Auftrag gegeben. Der Zeitpunkt ist perfekt, vor allem angesichts ihrer neuen Lebenspläne. »Was genau willst du mit einem eigenen Hubschrauber? Willst du dir wirklich einen kaufen?«, frage ich. Ich will nicht länger über New York und Berger reden. Was Jack mir am Telefon gesagt hat, nagt noch immer an mir, und ein Schatten hat sich auf meine Seele gelegt. Noch etwas beunruhigt mich, und ich bin nicht ganz sicher, was es ist. »Einen Bell viernullsieben. Ja, ich kauf mir einen.« Lucy taucht in einen endlosen Strom roter Schlusslichter ein, der sich träge die Parham Road entlangwälzt. »Was ich damit tun will? Ihn fliegen. Und ihn für unser Unternehmen einsetzen.«
»Was dieses Unternehmen anbelangt, wie soll das weitergehen?«
»Teun lebt jetzt in New York. Und auch ich werde dort meine Zelte aufschlagen.«
»Erzähl mir mehr von Teun«, bitte ich sie. »Hat sie Familie? Wo verbringt sie Weihnachten?«
Lucy schaut geradeaus, während sie fährt, immer die konzentrierte Pilotin. »Ich muss ein bisschen ausholen, Tante Kay. Als sie von der Schießerei in Miami hörte, meldete sie sich bei mir. Dann bin ich doch die Woche darauf nach New York gefahren und hatte 'ne ziemliche Krise.«
Wie gut ich mich erinnere. Lucy verschwand, und ich geriet nahezu in Panik. Telefonisch spürte ich sie in Greenwich Village auf, in einer beliebten Bar namens Rubyfruit. Lucy war durcheinander. Sie trank. Ich dachte, sie wäre wütend und gekränkt wegen der Probleme mit Jo. Jetzt bekommt die Sache eine andere Bedeutung. Seit letztem Sommer ist Lucy finanziell an Teun McGoverns Projekt beteiligt, aber erst letzte Woche in New York beschloss meine Nichte, ihr Leben grundlegend zu ändern. »Ann fragt mich, ob es jemand gibt, den sie anrufen könnte«, fährt Lucy fort. »Ich war nicht gerade in der Stimmung, in mein Hotel zurückzugehen.«
»Ann?«
»Eine ehemalige Polizistin. Ihr gehört die Bar.« »Ach ja, stimmt.«
»Ich gebe zu, dass ich ziemlich mies drauf war, und ich habe zu Ann gesagt, sie soll es bei Teun versuchen«, sagt Lucy. »Als Nächstes kommt Teun in die Bar. Sie hat mich mit Kaffee voll gepumpt, und dann haben wir die ganze Nacht geredet. Hauptsächlich über meine persönliche Lage, über Jo, das ATF und so weiter. Ich war nicht glücklich.« Lucy blickt kurz zu mir. »Ich glaube, ich bin schon seit langem bereit für eine Veränderung. In dieser Nacht habe ich eine Entscheidung getroffen. Mein Entschluss stand also schon
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