Das letzte Riff
reagieren? Mit höflichem Zweifel oder offener Wut, um Vincents Mutter zu schützen, die Schwester seiner Frau?
Er wurde überrascht. Der Squire hielt den Atem an, bis sein Gesicht rot anlief, dann explodierte er: »Verdammt noch mal, ich wußte doch, daß dieser kleine Teufel dahintersteckt!«
Ferguson schluckte. »Sie wußten es schon, Sir?«
»Ich wollte es nur von jemandem bestätigt bekommen, dem ich vertraue.« Roxby steigerte sich weiter in Wut. »Lieber Gott, nach allem, was Bolithos Familie getan hat, um diesem undankbaren Weib und ihrem Sohn zu helfen!« Er nahm sich zusammen. »Sprechen Sie bitte nicht weiter darüber, Ferguson. Es ist unsere Angelegenheit, sie geht niemanden sonst was an.«
»Mein Wort darauf, Sir!«
Roxby sah ihn nachdenklich an. »Sollte Sir Richard sich jemals entschließen, Falmouth zu verlassen, habe ich immer einen guten Posten für Sie.«
Ferguson entdeckte, daß er sogar lachen konnte, wenn auch ein bißchen zaghaft. »Danke, Sir. Aber ich hoffe, daß das noch lange nicht passiert.«
»Sehr gut. Sie gefallen mir.« Er führte Ferguson zur Tür.
»Meine Frau kommt, ich höre ihre Kutsche. Ich werde mich persönlich um diese unschöne Sache kümmern.«
Als Ferguson die Tür öffnete, rief ihm Roxby nach: »Und fragen Sie sich nie, ob Sie richtig gehandelt haben. Es war das einzig Vernünftige!«
Augenblicke später stand Nancy im Zimmer, bis zum Kinn vermummt, das Gesicht glühend vor Kälte.
»Wer war denn das eben mit dem Wägelchen und dem Pony, Lewis?«
»Bryan Ferguson, meine Liebe, in Gutsgeschäften. Darüber brauchst du dir nicht den Kopf zu zerbrechen.« Roxby zog an der Klingelschnur, und als der Diener erschien, sagte er ruhig: »Suchen Sie Beere und bringen Sie ihn zu mir.« Beere war Roxbys Oberaufseher, ein sauertöpfischer, verschwiegener Mann, der allein am Rand des Gutes in einer Hütte hauste.
Als sich die Tür hinter dem Diener schloß, fragte Nancy: »Was willst du denn mit dem? So ein unangenehmer Mensch. Er jagt mir immer eine Gänsehaut ein.«
»Das soll er auch, bei anderen.« Roxby goß sich ein zweites Glas Cognac ein und erinnerte sich an Fergusons stille Verzweiflung. »Beere hat auch sein Gutes.«
Als Ferguson mit Pony und Wägelchen den
Stag’s Head
in Fallowfield erreichte, war die Nacht schon pechschwarz. Nach der offenen Küstenstraße und dem beißenden Wind bot die Gaststube soviel Wärme und Gemütlichkeit, daß er schnell seinen schweren Mantel ablegte.
Mrs. Polins Kneipe war leer bis auf einen einzigen Mann, der am Kaminfeuer döste, einen Krug neben sich auf einem Hocker. Ein schwarz-weißer Hirtenhund lag still zu seinen Füßen. Nur die Augen des Hundes folgten Ferguson durch den gemütlichen Raum und schlossen sich dann wieder.
Unis kam freundlich lächelnd aus der Küche. Sie war wirklich eine schmucke Frau, dachte Ferguson. Und sie hatte alles noch viel besser im Schuß als bei seinem ersten Besuch vor einigen Monaten.
»Kalte Nacht heute, Mr. Ferguson. Was Heißes oder was Starkes?«
Aber Ferguson dachte immer noch an Roxby. Was würde er unternehmen? Vincents Mutter lebte in einem der Häuser, die ihm gehörten. Wenn er sie ins Vertrauen zog, würde er nur Öl in die Flammen gießen, denn es hieß, daß sie mit Bolithos Frau Belinda befreundet war. Dann würden Skandal und Gerüchte noch stärker blühen. Allday hatte ihm von Vincent erzählt und von seinem kurzen Ausflug in die Marine. Ein Tyrann – und ein grausamer dazu.
»Wo sind Sie jetzt in Gedanken?« fragte Unis.
Ferguson versuchte, sich zu entspannen, schaffte es aber nicht. Lady Catherine hatte im Gespräch irgendwann mal den Namen von Kapitän Adam erwähnt. Einen Moment hatte Ferguson angenommen, sie hätte etwas von dem Vorfall in Bodmin gehört. Statt dessen hatte Catherine gefragt, ob Adam während ihrer Abwesenheit öfter hier gewesen sei, und er hatte ihr die Wahrheit gesagt. Warum auch nicht? Wahrscheinlich sah er inzwischen überall Gespenster. Es war nur gut, daß er mal rauskam.
Ferguson sagte: »Ein Stück Pastete und einen Krug Bier, bitte.«
Er sah Unis zu, wie sie seine Wünsche erfüllte, und fragte sich, ob Allday sich hier je niederlassen würde. Dann entdeckte er im Nebenzimmer das geschnitzte Modell der
Hyperion
. Also war die Sache doch ernst. Er fühlte sich bei dem Gedanken gleichzeitig überrascht und erfreut.
Unis stellte den Krug auf den Tisch. »Ja, es ist wirklich eine kalte Nacht.«
Ferguson nickte. Dann sah er plötzlich,
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