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Das letzte Riff

Das letzte Riff

Titel: Das letzte Riff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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daß der Hund nicht mehr ruhig schlief, sondern wie gebannt auf die Tür blickte und drohend knurrte.
    »Füchse vielleicht«, meinte Unis Polin.
    Doch Ferguson war schon auf den Füßen, und sein Herz schlug wie ein Hammer.
    »Was ist los?«
    Ferguson klammerte sich an den Tisch, um nicht zu fallen. Es war alles wieder da, alles kam wieder zurück: diese Schritte! Doch sie waren keine böse Erinnerung, sondern Wirklichkeit. Es geschah ihm zum zweiten Mal – hier und jetzt.
    Der alte Mann am Kamin bückte sich und streichelte beruhigend seinen Hund. »Ein Kriegsschiff liegt in der Carrick Road«, krächzte er.
    Die Schritte kamen näher, unverkennbar militärisch. Ferguson sah sich um wie in einer Falle.
    »Mein Gott, eine Preßgang!«
    Er wollte laufen, verschwinden. Zurück zu Grace und dem Leben, das er liebgewonnen hatte.
    Die Tür wurde aufgestoßen, und ein großer Marineoffizier trat aus der Nacht herein, eingehüllt in einen langen Bootsmantel, der vor Schnee oder Regen glitzerte.
    Er sah die Wirtin und nahm mit großer Geste den Hut ab.
    Für einen jungen Mann von Mitte Zwanzig war sein Haar mit zuviel Grau durchsetzt.
    »Ich bitte für mein Eindringen um Entschuldigung, Madam.« Sein Blick lief schnell durch das Gastzimmer, übersah nichts: die hübsche Frau, den einarmigen Mann, den Hund am Feuer, der ihn nicht aus den Augen ließ, und schließlich den alten Bauer. Nichts zu holen.
    Unis Polin sagte: »Hier ist niemand für Sie.«
    Ferguson setzte sich. »Sie hat recht.« Er zögerte. »Welches Schiff?«
    Der Leutnant lachte bitter. »Die
Ipswich
, achtunddreißig Kanonen.« Er warf seinen Mantel zurück. Ein leerer Ärmel wurde sichtbar, an seine Uniformjacke geheftet. »Wir waren wohl beide im Krieg. Aber ich habe kein Schiff mehr, mein Freund – nur diese zum Himmel stinkende Aufgabe, Männer zu fangen.« Leise fragte er die Frau: »Gibt es hier in der Nähe einen Pub namens
Rose Barn

    Der alte Mann beugte sich vor. »Ungefähr eine Meile die Straße bergauf.«
    Der Leutnant setzte den Hut wieder auf, und als er die Tür öffnete, sah Ferguson draußen brennende Laternen, Uniformen und Waffen. Über die Schulter rief der Offizier zurück: »Es wäre unklug, die Leute zu warnen!«
    Die Tür fiel zu, wieder trat Stille ein. Ferguson sah der Frau zu, die seine kalt gewordene Pastete vom Teller nahm und sie durch eine heiße ersetzte.
    »Die Preßgang interessierte sich für junge Männer«, sagte er.
    Der alte Bauer lachte. »Dort werden sie keine finden, mein Lieber. Nur Männer mit Schutzbriefen und Soldaten aus der Garnison.«
    Ferguson starrte ihn an. Eiskalt lief es ihm über den Rücken. So also machte das Roxby. Er kannte natürlich alle Offiziere der Preßgangs, genauso wie die Lieblingskneipe seines jungen Neffen. Jetzt war er ganz sicher: Heute nacht würde einer der Eingefangenen Miles Vincent sein.
    »Ich muß fahren«, sagte er. »Tut mir leid um die Pastete …« Unis sah ihn besorgt an. »Bis zum nächsten Mal. Ich möchte, daß Sie mir mehr über John Allday erzählen.«
    Als der Name seines großen Freundes fiel, besann sich Ferguson anders. Er setzte sich wieder an die Theke und griff zur Gabel. Er würde erst mal bleiben.
    Der Hund schlief schon wieder. Draußen herrschte Stille.
    Mit plötzlicher Wut dachte Ferguson: Warum auch nicht? Wir schützen uns und jene, die wir lieben. Oder wir gehen alle unter.
    Am Morgen schneite es. Als Lewis Roxby über den Hof zum Stall ging, traf er Oberaufseher Beere. Ein kurzes Nicken, dann hatte wirbelnder Schnee den Mann verschluckt.
    Die Fregatte
Ipswich
war nach Art der Marine schon vor dem Morgengrauen ankerauf gegangen. Und es dauerte lange, bis jemandem auffiel, daß Miles Vincent nicht im Bett lag und nur verschlafen hatte.

Auferstanden von den Toten
    Leutnant Jenour gab Ozzard seinen Hut und ging nach achtern in die große Kajüte, in der Bolitho am Tisch saß. Die
Black Prince
ging wieder über Stag, und als die Sonne jetzt durch die Heckfenster schien, fühlte Jenour selbst durch das salzverschmierte Glas die Hitze wie aus einem geöffneten Backofen.
    Bolitho sah von einem Brief auf, den er gerade an Catherine schrieb. Er wußte nicht, wie viele Seiten er bisher gefüllt hatte. Es fiel ihm nicht schwer, sie an allem teilhaben zu lassen, auch wenn die Entfernung sich mit jedem Ton der Schiffsglocke vergrößerte.
    »Kapitän Keen läßt ausrichten, Sir Richard, daß Antigua im Südwesten gerade in Sicht kommt«, sagte Jenour.
    Bolitho

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