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Das letzte Riff

Das letzte Riff

Titel: Das letzte Riff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Als sie danach endlich wieder die Sonne sahen, hatten sie die schwere Leinwand gegen leichte Segel ausgewechselt, worauf die
Anemone
förmlich nach Westen zu fliegen schien.
    »Das haben Sie sehr gut gemacht, Mr. Partridge«, sagte Adam. »Ich hätte es nicht für möglich gehalten, viertausend Meilen in siebzehn Tagen! Das ist bisher unerreicht!«
    Old Partridge, wie man ihn hinter seinem Rücken nannte, strahlte. Adam Bolitho verlangte manchmal verdammt viel von einem, wahrscheinlich wegen seines berühmten Onkels, aber er schonte auch sich selbst nie. Tag und Nacht war er an Deck gewesen, und meistens waren dann auch beide Wachen oben in dem brüllenden Sturm, der das Rigg laut ächzen und die Leinwand wie Kanonenschüsse knallen ließ. Wie ein heulender Chor lauter Irrer war das Ganze gewesen.
    Aber dann kam der friedliche Nordostpassat und ihr langer Schlag über den Westatlantik. Die Sonne hatte sie begrüßt wie Helden. Es wurde eine wilde Jagd, oft genug ebenso gefährlich wie der Sturm, aber die Besatzung der
Anemone
hatte sich ganz auf ihren jugendlichen Kommandanten verlassen. Nur ein Narr hätte etwas anderes gewollt als er.
    Adam deutete mit dem Stechzirkel auf eine Gruppe kleiner Inseln, eben südlich von Anguilla. Es waren französische, spanische, holländische Besitzungen, die allein fahrende Schiffe oft anliefen. Die Inseln wurden selten verteidigt. Für alle seefahrenden Nationen gab es wichtigere Inseln, von denen aus die Schiffahrtsrouten überwacht wurden.
    »Was halten Sie davon, Mr. Partridge? Sie liegt so nahe an der Durchfahrt, die wir nehmen müssen, daß der kleine Umweg keinen Unterschied macht.«
    Der Navigator beugte sich über die Karte. Adam konnte Rum riechen, doch er übersah das geflissentlich. Partridge war der beste Navigator, den er je gehabt hatte. Er hatte der Royal Navy in zwei Kriegen gedient und war zwischendurch weltweit als Navigator gefahren, auf Kohlenfrachtern ebenso wie auf Sträflingsschiffen. Wenn sich schlechtes Wetter zusammenbraute, machte er seinem Kommandanten davon Meldung, noch ehe das Glas fiel. Untiefen, die auf keiner Karte verzeichnet waren, Riffe, die sich weiter ausdehnten, als in den Karten oder Handbüchern verzeichnet, spürte er im Blut. Partridge zögerte nie mit seinem Urteil und hatte seinen Kommandanten noch nie in die Irre geführt.
    »Das ist Bird Islands, Sir. Sie hat auch einen seltsamen spanischen Namen, aber ich kenn’ sie nur als Bird Islands.« Partridges freundlicher Devonshire-Dialekt erinnerte Adam immer an Yovell.
    »Also setzen Sie Kurs auf die Insel ab. Ich informiere den Ersten Offizier. Lord Sutcliffe erwartet uns noch nicht, sicher hielt er eine so schnelle Überfahrt für unmöglich.«
    Partridge sah Adam davongehen und seufzte. Wie schön es sein mußte, so jung zu sein. Kapitän Adam Bolitho sah wirklich noch sehr jung aus mit seinem schwarzen Haar. In seinem nicht ganz sauberen Hemd, das er bis zum Gürtel offen trug, wirkte er eher wie ein Korsarenkapitän und nicht wie der erfahrene Fregattenkommandant, der er war.
    Auf dem Achterdeck prüfte Adam den Stand der Segel. Sie leuchteten grell weiß unter dem blauen Himmel. Nichts erinnerte mehr an das graue Wetter und die geflickte Leinwand im Atlantik.
    Seine Besatzung war sicher der Meinung, er befördere wichtige Depeschen auf dem schnellsten Weg zum Oberkommandierenden in der Karibik. Welch anderen Grund hätte es sonst gegeben, das Schiff so hart zu segeln? Die Großrah hatte sich oft genug wie ein Bogen gewölbt unter der Gewalt des Windes. Selbst Old Partridge hatte erwartet, daß eine Spiere von oben kommen würde, wenn nicht gar ein ganzer Mast.
    Aber keiner von der Besatzung kannte den Teufel, der Adam manchmal ritt. Wenn er schlief oder in den kurzen Pausen sein Essen hinunterschlang, kamen die quälenden Erinnerungen wieder. Noch schlimmer waren seine Träume. Zenorias nackter Leib wand sich dann unter ihm und entglitt seiner Umarmung. Dann wachte er in seiner Schwingkoje keuchend auf. Einmal war der Wachposten vor der Tür sogar herbeigeeilt, weil Adam im Schlaf laut aufgeschrien hatte.
    Jetzt schritt er über das schräge Deck und starrte aufs Wasser, das wie tausend Spiegel glitzerte. Die Möwen verließen bereits die Insel und kamen ihnen neugierig entgegengeflogen.
    Vielleicht rührten seine Alpträume daher, daß er im Grunde gewußt hatte, sein Onkel würde überleben und Kapitän Keen mit ihm.
    Vielleicht war er ebenso enttäuscht darüber, daß Zenorias

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