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Das letzte Riff

Das letzte Riff

Titel: Das letzte Riff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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hoben und senkten sich schnell. Wahrscheinlich nahm Sargeant an, daß der Ausguck draußen auf See ein lohnenderes Schiff entdeckt hatte.
    »An Deck! Rauch auf dem Vorland!«
    Adam eilte zur anderen Seite und suchte mit dem Glas das Grün des Hügels ab. Jemand sagte: »Ein Lagerfeuer, nehme ich an.«
    Da brüllte Adam: »Aufentern lassen, Mr. Martin, und Toppsegel klar! Pfeifen Sie die Männer an die Brassen!«
    Partridge schaute zum Ufer, während die Toppgasten zu den Wanten rannten und in den Webleinen aufenterten. Seine Rudergasten warnte er: »Achtung, Männer, daß wir nicht Fahrt übers Ruder machen!« Er war lange genug auf See gewesen und sicher der erfahrenste Mann an Bord. Blitzartig war ihm eingefallen, daß das angebliche Lagerfeuer das Feuer einer Esse sein konnte, die man gerade geöffnet hatte, als der Kutter drehte und zur
Anemone
zurückruderte.
    »Großsegel setzen!«
    Es gab überraschte Wutschreie, als ein Kanonenschuß dröhnte und die Kugel einen Augenblick später durch ihr Vormarssegel schlug, das gerade den Wind einfing. Adam wollte schlucken, doch sein Mund war staubtrocken. Das Einschußloch im Segel hatte einen dunklen Rand, das unverkennbare Zeichen für eine bis zum Glühen erhitzte Kugel. Wäre sie in den Rumpf geschlagen, hätte sich das Schiff binnen Minuten in einen Scheiterhaufen verwandelt. Das geteerte Rigg, die trockene Leinwand, das Lager voll Schießpulver, Farbe, Spiritus, Alkohol und Werg … Der schlimmste Feind des Seemanns war nicht der Sturm, sondern das Feuer.
    Doch die Männer der
Anemone
faßten sich schnell. Mit Wassereimern und Wischern von den Kanonen standen sie an Deck bereit, um jeden Funken sofort zu löschen.
    Wieder ein Schuß, doch dieser zog nur durchs Wasser wie ein großer Fisch.
    »Wenden!« befahl Adam laut. »Wir können Peter Sargeant nicht im Stich lassen!«
    Mit Groß- und Toppsegeln, in die der heiße Wind fuhr, hatten sie
Anemone
schnell wieder unter Kontrolle. Sie machte mit Lage so gute Fahrt, daß ihr Kupferbeschlag in der Sonne blinkte.
    Die Kutterbesatzung hatte verstanden, was ihr Kommandant beabsichtigte. Das Boot knallte gegen die Bordwand der Fregatte, die Männer unten griffen nach den Tampen und Strickleitern, die der Bootsmann hatte ausbringen lassen. Ein Mann rutschte ab und stürzte ins Wasser. Als er wieder auftauchte, hatte die
Anemone
ihn schon weit achteraus gelassen.
    Adam klammerte sich an die Finknetze, die sich schmerzhaft in seine Hände gruben. Ich hätte sie fast verloren, hämmerte es in seinem Kopf. Ich hätte sie fast verloren.
    »Klar zur Wende, Sir!«
    Leutnant Sargeant rannte nach achtern, starrte dabei den leeren Kutter und den ertrinkenden Seemann an, der hilflos mit den Armen um sich schlug.
    »Was ist denn passiert, Sir?«
    Adam antwortete, ohne ihn recht zu sehen: »Der Schoner war ein Köder – ganz einfach, Peter.« Er drehte sich um, als sich an Land wieder ein Kanonenschuß löste.
    Beinahe wäre sein Schiff, seine geliebte
Anemone
, entweder von einer glühenden Kanonenkugel in eine Fackel verwandelt worden oder auf dem Ufer gestrandet wie ein toter Wal. Er fühlte, wie Wut in ihm aufstieg, heiße Wut.
    »Klar bei Backbordbatterie, Mr. Martin. Laden und ausrennen, Doppelkugeln, bitte!« Er übersah die allgemeine Verblüffung und auch, daß die Mannschaft aus dem Kutter erleichtert begrüßt wurde.
    »Welchen Kurs, Sir?« fragte Sargeant. Er ahnte wohl etwas, denn er war unter seinem Sonnenbrand recht bleich.
    »Ich möchte eine halbe Kabellänge entfernt vorbeisegeln.« Die Stückführer begannen ihren Wettkampf, indem sie an Backbord die Achtzehnpfünder luden und mit einem Pfropfen sicherten, ehe sie quietschend durch die offenen Stückpforten ausgerannt wurden.
    Adam hob sein Fernglas, während jeder Stückführer zu ihm nach achtern blickte. Aus den trägen Bewegungen der Schonerbesatzung war Hektik geworden, als die Fregatte über Steg ging und auf sie zu segelte, während die Kanonen ihrer Backbordbatterie im Sonnenlicht glänzten wie eine Reihe schwarzer Zähne.
    »Auf den Rumpf, Mr. Sargeant, diesmal nicht ins Rigg!«
    Adam beobachtete gespannt. Eine Gruppe auf dem Schoner suchte ein Boot über die Seite zu fieren, und plötzlich kletterten Uniformierte aus Luken und Niedergängen. Französische Soldaten, einige von ihnen bewaffnet, rannten blindlings über das Deck des treibenden Schoners.
    »Gehen Sie nach vorn, Peter.« Adam sah den Dritten dabei nicht an. »Und richten Sie jede Kanone einzeln

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