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Das letzte Riff

Das letzte Riff

Titel: Das letzte Riff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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erst ein Treffen mit Ihnen zu verabreden.«
    Belinda ging ein paar Schritte auf ihn zu. »Wenn es Ihnen richtig erscheint …«
    Er räusperte sich. »Leider, Mylady, bin ich der Übermittler einer traurigen Nachricht. Die Barkentine
Golden Plover
, in der Sir Richard Bolitho nach Kapstadt reiste, wird vermißt.«
    Lady Lucinda holte erschreckt Luft. »O mein Gott! Ich hoffe, er ist in Sicherheit?«
    Der Kapitän schüttelte den Kopf. »Ich bedaure, aber das Schiff sank mit allen Menschen an Bord.«
    Belinda wankte zur Treppe und brach dort zusammen.
    »Lord Godschale übermittelt sein Beileid und versichert Sie des Mitgefühls der ganzen Flotte.«
    Belinda konnte durch ihre Tränen kaum noch etwas sehen.
    Sie versuchte zu begreifen, was geschehen war, mußte aber dauernd nur an die beiden Krüppel denken, an denen sie so schnöde vorbeigegangen war. Einen Penny, nur einen Penny, Madam … Ihre Freundin fauchte das Mädchen an: »Hol’ gefälligst einen Arzt für Mylady.«
    Belinda erhob sich langsam. »Nein, keinen Arzt.« Plötzlich erschrak sie noch mehr. »War Lady Somervell bei ihm?«
    Der Mann biß sich auf die Lippen. »Ich glaube ja, Mylady.« Belinda sah Catherine in Herricks dunklem Haus vor sich.
    »Selbst dann würde er nicht zu Ihnen zurückkehren«, hatte sie gesagt.
    Und jetzt waren sie also auch noch zusammen gestorben.

Brecher voraus!
    Bolitho saß auf der Bank unter den Heckfenstern der
Golden Plover
und starrte ins quirlende Heckwasser. Ein Tag verging wie der andere, nur er wurde immer unruhiger, weil er an der Schiffsführung und der Bordroutine nicht teilnehmen konnte. Es war Mittag. Oben an Deck würde die Hitze brennen wie über den Sanddünen einer leeren Wüste. Hier unten glaubte man wenigstens noch, eine Bewegung zu spüren, denn der Rumpf knarrte manchmal, wenn das Heck sich hob oder senkte; die Luft zog leise durch die Kajüte und machte den Aufenthalt hier etwas leichter.
    Am anderen Ende der Bank saß Sophie. Lady Catherine rieb ihr die Schultern sanft mit einer Salbe ein, die sie aus London mitgebracht hatte. Die Haut des Mädchens war rot verbrannt. Die Sonne hatte bei Sophies kurzen Spaziergängen an Deck ganze Arbeit geleistet.
    »Du bist hier nicht in London, Sophie«, hatte Lady Catherine sie gewarnt. »Also hüte dich vor Sonnenbrand.«
    Das Mädchen hatte nur keck gelächelt. »Ich hab’s doch glatt vergessen, Mylady.«
    Jenour saß in seiner Kabine entweder an Zeichnungen oder an dem nächsten endlosen Brief an seine Eltern. Keen hielt sich vermutlich an Deck auf, in Gedanken bei seiner Frau Zenoria.
    Mit dem Skipper der
Golden Plover
hatte Bolitho sich häufig unterhalten. Samuel Bezant stammte aus Lowestoft und war schon mit neun Jahren zur See gefahren, auf einem Fischkutter. Seit er erkannt hatte, daß er ohne Scheu mit Bolitho sprechen konnte, hatte er ihm ganz offen erklärt, welche Probleme er und sein Schiff mit der Kriegsmarine hatten. Zuerst hatte er es begrüßt, als die Admiralität die
Golden Plover
in ihren Dienst verpflichtete. Aber die erhoffte Sicherheit war nur ein Illusion. »Jeder Admiral oder Flaggoffizier kann uns stoppen und meine besten Männer von Bord holen«, klagte Bezant, und Bolitho begriff, daß der Skipper nie verstehen würde, welche Probleme der Kommandant eines Kriegsschiffs hatte.
    Wenn die Preßgangs Glück hatten, brachten sie ein paar erfahrene Männer mit. Ein Kommandant konnte auch Seeleute von Handelsschiffen requirieren, falls der Kapitän eines einlaufenden Schiffes seine Mannschaft schon vor dem Ankern abgemustert hatte. Die armen Kerle hatten dann kein Geld und waren eine leichte Beute, wenn der Offizier der Preßgang schnell genug handelte. Aber die meisten Neuen in einer Besatzung kamen von Land und waren in den Augen erfahrener Seeleute nur Stoppelhopser. Oder es waren Delinquenten, die demnächst mit dem Henker Bekanntschaft gemacht hätten.
    Als sie in der Nähe der Kanarischen Inseln den dreißigsten Breitengrad überquert hatten, war Bezant in einem Gespräch mit Bolitho wieder auf das leidige Thema der Unterbesetzung zurückgekommen. »Ich habe gerade noch den Bootsmann von der ursprünglichen Mannschaft, Sir Richard. Und jetzt mußte auch noch der Zweite Offizier in Gibraltar bleiben. Ich soll das Schiff führen wie eins der Royal Navy, habe aber nur unerfahrene Männer an Bord.«
    »Und was ist mit Ihrem Ersten? Mr. Lincoln versteht doch sein Handwerk«, sagte Bolitho.
    Bezant grinste. »Der ist zwar ein guter Seemann,

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