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Das letzte Riff

Das letzte Riff

Titel: Das letzte Riff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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wirklich.« Keen schwieg, weil ein Matrose neben ihm eine Pause machte. Jede Bewegung schien jetzt verdächtig. Wer war Freund, wer ein möglicher Feind?
    Bolitho sah Jenour aus dem Niedergang auftauchen, sein Skizzenbuch in der Hand. Er kam über das schräge Deck zu ihnen.
    »Was haben Sie herausgefunden, Stephen?«
    Jenour legte die Hand über die Augen, als suche er ein neues Motiv zum Zeichnen.
    »Dieses Fahrzeug hatte ursprünglich Stückpforten für Vierpfünder. Genau unter den Besanrüsten ist so eine Pforte, Allday hat sie entdeckt. Er sagt, er kann sie öffnen, wenn es sein muß, sie ist nur mit Teer versiegelt.«
    Keen runzelte die Stirn. »Das verstehe ich nicht …«
    Bolitho drehte sich weg. Sie mußten sich bald trennen, sonst würden sie Verdacht erregen wie Verschworene.
    »Sie sehen doch die Drehbasse achtern am Steuerbordschanzkleid, Val. Sie ist immer geladen, nicht ungewöhnlich auf kleinen Handelsschiffen, die allein segeln. Aber man kann sie auch nach innen richten – nicht nur nach außen.«
    Jenour machte ein paar Striche in seinem Buch. »Allday sagt, wer durch die Luke paßt, müßte dünner sein als er.« Er lächelte unsicher. »Es scheint so, als passe ich durch.«
    Alte Bilder blitzten durch Bolithos Gedächtnis. Auf seiner Fregatte
Phalarope
hatte es einen jungen Midshipman gegeben, John Neale. Als dort gemeutert wurde, hatten sie den nackten jungen Mann ganz mit Fett eingeschmiert, um ihn durch einen Lüftungsschacht schieben zu können, damit er Alarm schlug. Wie Adam war auch John Neale inzwischen Kommandant einer Fregatte geworden. Aber er war gefallen, als er mit Bolitho in französische Gefangenschaft geraten war.
    Entschlossen verdrängte er diese Gedanken. »Vielleicht ist es tatsächlich nur Rauch ohne Feuer. Morgen werden wir …« Wie alle anderen blickte er nach oben, als der Ausguck im Mast rief: »An Deck – Segel im Norden!«
    Bezant trat neben sie. »Unser verdammter Schatten ist wieder da!«
    »Welche Routen segeln Sie gewöhnlich und mit welchen Aufträgen, Kapitän?«
    Bezant dachte nach und rieb sich geräuschvoll das unrasierte Kinn. »Nach Gibraltar meistens. Manchmal nach Malta mit Proviant und Depeschen für die Flotte dort. In besseren Zeiten waren wir auch mal in der Ostsee, holten Waren aus Schweden – alles, was Geld brachte.«
    »Könnte es sein, daß dieses Schiff, das jetzt nördlich von uns steht, schon vor Gibraltar kreuzte, um sicherzugehen, daß wir nicht nach Malta weitersegelten?«
    Bezant sah ihn verständnislos an. »Warum? Ich segle ihm doch jederzeit davon – hinter Kap Blanco. Dort ist das Riff, wissen Sie?«
    Bolitho nickte. Im starken Licht hatte er seine Augen zu Schlitzen geschlossen; das verletzte Auge schmerzte ihn wieder. »Natürlich, Kapitän, das gefürchtete Riff. Es erstreckt sich hundert Meilen weit ins Meer und hat schon manches schöne Schiff aufgerissen.«
    »Ich werde den Kurs erst ändern und wieder auf Land zu halten, wenn wir dieses Riff passiert haben.«
    Bolitho sah an Bezant vorbei zu Keen, der sehr konzentriert zugehört hatte. Als Bezant jetzt seinen Kurs auf der Karte überprüfte, sagte Bolitho leise: »Ihn können wir nicht einweihen, Val. Sie würden keinen von uns am Leben lassen.« Er sah zu Catherine hinüber, ihre Blicke trafen sich über dem sonnengebleichten Deck. »Ich nehme an, daß Lincoln und dieser Tasker, der in Gibraltar an Bord kam, sich schon vorher kannten.«
    Keen strich sich durch das helle Haar. »Die haben noch nie soviel Gold und Geld transportiert – und werden es wohl auch nie wieder tun.« Er straffte sich. »Morgen passiert es bestimmt. Wenn Lincoln meutern will oder noch Schlimmeres vorhat, braucht er die Hilfe dieser verdammten Brigg in Luv von uns.«
    Jenour schlenderte mit seinem Buch davon. Wie alle anderen war er unbewaffnet, trug nur Hemd und Hose.
    »Vielleicht bleibt die Mannschaft ja ihrem Kapitän treu ergeben«, meine Keen.
    Bolitho legte ihm die Hand so demonstrativ auf die Schulter, daß sich einige Matrosen über diese Vertrautheit zwischen Admiral und Flaggkapitän wunderten. »Bei der Aussicht, einen Teil der Beute zu bekommen, Val? Nein, Habgier beherrscht die Welt auch hier.«
    Als die Sonne den westlichen Horizont berührte, frischte der Wind auf. Vorsegel und Toppsegel wurden weggenommen. Lange Kämme bildeten sich auf den Wellen, und als die Sonne tiefer sank, färbten sie sich golden wie das Metall, das die
Golden Plover
in ihrer Last beförderte.
    In der

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