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Das letzte Riff

Das letzte Riff

Titel: Das letzte Riff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Tage, Sehnsüchte und Qualen in ihm geweckt, die er bisher nie gekannt hatte, und Freuden, die er sich nie hatte vorstellen können.
    Abrupt sagte er: »Danke. Schicken Sie jeden freien Mann ans Gangspill. Ich möchte den Anker so schnell freihaben, wie es geht.«
    »Das habe ich schon getan.«
    Keen lächelte. Mit der Zeit würde Sedgemore ein sehr guter Erster werden. Bei den vielen neuen Leuten an Bord war das beruhigend. Keen fiel auf, daß Sedgemore sich in Schale geworfen hatte, um seinen Admiral zu begrüßen. Seine Uniformjacke hatte bestimmt kein Werftschneider mit heißer Nadel genäht, sie sah eher nach einem teuren Maßschneider aus. Auch sein Degen war kostbar, die Klinge aus blauem Stahl eingelegt und graviert. Das konnte er mit dem schmalen Sold eines Leutnants nicht bezahlen. Aber Keen wußte, daß Sedgemores Vater nur ein einfacher Sattler war.
    Er konzentrierte sich wieder auf sein Schiff. »Wir haben wohl einige Milchbübchen unter den Midshipmen?«
    »Ja, Sir. Zwei von ihnen sind erst zwölf Jahre alt.«
    Keen nahm seinen Degen. »Behalten Sie die im Auge, Mr. Sedgemore.«
    »Wie meine eigenen Söhne, Sir!«
    Gelassen sah Keen ihn an. »Das meine ich nicht. Solche Muttersöhnchen sind oft die schlimmsten Tyrannen an Bord. Ich lasse nicht zu, daß meine Männer unnötig gescheucht werden.«
    Draußen vor der Tür blieb er beim Wachposten stehen.
    »Was macht Ihre Frau, Tully?«
    Der Seesoldat knallte die Hacken zusammen. »Wir erwarten ein drittes Kind, Sir!« Er grinste noch, als Keen und sein Erster schon aufs Achterdeck getreten waren.
    Sedgemore schüttelte den Kopf. Er lernte ständig von seinem Kommandanten und ahnte auch, von wem dieser seine Führungsqualitäten hatte.
    Keen beobachtete die grüne Barkasse, die jetzt Kurs änderte, um hinter einer ankernden Yacht vorbeizukommen. Auch ohne Teleskop konnte er darin Bolitho erkennen, der in seinen Mantel gehüllt neben Allday im Heck saß. Tojohns hockte an der Pinne. Und Lady Catherine wartete sicher noch am Kai, beobachtete die tanzende Barkasse und klammerte sich an das kleiner werdende Bild ihres Liebsten, wie sie sich bald nur noch an ihre Erinnerungen klammern würde.
    Major Bourchier, der kommandierende Offizier der Seesoldaten, unterzog die Ehrenwache gerade einem letzten prüfenden Blick.
    »Tut’s Ihnen leid, wieder auf See zu sein, Major?« fragte Keen.
    Bourchier blies seine Backen auf, die fast die gleiche Farbe hatten wie seine scharlachrote Uniformjacke. »Nein, Sir! Soldat zu sein finde ich gut!«
    Ein Mann ohne Phantasie, aber ein guter Soldat, dachte Keen. Das einzige Mal, daß er Gefühle in dem Mann entdeckt hatte, war nach der Schlacht auf Herricks
Benbow
gewesen. Die Seesoldaten und die ganze Achterdeckswache lagen dort herum wie zerrissene Puppen in Pfützen von Blut. Vielleicht hatte der Major sich im Geiste selber auf diesen Planken gesehen.
    »Achtung, Seesoldaten, stillgestanden!«
    Am Portsmouth Point war es bitter kalt gewesen, und ein nasser, böiger Wind hatte Bolithos Mantel gezaust. Die grüne Barkasse glänzte wie Glas, während die Bootsgasten sich alle Mühe gaben, sie vor der Kaitreppe auf der Stelle zu halten.
    Bolitho schaute die schleimige alte Treppe nachdenklich an. Wie oft schon war er sie hinuntergestiegen? Und wie viele hatten sie vor ihm und mit ihm benutzt? Heute aber war alles anders.
    Er legte den Arm um Catherines Schultern, den Augenblick der Trennung verabscheuend. Allday stand schon unten auf der letzten Stufe und hielt die Barkasse im Auge; der Seesoldat wartete oben, ein Unteroffizier, hinter sich seine Männer. Sie sollten dafür sorgen, daß Bolithos letzte Minuten auf englischem Boden ungestört blieben. Doch heute gab es hier nicht viele Neugierige. Das lag sicher an diesem Vorgeschmack auf Oktoberstürme und Winterkälte.
    Catherine wischte sich das nasse Haar aus dem Gesicht und sah ihn forschend an. »Paß gut auf dich auf, Liebster!«
    Er hielt sie fest. »Du weißt doch, daß ich das tue. Ich habe ja eine, zu der ich zurückkehren will.« Er hatte sie gebeten, nicht zu warten, sondern gleich nach Falmouth zurück zu fahren. Aber er wußte natürlich, daß sie das nicht tun würde. Unterwegs in der Kutsche, vom jungen Matthew über Straßen gelenkt, die der kommende Winter in bodenlosen Morast verwandeln würde, hatte er ihr von seinem Geschwader erzählt: sechs Linienschiffe statt vierzehn, eine einzige Fregatte statt drei. Selbst wenn man die
Black Prince
dazuzählte, die

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