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Das Letzte Ritual

Das Letzte Ritual

Titel: Das Letzte Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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entgegnete Dóra verwundert. »Ich weiß nichts weiter über diesen Brief, nur das, was Sie gerade erzählt haben.« Ihre Augen wanderten wieder zu Gunnars Krawattennadel. Was zum Teufel störte sie an dieser Nadel? Und worauf wollte der Mann hinaus?
    »Was für ein wundersamer Zufall«, sagte Gunnar unwirsch. Er war offenbar der Meinung, Dóra wüsste mehr, als tatsächlich der Fall war. »Wir können dieses Versteckspiel ewig weiterspielen, wenn Sie möchten. In dem Brief gibt es eine Stelle, die man nie richtig deuten konnte, ein unverständlicher Abschnitt über einen wertvollen Gegenstand für einen dänischen Beamten, der beim alten Kreuz aufbewahrt sei. Die meisten glauben, dass damit das heilige Kreuz in der Kirche von Kaldaðarnes gemeint ist. Es wurde in der Reformation aufgrund des Reliquienverbots entfernt.«
    »Sie wissen sehr viel über diesen Brief«, bemerkte Matthias, der bisher geschwiegen hatte. »Wenn man bedenkt, dass Sie ihn nie gesehen haben.«
    »Selbstverständlich habe ich mich schlau gemacht, als diese Anschuldigungen gegen mich erhoben wurden«, entgegnete Gunnar gereizt. »Der Brief ist unter Historikern sehr bekannt und viele haben interessante Aufsätze über ihn geschrieben.«
    Dóra starrte immer noch diskret auf Gunnars ungewöhnliche Krawattennadel, ziemlich ungleichmäßig geformt, offenbar aus Silber. »Woher haben Sie diese Nadel?«, fragte sie unvermittelt und zeigte auf die blaue, diagonal gestreifte Krawatte.
    Gunnar und Matthias sahen sie verwundert an. Gunnar nahm die Krawatte und betrachtete die Nadel. Dann ließ er sie wieder los und wendete sich an Dóra. »Ich muss gestehen, ich weiß wirklich nicht, in welche Richtung sich unsere Unterredung bewegt. Aber wenn Sie es unbedingt wissen möchten, ich habe sie zu meinem fünfzigsten Geburtstag geschenkt bekommen.« Er stand auf. »Ich glaube, unser Gespräch ist hiermit beendet. Ich habe wirklich kein Interesse daran, mit Ihnen über meine Kleidung zu diskutieren. Ich habe ein unangenehmes Treffen mit der Direktorin des Árni-Magnússon-Instituts vor mir und keine Zeit mehr für diese Albernheiten. Ich wünsche Ihnen alles Gute für Ihre Untersuchungen und rate Ihnen, sich an die Gegenwart zu halten. Die Vergangenheit hat nichts mit dem Mord an Harald zu tun.«
    Er folgte ihnen zur Tür.

33. KAPITEL
    Matthias schaute Dóra kopfschüttelnd an. Sie standen im Eingangsbereich des Árnagarður. »Damit hattest du ja wirklich durchschlagenden Erfolg.«
    »Hast du die Nadel nicht gesehen?«, fragte Dóra angespannt. »Es war ein Schwert. Die Krawattennadel bestand aus einem Plättchen mit einem silbernen Schwert und steckte quer auf der Krawatte. Hast du das nicht gesehen?«
    »Doch, na und?«, erwiderte Matthias.
    »Erinnerst du dich nicht an die Fotos von Haralds Hals? Der Abdruck, der so aussah wie ein Dolch oder ein Kreuz?« Was hatte der Arzt noch mal gesagt? Es hat am ehesten die Form eines kleinen Dolches – er scheint auf etwas Scharfkantigem befestigt gewesen zu sein. Die Haut wurde durch den Druck eingerissen.
    »Ja, ja«, antwortete Matthias. »Ich weiß, worauf du hinauswillst. Aber da wäre ich mir nicht so sicher. Die Fotos waren nicht besonders scharf, Dóra.« Er stöhnte. »Der Mann ist Historiker. Das Wikingerschwert auf der Nadel hat mit seinem Forschungsgebiet zu tun, mit der Landnahme. Ich würde da nicht so viel hineininterpretieren. Ich finde, der Abdruck auf dem Foto ähnelte eher einem Kreuz.« Er lächelte. »Vielleicht wurde Harald von einem verrückten Priester umgebracht.«
    Dóra war hin- und hergerissen. Sie holte ihr Handy heraus. »Ich muss mit dieser Bríet sprechen. Da stimmt irgendwas nicht.«
    Matthias schüttelte den Kopf, aber Dóra ließ sich nicht von der Idee abbringen. Bríet antwortete nach dem vierten Klingeln, sehr schlecht gelaunt. Nachdem Dóra sie über Halldórs Verhaftung informiert hatte, wurde das Mädchen ein bisschen zugänglicher und willigte ein, sie in einer Viertelstunde im Deli neben dem Studentenbuchladen zu treffen. Bevor Matthias Einwände erheben konnte, erzählte ihm Dóra, dass er dort etwas zu essen bekommen könnte, woraufhin er klein beigab. Als Bríet auftauchte, verschlang Matthias gerade eine Pizza.
    »Was hat Halldór der Polizei erzählt?«, fragte sie mit zittriger Stimme, während sie sich an den Tisch setzte.
    »Nichts«, antwortete Dóra. »Noch nicht. Allerdings hat er mir einiges über die Mordnacht und eure Beteiligung an den Ereignissen erzählt.

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