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Das Letzte Ritual

Das Letzte Ritual

Titel: Das Letzte Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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Mannes hin? Die Polizei scheint überzeugt zu sein, den richtigen Mann verhaftet zu haben; wisst ihr etwas, das der Polizei nicht bekannt ist?«
    »Wir verheimlichen der Polizei nichts, falls du das meinst«, sagte Dóra scharf. »Wir sind nur in einigen schwerwiegenden Punkten nicht mit ihren Ermittlungsergebnissen einverstanden.«
    Gunnar schnappte nach Luft. »Entschuldige meine Voreiligkeit; ich bin nicht ganz bei mir selbst, was diese Sache betrifft. Ehrlich gesagt hatte ich gehofft, es wäre bald vorüber. Das Ganze ist wirklich schwer für mich und wirft außerdem ein schlechtes Licht auf die Fakultät.«
    »Das verstehe ich«, sagte Dóra. »Aber selbst wenn ein schlechtes Licht auf die Fakultät fällt, ist das kein Grund, den falschen Mann zu verurteilen, nicht wahr?«
    Gunnar fasste sich wieder und sagte schnell: »Nein, nein, nein. Natürlich nicht. Man denkt manchmal zu sehr an seine eigenen Probleme, aber das hat selbstverständlich seine Grenzen; versteh mich bitte nicht falsch.«
    »Warum bist du eigentlich hergekommen?«, fragte Dóra. Sie überlegte, womit sich Matthias wohl so lange beschäftigte.
    Gunnar richtete seinen Blick von Dóra auf eines der Gemälde. »Ich habe gehofft, mit jemandem in Kontakt treten zu können, der sich um Haralds Belange kümmert.«
    »Wozu?«
    »Kurz bevor Harald ermordet wurde, hat er … wie soll ich es ausdrücken … tja, ein Dokument von der Universität ausgeliehen, das er nicht zurückgegeben hat. Ich suche danach.« Gunnar wendete seinen Blick nicht von dem Bild ab.
    »Um was für ein Dokument handelt es sich?«, fragte Dóra. »Hier findet sich so einiges.«
    »Es ist ein alter Brief an den Bischof von Roskilde von etwa 1500. Er wurde in Dänemark ausgeliehen und es ist sehr wichtig, dass er nicht verschwindet.«
    »Das klingt ziemlich ernst«, stellte Dóra fest. »Warum hast du dein Anliegen nicht der Polizei mitgeteilt? Sie hätte den Brief bestimmt gefunden.«
    »Es hat sich gerade erst herausgestellt – ich hatte noch keine Ahnung davon, als ich verhört wurde; sonst hätte ich sie darum gebeten, mir das Dokument auszuhändigen. Die Polizei wollte ich mit der Sache nicht belästigen und hatte gehofft, das Problem auf einfacherem Wege lösen zu können. Ich habe wirklich keine große Lust, schon wieder eine Aussage zu machen. Das ist eine Lebenserfahrung, von der ich erst mal genug habe. Dieses Dokument steht überhaupt nicht mit dem Mord in Verbindung, das kann ich versichern.«
    »Vielleicht nicht«, sagte Dóra. »Ich bin leider bisher nicht darauf gestoßen. Wir haben allerdings noch nicht alle Unterlagen von Harald durchgeschaut. Gut möglich, dass der Brief auftaucht.«
    Matthias kam mit irgendwelchen Papieren in der Hand ins Zimmer geeilt und setzte sich auf das schicke Sofa. Er bat Dóra und Gunnar mit einer Handbewegung zu sich. Dóra machte es sich im Sessel bequem, während Gunnar auf dem Sofa gegenüber von Matthias Platz nahm. Dóra erläuterte Matthias Gunnars Anliegen. Dieser ging nicht näher darauf ein, sondern fragte nur: »Sie haben Haralds Forschungen betreut oder habe ich das falsch verstanden?«
    »Nein und ja, kann man sagen«, antwortete Gunnar bedächtig.
    »So?«, sagte Matthias brüsk. »Wird bei der Abschlussarbeit nicht festgelegt, wer sich um welche Studenten kümmert?«
    »Doch, doch. Natürlich«, beeilte sich Gunnar zu sagen. »Harald war nur noch nicht so weit vorangekommen, dass er einen Fakultätsbevollmächtigten gebraucht hätte. Das meinte ich damit. þórbjörn Ólafsson hat Haralds Arbeit betreut. Ich habe die Sache nur oberflächlich verfolgt, wenn man so sagen darf.«
    »Verstehe. Er hatte aber vermutlich bereits einen Entwurf oder ein Konzept für das Thema eingereicht, oder?«
    »Ja. Er hatte ein Exposé abgegeben – wenn mich nicht alles täuscht, war das zu Beginn seines ersten Semesters an unserer Fakultät. Wir haben das Thema begutachtet und es im Großen und Ganzen anerkannt. Das Thema fiel in þórbjörns Gebiet.«
    »Worum ging es in der Arbeit?«, fragte Dóra.
    »Um einen Vergleich der Hexenverbrennungen in Island und im übrigen Europa, vor allem in den Gebieten, die zum heutigen Deutschland gehören. Dort gab es die heftigsten Auseinandersetzungen, wenn ich so sagen darf. Harald hatte schon vorher verwandte Themenbereiche behandelt – im Zusammenhang mit seiner Magisterarbeit in Geschichte an der Universität München.«
    Matthias nickte nachdenklich. »Habe ich das richtig verstanden, dass

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