Das letzte Sakrament
Deckert ihm hinterher. »Wo willst du jetzt eigentlich hin?«
10
»Da sind ja meine beiden Ermittler!«
Alex Pandera und Tamara Aerni drehten sich um. Kriminalpolizeichef Edeling stand vor ihnen. Wie immer trug er einen dunkelgrauen Maßanzug. Mit seiner blonden Stoppelfrisur und seinem breiten Oberkörper sah er jedoch so aus, als sei ihm Tarnkleidung lieber. Auf seiner Nase klebte ein unförmiger Verband. Seine sonst so durchdringende Stimme klang dadurch ein wenig piepsig, was ihn noch mehr aufzustacheln schien.
»Wo wollen Sie denn hin?«, fragte er und deutete auf seine Uhr. »Schon wieder in den Drive-in?« Edeling verschränkte die Arme vor der Brust und sah die beiden wütend an.
Da haben die Kollegen von der Sitte wohl geplaudert , dachte Pandera. »Das war ein Arbeitsessen«, antwortete er.
»Soso, ein Arbeitsessen im Drive-in, bei dem der eine offenbar einen neuen Weltrekord im Hamburger-Essen aufstellen will und der andere sein Geld zählt.«
»Das sah nur so aus …«
»Das sah nur so aus?«, fragte Edeling. »Haben Sie sich Ihre Ausreden von den Verdächtigen abgeschaut? Herr Pandera, es sieht verdammt schlecht aus, wenn der leitende Kommissar und der Chef der Kriminaltechnik am zweiten Tag einer Mordermittlung in aller Ruhe ein ausgedehntes Festmahl zu sich nehmen!«
»Es wird nicht wieder vorkommen«, versprach Pandera und zwang sich, freundlich zu bleiben. Er hatte schnell gelernt, dass es wenig Sinn machte, Edeling zu widersprechen, wenn dieser wütend war. Eigentlich machte es nie Sinn, ihm zu widersprechen, aber das war ein anderes Thema.
»Und Sie, Frau Aerni, haben Sie nichts Besseres zu tun, als irgendwelche Magazine auf der Arbeit zu lesen?« Er zeigte auf das Heft, dass Tamara Aerni in der Bank mitgenommen hatte. »Habe ich deswegen noch keinen Bericht von Ihnen bekommen?«
»Ich habe die Konten von SEQUENZA 46 überprüft«, antwortete sie. »Und ich habe herausgefunden …«
»… dass die zweite Million leichter zu machen ist als die erste?« Edeling zeigte wieder auf das Magazin. »Anscheinend verdienen Sie zu viel und haben es daher nicht nötig, Berichte zu schreiben.«
»Ich komme gerade erst von der Bank …«
»Wir wollten die neue Spur überprüfen«, fiel Pandera ihr ins Wort. »Wir sind auf dem Weg zu SEQUENZA 46.«
»Und eines noch«, schob Edeling im Befehlston nach. »Lassen Sie Sander aus dem Spiel!«
»Wie kommen Sie denn darauf?« Manchmal konnte Pandera seinem Vorgesetzten einfach nicht folgen.
»Falls ich erfahre, dass Sander an den Ermittlungen beteiligt wird, hat das ernste Konsequenzen für Sie!« Edeling blickte ihn herausfordernd an.
Pandera nickte nur, dann drehte er sich um.
»Eines noch, Kommissarin Aerni. Gehen Sie mal zum Coiffeur und nehmen Sie diese furchtbare Nadel aus der Augenbraue«, schoss Edeling im Gehen hinterher. »Wir sind hier bei der Kriminalpolizei und nicht auf einem Volksfest!«
Tamara Aerni schaute Edeling fassungslos an. Sie war viel zu perplex, um etwas erwidern zu können. Edeling drehte sich um und ging über den Gang zurück in Richtung Aufzug.
Pandera blickte zu seiner Kollegin. Ihr Gesicht war rot vor Zorn. Urplötzlich machte sie einen Satz nach vorn, als wollte sie Edeling hinterherlaufen, holte zu einem Schlag aus, doch Pandera schaffte es gerade noch, sie am Arm zu greifen und zurückzuhalten.
Edeling schien etwas gehört zu haben. Er drehte sich um. »War noch was?«
Pandera schüttelte den Kopf. »Nein, alles in Ordnung.«
Der Kriminalpolizeichef warf ihnen noch einen misstrauischen Blick zu, dann drehte er sich wieder um und ging weiter.
»Warum haben Sie mich zurückgehalten?«, fragte Tamara Aerni, ihr Gesicht war immer noch feuerrot.
»Ich wollte nicht schon wieder einen Kollegen verlieren.«
Sie kaute auf der Unterlippe herum. »Wie Kurt Sander?«
Pandera nickte.
»Hat Edeling ihn auch provoziert?«
»Er hat zu ihm gesagt, dass er es in seinem Alter nicht mal mehr mit einem Rollstuhlfahrer aufnehmen könnte.«
»Ich glaube, da hätte ich ihm auch die Nase gebrochen«, sagte Tamara Aerni. »So ein Arschloch!«
»Eben, und was gibt ein Arschloch von sich?«
»Scheiße!«, antwortete sie und musste lachen.
»Genau.«
»Danke«, sagte Tamara Aerni. »Den Anfang unserer Zusammenarbeit haben Sie sich wahrscheinlich anders vorgestellt, oder?«
»Kann man so sagen«, antwortete Pandera und fügte spontan hinzu: »Ich heiße übrigens Alex.«
»Und ich Tamara.« Lächelnd reichte sie ihm die
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