Das letzte Sakrament
rumhängen.«
»Wette ist Wette«, erwiderte Deckert mit vollem Mund. »Außerdem sind wir noch nicht mal eine halbe Stunde hier«, fügte er schmatzend hinzu. »Und ich muss mein Mittagessen nachholen. Es ist vier Uhr nachmittags, und ich hab heute noch keinen Bissen zu mir genommen!«
Das solltest du öfter machen , wollte Pandera sagen, doch stattdessen schaute er gehetzt auf die Uhr.
Deckert rülpste so laut, dass sich die anderen Gäste umblickten, auch die beiden Kollegen von der Sitte. Sie grinsten wissend.
»Im Augenblick kann ich ohnehin nichts tun«, sagte Deckert ungerührt. »Außer auf die Ergebnisse meiner Mitarbeiter zu warten. Also lass uns das hier genießen.«
Genießen? Pandera konnte sich tausend andere Dinge vorstellen, die ihm mehr Genuss versprachen. »Hast du dir den Bericht der Gerichtsmedizin angeschaut?«, fragte er.
»Nö«, antwortete Deckert und biss in seinen Hamburger. »Was steht denn drin?«
»Am Hals des Toten finden sich Würgemale, am Kopf ein Hämatom, sonst gibt es keine Anzeichen für einen Kampf«, erklärte Pandera. »Ich schätze, der Mörder hat mit Obrist kurzen Prozess gemacht. Ein gezielter Stich ins Herz, das war’s.«
»Wie ich schon vermutet habe«, sagte Deckert. »Und der Todeszeitpunkt?«
»In der Nacht von Samstag auf Sonntag, zwischen null und vier Uhr«, antwortete Pandera. »Habt ihr am Tatort noch Spuren gefunden, die uns weiterbringen könnten?«
»Schwer zu sagen, schließlich ist das ein Analyselabor«, antwortete Deckert und schob sich den Rest des Hamburgers in den Mund. »SEQUENZA 46 untersucht jede Woche Tausende von Proben. Jede von ihnen kann fremde DNA eingeschleust haben. Das ist wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Zumal die Tatwaffe nach wie vor fehlt.«
»Vermutlich ein handelsübliches Fleischermesser«, sagte Pandera. »Und der Täter ist wahrscheinlich Rechtshänder.«
»Toll«, sagte Deckert. »Dann bin ich ja auch verdächtig. Was habt ihr sonst noch für Erkenntnisse?«
»Wir haben alle Mitarbeiter von SEQUENZA 46 befragt«, antwortete Pandera. »Aber Obrist war ein Einzelgänger. Auf den ersten Blick hatte niemand aus der Firma ein Motiv, ihn umzubringen. Nicht ein einziger der Angestellten ist vorbestraft oder hat sich verdächtig verhalten. Wir tappen ziemlich im Dunkeln.«
»Na also«, sagte Deckert. »Dann können wir in Ruhe hier sitzen.« Er stand auf, um die nächste Portion zu bestellen. »Dein Portemonnaie, bitte.«
Pandera gab es ihm. Er überlegte, ob Jackie die Geschichte glauben würde, wie es sich geleert hatte. Er beschloss, ihr lieber nichts zu sagen.
»Warum isst du eigentlich nix?«, fragte Deckert, als er mit einem vollen Tablett wiederkam. »Du verpasst was, das schmeckt super!«
»Vieiras con Jamón wären mir lieber«, entgegnete Pandera.
»Was für’n Zeug?«
»Jakobsmuscheln, mit Schinken aus der Extremadura umhüllt, von allen Seiten angebraten und auf frischem Salat serviert.«
»Schinken lasse ich mir ja noch gefallen, aber was willst du mit dem Salat?«
»Der ist gesund«, erwiderte Pandera.
»Pah!«, rief Deckert. »Die Kuh isst das Grünzeug, und ich ess die Kuh. Also bekommt mein Körper genug von dem Zeug. Buy one, get one free, nennt man das.«
Pandera musste lachen. Er war kurz davor, sich auch einen Hamburger zu bestellen, als sein Mobiltelefon klingelte. Er fingerte es aus der Tasche und nahm das Gespräch an. Es war Tamara Aerni. »Wo sind Sie denn?«, fragte sie.
»Erkläre ich Ihnen später«, antwortete Pandera. »Was gibt es?«
»Vor drei Jahren hat Plattner auf sein eigenes Konto anderthalb Millionen Schweizer Franken eingezahlt. In mehreren Tranchen. Und immer in bar.«
Pandera pfiff durch die Zähne.
»Hat der Bischof nicht gesagt, dass vor drei Jahren dieses Grabtuch untersucht wurde?«
»Wo sind Sie jetzt?«, fragte Pandera.
»Im Büro, und Sie?«
»Wir kommen.«
Deckert sah den Kommissar mit großen Augen an. »Wir kommen?«, fragte er. »Ich bin mitten beim Essen. Eigentlich hab ich noch nicht mal richtig angefangen!«
Pandera seufzte und blickte auf die Uhr. »Ich löse unsere Wette ein anderes Mal ein, okay?« Ungeduldig stand er auf.
»Na gut.« Deckert wischte sich den Mund ab und stand ebenfalls auf. Sehnsüchtig blickte er auf sein Tablett. »Die nehm ich noch mit!«, sagte er und nahm die beiden restlichen Kalorienraketen. »Als Wegzehrung«, fügte er entschuldigend hinzu.
Pandera stand schon an der Tür. »Jetzt warte doch mal!«, rief
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