Das letzte Theorem
einer leeren Whiskeyflasche ab. Offenbar hatte Bledsoe sich bereits vor seinem Gespräch mit Ranjit kräftig einen hinter die Binde gegossen.
Ein bisschen peinlich berührt, räusperte sich Ranjit. »Wissen Sie, Mr. Bledsoe, ich stamme aus einem kleinen Land, das genug eigene Probleme hat. Nichts liegt mir ferner, als die Politik der USA zu kritisieren.«
Bledsoe nickte vehement mit dem Kopf. »Ja, das ist auch so eine Sache«, blubberte er. Dann brach er ab, um Ranjits Glas nachzufüllen. Als dieser dankend ablehnte, zuckte Bledsoe nur die Achseln und bediente sich selbst großzügig aus der Flasche. »Ihre kleine Insel«, fuhr er fort, nachdem er sich mit einem großen Schluck gestärkt hatte. »Schri … Schri …«
»Sri Lanka«, half Ranjit höflich aus.
»Genau die meine ich. Haben Sie überhaupt eine Ahnung, auf was für einem Potenzial Sie da sitzen?«
Ranjit dachte nach. »Nun ja, ich halte Sri Lanka für die schönste Insel im …«
»Ich spreche doch nicht von der ganzen verdammten Insel, Herrgott nochmal! Meine Güte, über die gesamte Welt verteilt
gibt es Millionen schöner Insel, und sie alle sind mir scheißegal! Ich denke da an einen ganz bestimmten kleinen Hafen, Trinkum … Trinco …«
Ranjit empfand Mitleid mit ihm. »Ich nehme an, Sie meinen Trincomalee. Meine Heimatstadt. Ich wurde dort geboren.«
»Ach, wirklich?« Bledsoe schien kurz über diese Information nachzudenken, um sie dann als nutzlos zu verwerfen. »Also, die Stadt selbst interessiert mich nicht. Aber der Hafen ist eine echte Sensation! Wissen Sie, wozu man ihn umbauen könnte? Zu einer Basis für eine Flotte von atomgetriebenen U-Booten. Einen derart günstigen Naturhafen gibt es auf der Welt kein zweites Mal, Mr. Sub … Subra …«
Abermals hatte er sein Glas nachgefüllt, und der Whiskey zeigte seine Wirkung. Ranjit seufzte und kam ihm auch dieses Mal zu Hilfe. »Subramanian, Mr. Bledsoe … und wir Sri Lanker wissen sehr wohl, dass dieser Hafen sich ideal als Flottenstützpunkt eignete. Im Zweiten Weltkrieg diente er als Marinestützpunkt der Alliierten, und schon viel früher äußerte sich sogar Lord Nelson, der Hafen von Trincomalee sei der beste der Welt.«
»Scheiße, was hat Lord Nelson damit zu tun? Er sprach von einem Ankerplatz für Segelschiffe, verdammt nochmal! Ich rede hier von Atom-U-Booten! Hier könnten U-Boote so tief abtauchen, dass kein feindliches Radar sie entdeckt, und ein Angriff wäre so gut wie ausgeschlossen! Dieser Hafen bietet Dutzenden - was sag ich? -, Hunderten von U-Booten Platz. Und was haben wir gemacht? Wir ließen uns von den gottverfluchten Indern die Rechte auf den verdammten Hafen vor der Nase wegschnappen! Von den Indern, ausgerechnet! Wozu braucht Indien überhaupt eine Marine? Ich kann es einfach nicht fassen …«
Ranjit ging dieser überhebliche Säufer zunehmend auf die Nerven. Gamini war sein bester Freund, und er hätte ihm liebend gern jeden Gefallen getan, aber er hatte keine Lust, sich
dieses Geschwafel noch länger anzuhören, es war schlichtweg eine Zumutung. Kurzentschlossen stand er auf. »Danke für den Whiskey, Mr. Bledsoe, aber ich muss jetzt leider gehen.«
Zum Abschied hielt er Colonel Bledsoe die Hand hin, doch der dachte nicht daran, sie zu ergreifen. Wütend funkelte er Ranjit an, dann schraubte er mit ostentativer Umständlichkeit die Whiskeyflasche wieder zu. »Entschuldigen Sie mich eine Sekunde«, brabbelte er. »Wir sind noch längst nicht fertig.«
Er verschwand in einem der Badezimmer, mit denen die Suite ausgestattet war. Ranjit hörte das Rauschen von fließendem Wasser, überlegte ein Weilchen, wie er sich verhalten sollte, zuckte ergeben die Achseln und setzte sich wieder hin. Es dauerte jedoch länger als eine Sekunde, bis Bledsoe aus dem Bad auftauchte. Ungefähr fünf Minuten musste Ranjit warten, bis sein Gastgeber wieder in Erscheinung trat. Er war kaum wiederzuerkennen. Das Gesicht war gewaschen, die Haare ordentlich gekämmt, und in der Hand trug er eine Tasse mit dampfendem schwarzem Kaffee - die er sich im Bad aufgebrüht haben musste. Offenbar gehörte in Amerika eine Kaffeemaschine zur Standardeinrichtung eines Hotelbadezimmers.
Ranjit bot er keinen Kaffee an. Er gab auch keine Erklärung ab, sondern pflanzte sich auf seinen Sessel, betrachtete die Whiskeyflasche mit einem erstaunten Blick, als wundere er sich, wie sie auf den Tisch gekommen war, und begann dann in forschem Ton: »Mr. Subramanian, sagen Ihnen die Namen Whitfield
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