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Das letzte Theorem

Das letzte Theorem

Titel: Das letzte Theorem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pohl Clarke
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Seine Enttäuschung über diese im Grunde nichtssagende Mitteilung hielt sich jedoch in Grenzen, denn Washington bot vieles, was ihn mehr interessierte als die Aussicht auf einen nebulösen Job, den ihm ein Unbekannter namens Orion Bledsoe anbieten konnte.

    Als Erstes besichtigten Ranjit und Myra - begleitet von enthusiastischen Freiwilligen der AAAS - die berühmte (obwohl Ranjit bis zu seinem Besuch in Washington noch nie etwas davon gehört hatte) Zusammenballung von Museen, die man als Smithsonian Institution bezeichnet. Von dem British Museum in London und dem American Museum of Natural History in New York war er begeistert gewesen; das Smithsonian, das nicht nur aus einem einzelnen Bauwerk, sondern aus einer ganzen Reihe von Gebäuden bestand, beflügelte darüber hinaus seine Phantasie. Seine Zeit reichte nur für das Luft-und Raumfahrtmuseum und einen flüchtigen Blick in ein, zwei andere Museen, doch die Sammlung, die die Erforschung des Weltalls betraf, enthielt unter zahllosen faszinierenden Ausstellungsstücken ein funktionierendes Modell (allerdings nicht maßstabsgetreu) des Artsutanov-Raumlifts, mit dessen Bau man gerade in Sri Lanka begonnen hatte.
    Später hielt er seinen Vortrag auf der Triple-A-S-Tagung (die für ihn wieder einmal ein Riesenerfolg wurde), und hinterher feierte man ihn wie einen Helden. Jeder riss sich darum, sich mit ihm zu unterhalten, und er konnte sich seine Gesprächspartner aussuchen. Und der Kongress hatte so ungeheuer viel zu bieten, die Themenbereiche waren mannigfaltig; alles stand ihm zur Verfügung, er durfte an jedem beliebigen Projekt teilnehmen. Ihm schwirrte der Kopf. Man durfte nicht vergessen, dass Ranjit, dieses neue mathematische Genie, das von den am meisten geachteten Wissenschaftlern der ganzen Welt als ebenbürtig betrachtet wurde, dem drei der renommiertesten Universitäten Doktortitel verliehen hatten, nicht einmal den Bachelor-Abschluss besaß. Dieser moderne Fermat oder Newton hatte noch niemals in seinem jungen Leben an einem wissenschaftlichen Kongress teilgenommen, außer an den Zusammenkünften, bei denen er selbst als Hauptredner auftrat.
    Er hatte gar nicht gewusst, wie viel er noch über alle möglichen Themen lernen konnte. Nachdem er seine eigene Aufgabe erfüllt hatte, stand es ihm frei, sich die Vorträge anderer
Wissenschaftler anzuhören, und diese Chance nutzte er weidlich aus. Er besuchte Seminare über Kosmologie, über die Tektonik des Mars, der Venus und des Jupitermondes Europa und eines mit dem Thema: »Maschinenintelligenz: Die Entwicklung eines Bewusstseins«. (Das tat er in erster Linie Myra zuliebe, doch je länger er dem Referenten zuhörte, umso fesselnder fand er die wissenschaftlichen Aspekte, bis er beinahe genauso fasziniert war wie sie.) Er interessierte sich für die abwegigsten und absonderlichsten Dinge, mit denen sich Forscher befassen, und ihm kam es so vor, als öffne sich ihm eine völlig neue Welt.
    Myra machte - bis auf wenige Ausnahmen - alles mit. Auch sie erwies sich als unersättlich, wenn es darum ging, ihren Horizont zu erweitern. Doch er bestand darauf, dass sie ihren täglichen Mittagsschlaf hielt, denn einer ihrer Ärzte hatte ihr dringend dazu geraten. »Schließlich erwartest du ein Baby«, betonte er unentwegt, obwohl sie das selbst wohl am besten wusste.
    Fast am letzten Tag dieses Kongresses, Ranjit war gerade dabei, Myra zuzudecken, zirpte leise ihr Telefon. Eine SMS ging ein, und der Text lautete:
     
Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mich heute
irgendwann in meiner Suite aufsuchen würden, um über ein
Angebot zu sprechen, das Sie interessieren dürfte.
    T. O. Bledsoe, Lt. Col. USMC (i. R.)
     
    Ranjit und Myra tauschten verdutzte Blicke. »Das ist der Mann, von dem Gamini in New York gesprochen hat«, erklärte Ranjit, und Myra nickte gespannt.
    »Natürlich, das kann nur er sein. Los, geh zu ihm und frag ihn, was er will. Dann kommst du zu mir zurück und erzählst mir alles.«
     
    Die Suite, in der Lt. Col. (i. R.) T. Orion Bledsoe wohnte, war wesentlich geräumiger als die, welche der AAAS-Kongress Ranjit
und Myra zur Verfügung gestellt hatte. Sogar die Obstschale auf dem Konferenztisch im Wohnzimmer war bombastischer, und daneben standen noch eine nicht angebrochene Flasche Jack Daniel’s Whiskey, ein Behälter mit Eiswürfeln, Gläser und verschiedene andere Getränke zum Mixen.
    T. Orion Bledsoe war kaum größer als Ranjit, für einen Amerikaner war er also eher klein. Dem Alter

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