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Das letzte Theorem

Das letzte Theorem

Titel: Das letzte Theorem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pohl Clarke
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einzigen Kurs an der Universität gehalten hatte, der Ranjit wirklich zu fesseln vermochte. Und wer weiß - vielleicht konnte er ihm helfen, seine eigene Laufbahn als Dozent in Schwung zu bringen.
    Als Erstes bot Joris ihm das Du an. »Schließlich sind wir beide jetzt Professoren«, meinte er, »obwohl ich mich für die Zeit, in der am Skyhook-Projekt gebaut wird, habe beurlauben lassen.«
    Natürlich wurde Joris bestürmt, einen ausführlichen Bericht über dieses Vorhaben abzugeben. Wie weit seien die Bauarbeiten gediehen? Käme man gut voran?
    »Das will ich wohl meinen«, versicherte er. »Wir sind schon dabei, das Kabel, das lediglich einen Durchmesser von einem Mikron hat, anzubringen. Und wenn das erst funktioniert, kommen die Dinge richtig in Gang. Über den Lift kann Material in den erdnahen Orbit befördert werden, was erheblich billiger und einfacher ist als ein Transport mit diesen verdammten Raketen. Ich muss schon sagen, alle, die an dem Projekt beteiligt sind, leisten erstklassige Arbeit. Russland, China und Amerika haben ihr gesamtes Raumfahrtprogramm darauf abgestimmt, den Lift zu bauen. Seit zwei Monaten fliege ich von einem Weltraumbahnhof zum anderen, um bei den Raketenstarts dabei zu sein.« Er hielt Ranjit sein Glas zum Nachfüllen hin. »Und drunten an der Südostküste hat man bereits mit dem Bau des Bodenterminals begonnen. Das ist übrigens der Grund, weshalb ich nach Sri Lanka gekommen bin. Ich muss hinfahren, mir die Sache anschauen und einen Bericht an die drei Präsidenten verfassen.«
    »Das möchte ich auch gern sehen«, bemerkte Ranjit sehnsüchtig.
    »Das kann ich mir gut vorstellen. Jeder aus meinem Astronomiekursus möchte wohl dabei sein - jedenfalls hoffe ich
das -, aber im Augenblick gibt es noch nicht viel zu sehen, bis auf Hunderte von schweren Maschinen für die Erdarbeiten und dergleichen, und um die dreitausend Bauarbeiter, die sich gegenseitig nur im Weg sind. Warte ein paar Monate, Ranjit, dann fahren wir alle zu einer Besichtigung dorthin. Außerdem herrscht im Moment die höchste Geheimhaltungsstufe. Ich glaube, die Amerikaner haben Angst, die Bolivianer oder die Bewohner der Osterinsel oder sonst jemand könnten ihre Ideen klauen und einen eigenen Skyhook hochziehen. Ehe man auch nur in die Nähe der Baustelle darf, wird man gecheckt, ob man auch kein Sicherheitsrisiko darstellt.«
    Ranjit stand im Begriff, seinem alten Lehrer zu erklären, dass er dieses Prozedere bereits durchlaufen und die höchstmögliche Unbedenklichkeitsstufe erhalten hatte, doch im letzten Moment besann er sich anders. Er fragte sich, ob man ihm nicht vielleicht sämtliche Privilegien entzogen hatte. Vorhulst riss ihn aus seinen Betrachtungen, als er unvermittelt das Thema wechselte. »Und nun zu dir, Ranjit. Was hast du sonst noch getrieben, außer den Beweis für Fermats Behauptung zu finden und die hübscheste KI-Wissenschaftlerin in Sri Lanka zu heiraten?«
     
    Wie es sich herausstellte, hatte Joris Vorhulst den abenteuerlichen Lebenslauf seines Studenten aufmerksam verfolgt und wollte noch viel mehr wissen. Die Zeit verging wie im Flug, und dann wurde auch schon das Abendessen serviert. Ranjit verschob sein Anliegen, Joris um Hilfe zu bitten, auf später, denn vor dem gesamten Haushalt mochte er seine Probleme an der Universität nicht zur Sprache bringen. Obendrein hatte Tante Beatrix die Nachrichten gesehen und hatte eine Menge Fragen.
    »Sie versenken massenhaft ausrangierte Panzer, Waffen und ähnliches Zeug einfach im Chinesischen Meer«, erzählte sie. »Wo dieser ganze Schrott angeblich noch einem guten Zweck dienen soll. Dieser Müll bildet künstliche Riffe, in denen die
Fische laichen können. Und dann zeigten sie noch Bilder von einer Art Guillotine, wie man sie von der Französischen Revolution her kennt, nur ist dieses Ding so groß wie ein fünfstöckiges Haus. Damit köpfen sie dann ihre Interkontinentalraketen und Marschflugkörper. Natürlich werden vorher die Tanks geleert und die Sprengköpfe entfernt.«
    »Sie schlachten auch die Teile aus, die aus wiederverwertbaren Metallen bestehen«, ergänzte Joris. »Ich habe gesehen, wie dieses Zeug auf Güterzüge verladen und dann quer durch Sibirien in Richtung Westen verfrachtet wird. Die Russen sagen, das sei ein Teil von Koreas Reparationszahlungen. Habt ihr schon gehört, dass dort bald Wahlen stattfinden sollen?«
    »Gehört haben wir davon«, sagte Myra. »Aber einiges finden wir ziemlich schleierhaft.«
    Joris

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