Das letzte Vermächtnis der Templer (German Edition)
Könige wussten um den Schatz. Sie vernichteten das Westgotenreich. Doch es gelang ihnen nicht, den Schatz zu finden. Schließlich wurden sie selbst von den Karolingern verdrängt, aber das Wissen um den Schatz wurde von Generation zu Generation weitergegeben. Erst zur Jahrtausendwende wendete sich das Blatt mit den Kreuzzügen. Papst Urban der Zweite hatte zum Krieg gegen die Ungläubigen aufgerufen. Tausende französische Adelige, unter ihnen Persönlichkeiten wie Hugo von Payens aus der Champagne, folgten dem christlichen Banner und eroberten Jerusalem.“
„Hugo war der erste Großmeister des Templerordens, nicht wahr?“, versuchte Sophia, weiter zu glänzen.
Tassone nickte. „Zwanzig Jahre nach der Eroberung stieß er mit seinen Männern tief unten in den Höhlen des Tempelberges auf geheime Verstecke, die die Römer übersehen hatten. Was sie fanden, war weit bedeutender als das Gold der Westgoten. Es waren Schriftrollen, die von der Frühzeit des Christen- und Judentums erzählten und auf noch viel ältere Dokumente verwiesen. Und sie fanden die Bundeslade mit allerlei exotischen Relikten. Es war das Fundament ihrer Macht und ihres enormen Einflusses. Doch Neid und Habgier haben den Menschen schon seit Urzeiten verdorben. Philipp der Schöne, einer der skrupellosesten französischen Könige, die die Geschichte je gesehen hat, beendete diese Episode, indem er gefälschte Anschuldigungen gegen die Tempelritter erhob und sie schließlich auf dem Scheiterhaufen verbrannte. Damit verschwand das Wissen um den Schatz aus den Köpfen der Lebenden. Doch in weiser Voraussicht hatte der letzte Großmeister Hinweise hinterlassen, mit denen dieser Schatz wiedergefunden werden kann.“
„Welche Hinweise?“
„Tyr hat eine ganze Schar von Historikern engagiert und unterstützt finanziell mehrere Ausgrabungen im In- und Ausland, um das Geheimnis zu lösen. Seit einigen Wochen richtet sich sein besonderes Interesse auf Kloster Eberbach im Rheingau.“
„Ein Kloster?“
Tassone nickte.
„Und was hofft er, dort zu finden?“
„Wir können nur vermuten … irgendwelche Relikte, vielleicht sogar die Bundeslade selbst. Denken Sie nur an die Stärke, die die Tempelritter besaßen. Für zwei Jahrhunderte waren sie die mächtigste Institution in Europa, einflussreicher als Päpste und Könige.“
Seine Spekulationen überstiegen Sophias Verstand. Er sprach von mystischen Artefakten, für deren Existenz es keinerlei Beweise gab. Ruhelos nahm sie einen weiteren Schluck Wein. Ihr Blick glitt zu ihrer Schwester. Viktoria schien ebenso verwirrt, wirkte sogar genervt, als würde sie das alles für blanken Unsinn halten.
„Was haben Sie jetzt vor?“, fragte Sophia.
„Wir müssen herausfinden, wie viel Tyr wirklich weiß und ihn notfalls stoppen.“
„Das heißt, ihn töten?“
Tassone schwieg. Stattdessen antwortete Hauser: „In jedem Fall werden wir seine archäologischen Untersuchungen in Kloster Eberbach beobachten.“
„Das werden wir. Aber jetzt sollten wir uns erst ein paar Stunden Schlaf gönnen“, sagte Tassone.
Es war bereits nach Mitternacht. Dennoch - wie könnte Sophia jetzt schlafen? Sie spürte eine gewisse Erschöpfung, aber die Gedanken wühlten sie viel zu sehr auf. Viele Fragen blieben offen.
„Endlich“, ließ sich Viktoria vernehmen. „Ich will jetzt ins Bett.“
Sophia schien, als wäre sich ihre Schwester über die Dimension des Dilemmas, in dem sie steckten, nicht bewusst. Sie nahm sich vor, das Thema noch mal behutsam mit ihr zu besprechen – aber erst morgen.
Freitag, 31. Oktober
Die Sonne blinzelte bereits durch die Jalousien, als Viktoria aus unruhigem Schlaf schreckte. Alpträume hatten sie die ganze Nacht gequält. Es war nicht nur der Unfall, von dem sie immer wieder träumte. Auch die nachfolgenden Ereignisse, der brutale Überfall im Haus ihres Onkels und die Geschichte von Tyr und dem Tempelschatz, die Tassone ihr gestern Abend erzählt hatte, verursachten ihr Übelkeit. Was für eine abenteuerliche Story! Wenngleich sie sich erinnerte, dass ihr Vater erwähnt hatte, dass er sich mit einem Mann treffen wollte, als sie an jenem Sonntagnachmittag das Haus verlassen hatten. Oder bildete sie sich das nur ein?
Fahrig fuhr sie sich mit der Hand über die Augen. Sie fühlte sich müde und erschöpft, doch im Bett bleiben wollte sie auch nicht. Ihr Blick fiel auf Sophia, die neben ihr im breiten Doppelbett lag. Sie atmete ruhig und gleichmäßig, schien noch zu schlafen. Ein
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