Das letzte Vermächtnis der Templer (German Edition)
verzaubern. Das Holz im Kamin knisterte und spendete eine behagliche Wärme. Tassone verschwand kurz in der Küche und kam mit Antipasti wieder: Spinatsuppe mit Krabben. Sophia konnte nicht anders, als sich zu einem Lob hinreißen zu lassen: „Das sieht lecker aus.“
„Kochen ist meine große Passion“, erwiderte er. „Ich wünsche einen guten Appetit.“
Sophia entschied sich, mit ihren Fragen zu warten und begann zu essen. Aufmerksam beobachtete sie den Italiener. Er schien zehn Jahre älter als Hauser; die ersten grauen Strähnen zeigten sich in seinem schwarzen, wallenden Haar. Wer war dieser Mann? Etwas Charismatisches und zugleich Geheimnisvolles umgab ihn.
Erst nach dem Dessert wandte sich Sophia entschlossen an Hauser: „Was ist das für ein Artefakt, von dem du mir gestern Abend erzählen wolltest?“
„Artefakt?“, unterbrach Viktoria irritiert.
Sophia nickte. „Ja, Vicky.“ Und an die beiden Männer gewandt: „Es ist an der Zeit, dass wir die Wahrheit erfahren, oder?“ Herausfordernd sah sie sie an. „Warum mussten unsere Eltern sterben? Wer von euch beiden Helden uns das erklärt, ist mir egal. Aber das Schweigen ist jetzt zu Ende.“ Sie nahm demonstrativ einen Schluck Wein und fragte: „Wer fängt an?“
Hauser und Tassone sahen sich zunächst überrascht an, dann blickten sie kummervoll. Der Italiener strich sich über sein bärtiges Kinn.
Es war totenstill im Zimmer.
Gespannt warteten die beiden Frauen darauf, dass einer der beiden Männer etwas sagte. Tassone nickte schließlich sorgenvoll. „Ja, in der Tat. Sie haben ein Recht darauf, zu erfahren, was wirklich geschah und noch geschehen wird. Nun, meine Aufgabe ist es, das Gleichgewicht der Kräfte zu erhalten, die Balance zwischen Herrschern und Beherrschten. Dabei spreche ich nicht von irgendwelchen Managern oder Funktionären, die sich aus Habgier ihre Taschen auf Kosten des Gemeinwohls füllen, wie man es jeden Tag in der Zeitung liest. Ich spreche von der wahren Macht, von Institutionen und Organisationen, die Politik und Wirtschaft auf diesem Globus steuern. Einflussreiche Persönlichkeiten, die man jeden Tag in den Medien sieht und die als moralische Leitfiguren unserer Gesellschaft gelten. Sie sind diejenigen, die das Schicksal der Menschheit bestimmen, im Guten wie im Bösen.“
„Spielen Sie auf die vielen Verschwörungstheorien an, von denen man immer wieder hört? Wie zum Beispiel Skull and Bones oder die berüchtigten Illuminati?“, fragte Sophia irritiert.
„Sie sind gut informiert“, stellte er anerkennend fest. „Aber das sind nur Köder für die Dummköpfe unter den Journalisten. Die wahren Potenziale der Macht umgibt eine Mauer des Schweigens. Die Masse der Menschen ist leicht zu manipulieren, und die Medien sind es um ein Vielfaches mehr.“
„Ich verstehe nicht.“
„Schauen Sie sich einmal bewusst verschiedene Nachrichtensendungen ein und desselben Tages an, oder vergleichen Sie die Tageszeitungen. In den meisten Fällen werden Sie unterschiedliche Botschaften entdecken, die alle ein anderes Ziel verfolgen. Wenn das keine Manipulation von Meinungsbildung ist.“
Er verwirrte Sophia zusehends.
„Aber um auf Ihre Frage zurückzukommen … der Tod Ihrer Eltern steht in direktem Zusammenhang mit diesen dunklen Machenschaften um Macht und Einfluss. Für mich steht außer Zweifel, dass es kein tragischer Verkehrsunfall war.“
„Dann war es wirklich Mord?“, fragte Sophia verzweifelt. Sie wollte diese Tatsache nicht zulassen. „Wegen des Artefakts? Was für …?“
„Sind Sie eine gläubige Christin?“
„Ich? Wieso?“, stotterte sie. „Ich bin – warum fragen Sie das?“
„Sie brauchen sich Ihres Glaubens nicht zu schämen. Es wäre für die Gemeinschaft wichtig und richtig, wenn sich wieder mehr Menschen offen zu ihrem Glauben an Gott bekennen würden.“
„Wer sind Sie wirklich, Signor Tassone?“
Ein sybillinisches Lächeln umspielte dessen Lippen. Sophias Blick glitt kurz zu Hauser, der sie nur regungslos ansah. Was wusste er?
„Arbeiten Sie für die Polizei?“, fuhr sie fort.
„Angefangen habe ich bei den Carabinieri in Rom, in der Tat. Aber das ist über zwanzig Jahre her.“
„Und jetzt?“, hakte sie angespannt nach.
„Jetzt arbeite ich für den Vatikan. Vor einigen Jahren lernte ich dabei ihren Vater kennen. Wir … waren recht gut befreundet. Auch mit Ihrem Mann verbindet mich eine enge Freundschaft.“
„Sie sind aber kein Priester, oder?“
Er lachte auf.
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