Das letzte Vermächtnis der Templer (German Edition)
mir.“
„Ein Mann? Wollte er dir helfen?“
„Nein … er trug schwarze Handschuhe, er griff mir an den Hals, ich konnte mich nicht dagegen wehren … jemand sagte ‚töte sie rasch‘ … dann hörte ich Stimmen aus der Ferne, der Mann fluchte und verschwand … ich sah weitere Männer auf mich zueilen, bevor ich bewusstlos wurde.“ Sie erschauerte bei diesen Erinnerungen.
„Hast du den Mann oder die Stimme erkannt?“
„Nein …“
„Und der Motorradfahrer? Denkst du, er hat etwas damit zu tun?“
Vor ihrem geistigen Auge sah sie die entscheidenden Sekunden. „Er hatte ein Gewehr in der Hand … ich bin mir sicher.“
„Dann war es ein Anschlag.“
„Das deckt sich genau mit meinen Recherchen“, bemerkte Hauser. „Ich habe mit einem Förster telefoniert. Angeblich soll es ein ganzes Rudel Wildschweine gewesen sein, doch im angrenzenden Wald hat es seit Monaten keine Aktivitäten gegeben, wie er mir versicherte. Auch sind keine Bremsspuren auf den Fotos zu erkennen, die mir die zuständige Straßenmeisterei vom Unfallort geschickt hat. Jemand wollte, dass es nach einem Wildunfall aussieht.“
„Denkst du, Kommissar Krieger hat …?“
„Nein. Krieger ist ein rechtschaffener Beamter. Ich habe mir seine Akte angeschaut, dieser Verdacht scheidet aus.“ Dann fuhr er in bestimmtem Ton fort: „Jetzt packt eure Sachen. Wir fahren in einer halben Stunde.“
„Und was machen wir mit den beiden Mädchen?“, fragte Sophia.
„Wir nehmen sie mit. Zumindest für heute Nacht.“
„Du denkst …?“
„Geht, macht euch reisefertig. Sofort.“
Er sprach in ruhigem Ton, doch der Zorn in seiner Stimme war nicht zu überhören. Viktoria hatte einen tödlichen Fehler begangen, das wusste sie. Jetzt hatte sie auch noch ihre besten Freundinnen mit hineingezogen. Hausers missmutiger Blick verfolgte sie, als sie sich erhob und mit ihrer Schwester nach oben stieg. Allein Sophias Nähe spendete ihr Trost.
Verärgert sah Hauser den Frauen nach. Der Mord wühlte ihn auf. Vickys Einfältigkeit hatte ihren Freund das Leben gekostet. Wie sollte er das seinem Chef erklären? Offiziell bestand keine Verbindung zwischen dem Tod von Friedrich Wulff und dem Überfall auf seinen Bruder. Es gab keinen Grund, das Mädchen zu verstecken – so sahen es jedenfalls die Polizeibehörden. Und zu allem Übel hatten zwei Zeugen den tödlichen Anschlag miterlebt. Hauser konnte das Verbrechen nicht einfach unter den Teppich kehren. Er musste seinen Chef informieren.
„Den toten Jungen lassen wir hier, bis wir seinen Mörder haben“, sagte Tassone in die entstandene Stille.
„Seine Eltern werden eine Vermisstenanzeige aufgeben.“
„Nicht, wenn die Mädchen erzählen, dass sie das Wochenende bei Viktoria verbringen. Das gibt uns zwei Tage.“
„Zwei Tage“, sinnierte Hauser.
„Wir müssen nach Kloster Eberbach.“
Hauser sah den Italiener an. „Die Ausgrabung.“
Tassone nickte. „Ich übernehme das. Du schaffst die Frauen aus der Schusslinie. Fabio wird euch begleiten.“
„Ich werde sie in unser Versteck nach Rengsdorf bringen.“
„Sehr gut.“
Hinter dem nächsten Hügel hatte Bianca Mertens angehalten und den Motor ausgeschaltet. Der erneute Fehlschlag zerrte an ihren Nerven. Nervös zündete sie sich bereits die zweite Zigarette an und rauchte in schnellen Zügen. Eigentlich hatte sie sich dieses Laster abgewöhnt, aber jetzt verlangte ihr Körper danach.
Sie hatte eine Niederlage erlitten. Die Situation überforderte sie, in ihrem Kopf jagten sich die Gedanken. Eine Sekunde, dachte sie immer wieder. Nur eine Sekunde früher, und sie hätte mit Tyr feiern können. Sie fröstelte. Wie sollte sie ihm das Debakel erklären? Oder sollte sie darüber schweigen? Er müsste es nicht erfahren. Sie würde ihm sagen, dass sie noch mehr Zeit benötigte. Aber wie lange würde er ihr geben? Das Mädchen sollte bereits seit 24 Stunden tot sein. Nein - Tyr würde es erfahren, ihm blieb nichts verborgen, er hatte überall seine Augen und Ohren. Dann würde er sie töten.
Ihr blieb nur der Angriff. Doch auf wen? Das Mädchen oder Tyr? Erstere hatte exzellente Bewacher, letzterer wurde von mehreren Leibwächtern abgeschirmt. War es an der Zeit, den Auftrag zu hinterfragen? Bislang hatte sie stets getan, wofür sie bezahlt wurde. Keine Fragen, keine Emotionen, keine Probleme. Diese Regeln galten jetzt nicht mehr. Sie hatte versagt! Ihren Auftrag nicht erfüllt. In diesem Moment fühlte sie sich wie das zwölfjährige
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