Das letzte Vermächtnis der Templer (German Edition)
Mädchen, das blutend und verängstigt hinter das Sofa gekrochen war und auf den Tod gewartet hatte. Damals hatte ihr der Zufall das Leben gerettet – oder war es Schicksal? Viel Zeit zum Nachdenken blieb ihr nicht. Die Männer auf dem Gehöft würden sicherlich noch in dieser Nacht ein neues Versteck aufsuchen.
Sollte sie alles auf eine Karte setzen? Ein Attentat in Kamikazemanier? Nein, der Erfolg wäre fraglich, und noch wollte sie diese Welt nicht verlassen. Vielleicht bot ihr dieser Auftrag eine völlig neue Perspektive. Eine Idee reifte in ihrem Kopf heran. Ein Plan, wie sie Tyrs Fängen doch noch entkommen könnte.
Samstag, 1. November
Rengsdorf, Westerwald.
Eine unruhige Nacht lag hinter Sophia, sie hatte erneut nur wenig geschlafen. Das Haus, in dem sie sich versteckten, lag am südlichen Stadtrand, in einer offenen Bebauung mit weiten Grünflächen, aber mit einem schnellen Fluchtweg zur Bundesstraße. Es war bereits Vormittag. Das Frühstück war vorüber, doch niemand hatte besonderen Appetit gezeigt. Schweigen und Niedergeschlagenheit hatten sich breit gemacht.
Müde strich sich Sophia über die Augen und starrte durch das Fenster ihres Zimmers im ersten Stock hinaus. Dicke Regenwolken zogen über den Himmel, ließen die hügelige Landschaft trostlos erscheinen. Ihr Gegner Tyr war skrupellos und kaltblütig. Drei Menschen waren seinetwegen in den vergangenen Tagen gestorben. Und wer wusste, wie viel mehr er auf dem Gewissen hatte.
Es war einer jener Momente, in denen Sophia an ihrem Beruf zu zweifeln begann. Sie war Polizistin und stand für Recht und Ordnung. Dabei war sie gewissen Regeln unterworfen und an klare Gesetze gebunden. Schon ein Verstoß, eine unbedachte Handlung konnten ihre Karriere beenden. Aber Menschen wie Tyr durften sich alles herausnehmen. Sie scherten sich nicht um Gesetz oder Moral. Zorn stieg in Sophia hoch, während sie darüber nachdachte. Oft hatte sie solche Situationen erlebt, die Ohnmacht des Staates und das Frohlocken der Verbrecher.
Jetzt war sie selbst unmittelbar betroffen. Tyr hatte ihre Eltern und Vickys Freund ermordet - oder ermorden lassen, was auf das gleiche hinauskam. Er war ein Mörder! Und Sophia? Sie war eine ambitionierte und geachtete Polizistin, ohne Fehl und Tadel.
Entschlossen drehte sie sich um. Auf der Kommode neben dem Bett hatte sie die beiden Pistolen abgelegt, die Hauser ihr zur Verteidigung überlassen hatte. Geladen und gesichert steckten sie in den Holstern. Nein! Dieses Mal würde das Böse keinen Erfolg haben. Sie würde nicht eher ruhen, bis Tyr seiner gerechten Strafe zugeführt würde. Für ihn würde es kein Entkommen mehr geben. Seine Zeit war abgelaufen!
Plötzlich ging die Tür auf. Viktoria trat zögernd ein.
Mit einem Ruck drehte sich Sophia um. „Kannst du nicht anklopfen?“
„Tut mir leid“, antwortete sie niedergeschlagen. „Ich wollte …“
„Vicky?“, stutzte Sophia.
Sie glaubte, ihren Augen nicht zu trauen. War das wirklich ihre Schwester? Sie hatte sich das lange Haar abgeschnitten, es fiel nur noch bis zum Nacken. Die Zwillinge erschienen hinter ihr.
„Vicky.“ Sophia schluckte. „Was hast du mit deinen …?“
„Ich will dir helfen, Martins Mörder zu finden“, sagte sie leise.
Irritiert glitt Sophias Blick zu den Zwillingen, die unsicher an der Tür stehen geblieben waren. Ihre Kostüme trugen sie nicht mehr, dafür Jeans und Pullover, die sie sich vermutlich von Viktoria geborgt hatten.
„Meine arme Vicky. Warum …?“
„Wir konnten sie nicht davon abhalten“, sagte Lisa. „Sie ist fest entschlossen.“
Sophia lächelte gequält. „Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, ob ihr den Ernst der Lage versteht. Das war ein kaltblütiger Mord, ein Anschlag, der eigentlich Vicky galt. Durch sie hat der Killer erst erfahren …“
„Ich weiß, dass es mein Fehler war“, fiel Viktoria ihr verzweifelt ins Wort. „Darunter werde ich mein ganzes Leben leiden, auch wenn ich jeden Tag um Vergebung bete. Aber ich will, dass es aufhört, weh zu tun.“
„Was genau erwartest du von mir?“
„Dass wir zusammen den Mörder finden.“
Sophia sah ihre Schwester lange an, bevor sie antwortete: „Das ist sehr riskant, und ich weiß nicht, ob du …“
„Ich bin es Martin schuldig.“
„Ja, sie wird es schaffen“, stimmten die Zwillinge zu.
Sophia schüttelte den Kopf. „Leute, das ist kein Abenteuerspiel. Das sind skrupellose Verbrecher, die über Leichen gehen. Ich kann es nicht verantworten, euch
Weitere Kostenlose Bücher