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Das Leuchten der Insel

Das Leuchten der Insel

Titel: Das Leuchten der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McCleary
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dessen schmale Baumstämme sich in den Himmel reckten. Die Luft war mit dem satten, lehmigen Geruch von Verfall und neuem Leben erfüllt.
    »Mein Haus liegt gleich da auf der Anhöhe«, erklärte Jim und zeigte auf einen Hügel landeinwärts, unmittelbar hinter der Farm. »Und das meiner Mom liegt hier am Wasser.« Susannah sah ein kleines, mit grauen Schindeln gedecktes Haus, das auf die Bucht hinausblickte.
    »Das ist ja ein richtiges Anwesen«, sagte Susannah.
    Jim erwiderte grinsend: »Aber klar doch! Bill Gates, Paul Allen, die Pavalaks – wir haben alle unseren Grundbesitz auf den San Juans.« Er wandte sich Quinn zu: »Euer Haus wurde in den Zwanzigerjahren erbaut. Man erzählt sich, dass die ursprünglichen Besitzer hier Alkoholschmuggel betrieben haben.«
    »Alkoholschmuggler!«, rief Quinn.
    Jim lächelte: »Wir haben viele Jahre hier gewohnt. Dann habe ich vor drei Jahren unser neues Haus gebaut. Wir wollten etwas Einfacheres haben.«
    Susannah starrte die Hütte an, die in Tilton sofort als »abbruchreif« eingestuft worden wäre.
    »Unsere neue Bleibe hat fünfundfünfzig Quadratmeter«, berichtete Jim. »Wir haben eine solarbetriebene Wasserpumpe für den Brunnen, einen Holzofen zum Heizen und eine Kombination aus Solarmodulen, Generator und Batterien für den Strom. Klein, effizient, gemütlich und billig – wir lieben unser Häuschen.«
    Susannah sah ihn an. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass eine vierköpfige Familie auf fünfundfünfzig Quadratmetern wohnte.
    »Wachstum um des Wachstums willen ist die Ideologie der Krebszelle«, sagte Jim, als habe er ihre Gedanken gelesen.
    »Was?«
    »Ed Abbey. Ich bin ein Fan von ihm.«
    Susannah versuchte, das alles zu begreifen. »Wenn er mir jetzt noch erzählt, dass sie ihren Abfall selbst kompostieren, reise ich ab«, dachte sie. Sie ging zur Laderampe des Pick-ups, um beim Entladen zu helfen, und sah in ein paar Hundert Metern Entfernung unterhalb des Hauses, in dem sie für die nächsten neun Monate wohnen würden, die Bucht durch die Bäume. Ein großer Erdbeerbaum wuchs auf einer Klippe über dem Wasser. Seine rote Rinde schälte sich in gewundenen Streifen von dem darunterliegenden glatten weißen Stamm. Holztreppen führten zu einem Steg. Die späte Nachmittagssonne war durch die Wolken gebrochen und warf eine glitzernde Spur aus diffusem Licht über das Wasser. Sie sah nach oben und erblickte einen Habicht, der mühelos leicht über den Bäumen am Rand der Bucht kreiste.
    Sie spürte, wie jemand sie in die Seite stupste. Als sie ihren Blick senkte, sah sie Quinn.
    »Das ist cool hier, Mom«, sagte er. »Wo sind die Hühner?«
    Sie legte den Arm um ihn und musterte sein hübsches sommersprossiges Gesicht. »Das weiß ich nicht«, erwiderte sie. »Vielleicht hinter dem Haus. Du kannst nach ihnen suchen, nachdem wir ausgepackt haben.«
    Sie ging um den Wagen herum, wo Katie an der Fahrerkabine lehnte und nach Steinen trat, während Hood und Baker sie mit Fragen bombardierten.
    »Warum seid ihr hergekommen?«, »Wie war es in deiner Schule?«, »Hast du ein iPhone?«, »Hast du X-Men gesehen?«
    »Woher wisst ihr von X-Men ?«, fragte Katie.
    »Na, woher wohl! Wir können lesen«, entgegnete Baker. »Wir haben das Internet, und wir bekommen jede Woche Zeitungen. Dachtest du, das hier wäre das Ende der Welt, oder so?«
    »Ich weiß nicht«, gestand Katie. »Das hier war die Idee meiner Mom.«
    »Ach nee«, meinte Hood. »Das ist ziemlich offensichtlich.«
    »Nun komm«, sagte Susannah und wies mit dem Kopf auf die Gepäckstücke, die Jim vom Pick-up auf das Gras gestellt hatte. »Lass uns das Zeug ins Haus tragen.«
    Hood und Baker nahmen jeder ein Teil und folgten ihrem Dad ins Haus. Quinn war bereits drinnen.
    Katie blieb zögernd vor dem Eingang stehen. »Ich kann’s noch immer nicht fassen, dass du mich hierhergebracht hast«, sagte sie, während sich Susannah einen Koffer griff. »Es gibt hier nur zwei Kinder in meinem Alter. Zwei! « Sie machte eine Pause, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen. »Ich kann noch nicht mal irgendjemandem zu Hause etwas simsen, weil mein Handy kaum funktioniert. Das ist absolut unfair. Du versuchst, alles zu kontrollieren, sogar noch mehr, als du das zu Hause gemacht hast.«
    »Was ich zu kontrollieren versuche, Kate«, gab Susannah zurück, »ist deine Neigung, leichtsinnige, gefährliche Dinge zu tun. Ich versuche, dich am Leben zu erhalten, bis du das Urteilsvermögen hast, bessere Entscheidungen zu

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