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Das Leuchten der Insel

Das Leuchten der Insel

Titel: Das Leuchten der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McCleary
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kleine Stimme in ihrem Kopf. »Du machst immer alles falsch.« Manchmal erkannte sie in Katies Worten plötzlich das Echo der barschen, tadelnden Stimme wieder, mit der ihr Vater nach ein paar Drinks immer gesprochen hatte. Für eine Weile war diese Stimme verstummt: Während der ersten Jahre, in denen ihre eigenen Kinder noch klein waren, wusste sie durch die Art, wie sie sie liebte und wie sie sich entwickelten, dass sie etwas richtig machte. Aber während des vergangenen Jahres hatte Katie – durch ihre Worte, ihre verächtlichen Blicke, ihre Geringschätzung allem gegenüber, was Susannah sagte, tat und dachte – diese brüllende Stimme zurückgebracht, und Susannah wusste nicht, wie sie sie jetzt wieder zum Schweigen bringen sollte.
    Jemand klopfte ans Fenster.
    »Sie sind da!«, rief Quinn und stand so schnell auf, dass er an den Tisch stieß und fast seinen Saft umkippte. »Ich sehe Baker.«
    Quinn und Katie ergriffen ihre Jacken und Schultaschen und waren zur Tür hinaus, bevor Susannah die Möglichkeit hatte, Katie dazu zu bringen, ihr Hemd zu wechseln oder etwas zum Frühstück zu essen. Mit einem Seufzer drückte Susannah den Stempel der Presskanne nach unten und goss sich eine Tasse Kaffee ein. Sie setzte sich an den Tisch, legte die Hände um die Tasse und fühlte dankbar die Wärme. Zum ersten Mal war sie jetzt allein in dem stillen, stillen Haus. Dies war es, wofür sie sich entschieden hatte; dies war es, was sie wollte. Und jetzt, wo sie es hatte, war sie sich nicht sicher, dass sie es tatsächlich wollte.
    »Wie haben Sie das denn hier raufgekriegt?«
    Susannah stand auf einem Grasflecken auf der Spitze von Crane’s Point. Vor ihr war ein gut acht Meter langes Boot auf ein kurzes Gestell aus Holz und Stahlrohren aufgebockt. Sein Rumpf war weiß und hatte am oberen Rand einen blauen Streifen. In der Mitte befand sich ein breites Steuerhaus, das mit einem marineblauen Segeltuchdach abgedeckt war. Hinten stand in goldenen Buchstaben auf schwarzem Grund der Name Gota . Dies war das Gebilde auf der Spitze der Klippe gewesen, das Susannah bemerkt hatte, als sie gestern in die Bucht gefahren waren.
    Barfuß blickte finster drein. Er stand schuhlos auf dem Boot, die Baumwollhose über die Knöchel hochgekrempelt, unempfindlich für den kalten Wind, der an Susannahs Haar zerrte und ihre Wangen rötete.
    »Was zum Teufel spielt das für eine Rolle?«, fragte er. »Es ist hier, und es muss aufgearbeitet werden.«
    Susannah war mit Bettys Pick-up den Berg hochgefahren, um Barfuß abzuholen, der kein Auto besaß. Sie wollten runter zum Anlegesteg und dann mit dem anderen Boot von Barfuß, das in der Bucht vor Anker lag, nach Friday Harbor fahren. Sie hatte den Wagen am Ende der langen Schotterstraße geparkt und war die leichte Steigung hochgegangen, nur um plötzlich dieses absurde Bild von Barfuß an Deck der Gota vor sich zu haben.
    »Was genau machen Sie daran?«
    »Die Holztäfelung in der Kabine überarbeiten, einen Tisch und ein paar Borde bauen, die Abflussrohre für die Spüle und die Haupt …« Barfuß hielt inne und sah sie an. »Warum? Kennen Sie sich mit Booten aus?«
    »Lieber Gott, nein«, antwortete Susannah. »Ich bin seit mehr als dreißig Jahren nicht mehr auf einem Boot gewesen.«
    »Na gut«, sagte Barfuß. Er legte den Kopf in den Nacken und warf ihr aus den Augen unter seinen dichten, struppigen Brauen einen abschätzenden Blick zu. »Sie sind eine merkwürdige Frau. Ich werde nicht recht schlau aus Ihnen.« Er schüttelte den Kopf. »Ach ja, ich muss noch meine Brieftasche holen. Kommen Sie mit runter zum Haus.«
    Das kleine weiße Cottage von Barfuß lag etwas tiefer, links von der Spitze der Klippe. Susannah betrat die grau gestrichene Veranda, auf der Toby lag und schlief, und folgte Barfuß ins Haus. Einen Augenblick lang blieb sie verblüfft stehen. Der Raum war rechteckig, hatte eine Reihe von Fenstern an der Front, weiße Wände und einen Kamin. Also nichts Außergewöhnliches. Aber über dem Kaminsims erstrahlte eine wunderschöne indische Miniaturmalerei in intensiv leuchtenden Farben, ein Teeservice aus Sterlingsilber reflektierte das durch die Fenster fallende Licht, und zwei makellose Chippendale-Stühle standen rechts und links vom Kamin. Weitere erlesene Gegenstände – ein Set Minton-Porzellan, ein aus Stein gemeißelter Buddhakopf, eine Perlenkette aus Jade – schmückten den Raum. Unter ihren Füßen lag eine Seidenbrücke mit detailliert dargestellten Blättern und

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