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Das Leuchten der Insel

Das Leuchten der Insel

Titel: Das Leuchten der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McCleary
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sind Sie? Fünf Jahre alt? Sie können ein Auto fahren, dann können Sie auch das Boot fahren.« Er legte einen Schalter um. »Das ist die Batterie. Die schalten Sie zuerst ein. Das hier« – er zeigte auf einen roten Knopf – »regelt die Benzinzufuhr. Sie drücken ihn rein, bevor Sie den Motor starten. Der Rest ist wie beim Auto: Sie drehen den Schlüssel um und starten den Motor.« Er drehte den Schlüssel um, und der Motor erwachte tuckernd zum Leben. »Es ist ein Dieselmotor mit zweihundertsechzig PS. Die Spitzengeschwindigkeit liegt bei knapp dreißig Meilen die Stunde. Sie kontrollieren das Ding, es kontrolliert nicht Sie. Sind Sie je geritten?«
    Susannah nickte.
    »So ein Pferd hat einen eigenen Verstand und eigene Ansichten. Wie gut Sie auch reiten mögen, ein Pferd kann dennoch Dinge tun, die Sie überraschen. Nicht dieses Boot. Sie bestimmen, was geschieht. Das Schlimmste, was es selbst tun kann, ist, seine Funktion einzustellen. Und mit einem Dieselmotor wie diesem ist das nicht wahrscheinlich.«
    Sie bestimmen, was geschieht. An jenem Tag hatte ihr Dad bestimmt, was geschah. Er hatte hinter dem Steuer des Boots gestanden.
    Barfuß blieb neben ihr, während sie ein Gefühl für das Steuerrad bekam, und er zeigte ihr, wie man die Drossel betätigte. Sie versuchte, nicht an Janie und die hellorangefarbene Schwimmweste zu denken, und atmete erneut tief durch.
    Barfuß fuhr das Boot rückwärts aus seinem Liegeplatz heraus und trat beiseite, damit Susannah das Steuer übernehmen konnte. Die Emma-Jeanne fuhr gelassen geradeaus und hob und senkte sich sanft mit den Wellen, wobei der Motor beruhigend brummte. »Gar nicht so schlecht«, dachte Susannah. Aber Barfuß musterte ihre das Steuer umklammernden Hände, aus denen die Knöchel weiß hervortraten, und sagte: »Hier.« Mit seiner knochigen Hand griff er vorn in seinen Parka und zog einen silbernen Flachmann hervor. Er drehte den Verschluss ab und reichte Susannah das Fläschchen.
    »Was ist das?«
    »Meine Herzmedizin. Die wird Sie beruhigen.«
    »Herzmedizin?« Sie roch an der Öffnung. »Was ist das?«
    »Sie stellen wirklich einen Haufen Fragen.« Barfuß nahm ihr den Flachmann ab und trank einen großen Schluck. Dann wischte er sich den Mund mit dem Handrücken ab und hielt ihr das Fläschchen erneut hin.
    Sie sah es an. »Es sind bloß ein paar Bier«, hatte ihr Vater gesagt. »Nichts, womit ich nicht umgehen kann.«
    »Hier.«
    Barfuß nahm ihr das Steuerrad ab, während sie trank. Der Whiskey wärmte sie, und dann war da noch eine Süße. Zucker? Orangensaft?
    »Ich hoffe, dass ich davon nicht seekrank werde«, meinte sie.
    »Ich hoffe ebenfalls, dass Sie davon nicht seekrank werden«, versicherte ihr Barfuß. »Aber das Wichtigste ist: Immer über die Reling kotzen.« Er trat zur Seite, sodass sie das Steuerrad wieder übernehmen konnte, und dann nahm er einen weiteren tiefen Schluck, drehte die Verschlusskappe wieder auf den Flachmann und steckte ihn in seine Jacke zurück.
    Sie hatten jetzt die Bucht verlassen und waren auf dem offenen Meer. »Also Ihre Schwester ist ertrunken, ja?«, fragte Barfuß. »Ist sie über Bord gegangen?«
    Susannah nickte benommen. Sie würde Barfuß nicht beschreiben, wie Janie über Bord gegangen war. Sie hatte es nie jemandem außer Matt erzählt.
    »Gut. Dann lassen Sie uns durchdenken, was passiert, wenn jemand über Bord geht.«
    »O Gott, nein.«
    Barfuß starrte sie an. »Sie wollen nicht darüber sprechen?«
    Susannah hielt den Blick auf den Bug und die grauen Wellen vor dem Boot gerichtet. »Nein«, entgegnete sie. »Ich bin nicht daran interessiert, diesen Tag noch einmal zu durchleben.«
    »Herr im Himmel! Niemand bittet Sie, Ihr Herz auszuschütten. Ich sage Ihnen bloß, was zu tun ist, wenn Sie auf einem verdammten Boot sind und jemand über Bord geht. Sie wohnen jetzt auf einer Insel. Sie haben zwei Kinder. Ob es Ihnen gefällt oder nicht, Sie werden eine Menge Zeit bei allen Arten von Wetter auf Booten verbringen. Wenn Sie damit nicht umgehen können, dann sollten Sie, sobald wir in Friday Harbor ankommen, auf die nächste Fähre springen und nach Hause fahren. Ich werde Ihre Kinder dann hinterherbringen.«
    »Okay. Sie haben recht.« Das Boot tuckerte gleichförmig vor sich hin, und die Dünung war sanft, selbst im offenen Meer jenseits der Bucht.
    »Also«, erklärte Barfuß, »das Erste, was man tun muss, ist zeigen und schreien.« Er sprang hoch, schrie: »Mann über Bord!« und zeigte auf die

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