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Das Leuchten der Insel

Das Leuchten der Insel

Titel: Das Leuchten der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McCleary
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geschlafen hatte. Sie dachte an die frühen Morgenstunden auf Sounder, in denen sie neben ihm im Bett gelegen und sich zufrieden gefühlt hatte. Sie dachte an Annette Fahlstrom und an die Frau in dem gelben Kleid.
    »Ich will Bill sehen«, sagte sie zu Bobbie. »Ich will ihm das Baby zeigen.«
    Bobbie schüttelte den Kopf und wollte etwas sagen, aber Betty streckte eine Hand nach ihr aus und griff ihren Arm.
    »Es ist gut. Ich weiß, was ich tue. Es wird nicht noch einmal passieren.«
    Bobbie sah sie an: »Du bist noch verrückter als Mel. Natürlich wird es wieder passieren. Er ist ein Betrüger, Bets.«
    »Aber es wird mir von nun an egal sein«, dachte Betty.
    Sie malte sich nicht die Lippen an und richtete sich auch nicht die Haare, bevor Bill hereinkam. Als er in ihr Krankenhauszimmer trat, spürte sie kein plötzliches Verlangen, sondern eine Welle der Vertrautheit, ähnlich der, die sie in ihrer Kindheit jedes Mal empfunden hatte, wenn sie durch die Eingangstür ihres Elternhauses auf Queen Anne Hill gegangen war. Er wirkte dünner als bei ihrer letzten Begegnung im November, war gebräunt und hager. Er trug ein blaues Chambray-Arbeitshemd und Khakihosen und hatte sein dunkles Haar mit Wasser zurückgekämmt, damit es flach anlag; aber es war so lang, dass die Locken dennoch unter seinen Ohren hervorquollen.
    Betty wollte Bill nicht zu lange ansehen. »Ich habe ihn James genannt«, teilte sie ihm mit und schlug die blaue Decke zurück, sodass Bill das Gesicht des Babys sehen konnte. »Aber wahrscheinlich werden wir ihn Jimmy rufen.«
    Bill sagte minutenlang nichts. Sie fühlte, wie seine Augen lange auf ihr ruhten, aber sie sah nicht zu ihm hoch. Als er merkte, dass sie keinen Augenkontakt zu ihm aufnehmen wollte, trat er dichter an ihr Bett und musterte das Baby in ihren Armen.
    »Mein Gott, Betty. Er ist so klein. – Ist das normal?« Bills Stimme klang erst verwundert, dann besorgt.
    Betty lächelte: »Ja. Er hat bei seiner Geburt 3,8 Kilogramm gewogen, mehr als der Durchschnitt.«
    »Und ist alles gut mit ihm? Wird alles mit ihm in Ordnung sein?«
    Der Verlust der Zwillinge hatte Bill ebenfalls zutiefst getroffen. Betty legte das Baby in ihren Schoß und stützte seinen kleinen Kopf mit ihren Knien. Dann schlug sie die um ihn gehüllte Decke auf, sodass Bill seine kräftigen Beine und Arme und seine perfekt ausgebildeten Finger und Zehen sehen konnte. »Ja, diesem kleinen Kerl fehlt nichts.«
    Bill betrachtete seinen Sohn. »Seine Augen sind grau.«
    »Sie werden sich verändern. Sie können braun werden wie meine oder grün.«
    »Findest du, dass er mir ähnelt?«
    »Ich hoffe nicht«, dachte Betty, »weil mir das jeden Tag das Herz brechen würde.« Aber sie sagte: »Ich weiß nicht. Ich glaube, es ist zu früh, um das beurteilen zu können. Bobbie sagt, dass ihre Tochter Macy sechs Monate lang ganz genau aussah wie Dick und dann begann, ihr zu ähneln.«
    Bill hob seinen Blick und sah sie an: »Betty …«
    Sie stoppte ihn mit einer Handbewegung. »Pst. Sprich es nicht aus. Es gibt wirklich nichts, was du sagen könntest, um an dem, wie es ist, etwas zu ändern.«
    Sie wickelte das Baby wieder ein und streichelte seinen Kopf, worauf es in ihrem Schoß langsam einnickte.
    »Aber dies hier, ein Baby zu haben, das ändert alles«, sagte Bill.
    Betty sah zu ihm hoch. »Schatz, ich wünschte, das wäre wahr, aber ich weiß, dass es das nicht ist.«
    Ihr war inzwischen klar, dass Bill eine Schwäche für andere Frauen hatte und dass sich daran nie etwas ändern würde. Und sie hatte eine Schwäche für Bill, und auch daran würde sich vermutlich nie etwas ändern. Diese Schwächen, die sie hatten, waren etwas, das sie teilten. Aber sie hatte jetzt dieses Baby und musste alles in ihrer Macht Stehende tun, um es gut aufzuziehen.
    »Ich habe viel nachgedacht«, sagte Betty. »Ich will nicht zur Arbeit gehen und das Baby den ganzen Tag allein lassen. Bobbie hat gesagt, dass sie sich um ihn kümmern würde, aber sie und Dick haben bereits Macy, die sie versorgen müssen, und sie wünschen sich noch ein Kind, also wäre das nicht fair.« Sie lechzte nach einer Zigarette, aber die Krankenschwester hatte ihr ihre weggenommen. »Hast du was zu rauchen?«
    Bill zog eine Packung aus der Brusttasche seines Hemdes und schüttelte eine Zigarette für sie heraus und zündete sie ihr an. Sie nahm einen tiefen Zug, der sie beruhigte.
    »Ich kann keine Stelle finden, die mir genug einbringt, um mir eine eigene Wohnung zu

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