Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)
auf der Veranda, mit einem Gin Tonic für mich und einem Stengah für Roland. Cookie macht uns köstliche Appetithäppchen, und wir tauschen Neuigkeiten aus.
Letzten Freitag gab es viel Aufregung wegen einer Schlange, die man, um einen Krug zusammengerollt, in der Wäscherei fand. Es war ein riesiges Tier, bunt gemustert, und ich glaube, auch gefährlich. Aber der Gärtner hat ihr mit einem Parang – das sind diese scharfen Macheten, mit denen sich die Leute den Weg durch den Dschungel bahnen – den Garaus gemacht. Allmählich, glaube ich, gewöhne ich mich ein bisschen mehr an den Gedanken, dass wilde Tiere in der Nähe sind. In den Kautschukbäumen sieht man zwar vor allem Vögel, aber nachts hört man Affen kreischen. Manchmal gehen wir auf einen Aperitif oder zum Abendessen zu Rolands Vater ins Herrenhaus hinüber. Er erzählt liebend gern Geschichten von seinen Jagdausflügen – und zeigt uns zum Beweis seine Trophäen! Rings um uns ist Dschungel, wer weiß, was für Biester dort hausen? Zwar ist die Plantage hauptsächlich im Sekundärwald entstanden, aber ich habe das Gefühl, wenn die Plantage nicht gepflegt und der Dschungel zurückgedrängt werden würde, wären wir im Nu zugewuchert, und wer wüsste dann noch, dass wir jemals hier waren? Aber das sage ich Roland natürlich nicht. Es hat die Elliotts so viel Mühe gekostet, Utopia aufzubauen.
Hamid, der Chauffeur meines Schwiegervaters, hat uns ein paarmal nach Slim River gefahren. Man braucht über eine Stunde dorthin, aber es war sehr interessant in dieser kleinen farbenfrohen Stadt mit ihren vielen Buden und einheimischen Essensständen. Roland isst gern lokale Spezialitäten wie Murtabak, was ein bisschen wie eine Apfeltasche aussieht, aber mit gewürztem Fleisch und Eiern, eingelegtem Gemüse und Gurke gefüllt ist. Neulich habe ich einen sehr leckeren Ikan Bakar gegessen – einen gegrillten Fisch aus der Region. Wie Du siehst, lerne ich auch ein paar Brocken Malaiisch. Zurzeit reden die Bediensteten für meinen Geschmack zwar noch viel zu schnell und mit so einem komischen Singsang, aber ich komme schon noch dahinter!
Roland kennt einen wunderschönen Wasserfall und heiße Quellen in der Gegend, aber er sagt, man kommt sehr schwer dorthin.
Ich habe sogar angefangen, einen Garten anzulegen. Wenn wir andere Plantagen besuchen – immer eine willkommene Abwechslung – bringe ich jedes Mal armeweise Ableger mit zurück. Die Gärten der älteren Bungalows sind mitunter ganz hinreißend, und alles wächst hier ungeheuer schnell. Unsere englischen Freunde staunen immer, wie rasch die Pflanzen in die Höhe schießen.
Dr. Hamilton kam letzte Woche zum Lunch vorbei, er lässt Dich herzlich grüßen. Und ich habe mit der Frau des Bezirksverwalters Tennis gespielt. Du hast sie ja bei meiner Hochzeit kennengelernt, Mutter, ich soll Dich auch von ihr grüßen. Sie hofft, dass Du und Vater uns in nicht allzu ferner Zukunft hier besuchen werden!
Richte Bette bitte meine Glückwünsche zu ihren guten Prüfungsergebnissen aus. Ihr Kunstkurs klingt überaus reizvoll.
Der Hausdiener hat mir soeben meinen Nachmittagstee und wirklich vorzügliche Scones gebracht. Cookie ist ein begnadeter Bäcker! Und nein, ich habe nicht das Gefühl, übermäßig verwöhnt zu werden, denn ich leiste durchaus auch meinen Teil, und Roland ist sehr davon angetan, wie glatt der Haushalt läuft. Allerdings genieße ich durchaus den Luxus, dass ich dabei auf Hilfe zählen kann und mir all die lästigen Arbeiten im Haushalt erspart werden! Mutter, denk bitte an die bunten Knöpfe, die zu dem Stoffmuster passen, das ich Dir geschickt habe. In Slim River gibt es einen ausgezeichneten Schneider, und bei dem lasse ich mir ein leichtes Seidenkostüm für das bevorstehende Rennen in Kuala Lumpur fertigen. Das wird ein großes gesellschaftliches Ereignis werden. Roland will dabei zwar auch Geschäftliches erledigen, aber wir freuen uns darauf, ein paar Tage mit Freunden in der Stadt zu verbringen.
So weit für heute,
Deine Dich liebende Tochter
Margaret
Margaret schrieb jede Woche nach Hause und schilderte ausführlich ihre Erfahrungen und Erlebnisse. Doch in ihrem nächsten Brief in die alte Heimat gab es nur eine einzige aufregende Neuigkeit: Sie erwartete ein Kind.
Kapitel 4
Port Swettenham, 1940
A m Hafen herrschte geschäftiges Treiben. Gummi, Kopra, Ananas und Holz aus den großen Handelshäusern wurden in riesigen Netzen zur Ausfuhr auf die Decks der Frachtschiffe verladen.
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