Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)
ihren Garten inspizierte und Philip hinter seinem Vater herwackelte. Nachdem Bette sich gewaschen und umgezogen hatte, ging sie auf die Veranda und genoss die Aussicht.
Margaret gesellte sich zu ihr und ließ sich seufzend in einen der Korbstühle sinken. »Diese Leute lassen wirklich alles verwahrlosen, sobald man ihnen den Rücken kehrt. Leider sind mehrere Sträucher eingegangen. Und das Unkraut! Wenigstens ist der Küchengarten in Ordnung. Ich vermute, Cookie hat da ein Auge drauf, weil Gemüse nützlicher ist als Blumen.«
Bette drehte sich zu ihrer Schwester um. »Margie, hier ist es märchenhaft. Umwerfend. Da draußen … nichts als Dschungel auf diesen Bergen. Was für eine wildromantische Landschaft.«
»Wild ist zutreffend. Ich bin einmal durch den Wald gewandert. Einmal und nie wieder. Dabei habe ich mich nicht einmal weit von der Zivilisation entfernt, und trotzdem war mir nicht wohl.«
»Ich würde so gern den Urwald erkunden. Glaubst du, Roland könnte das arrangieren? Du hast doch von den Jagdausflügen geschrieben, die er und sein Vater gemacht haben …«
»Bette! Du weißt doch gar nicht, wie man mit einem Gewehr umgeht.«
»Ich will ja auch nicht schießen. Nur mitgehen und die Wildnis sehen, sie erleben. Ich würde so gern den Dschungel zeichnen, die Vögel und die anderen Tiere. Und Szenen aus den Dörfern, an denen wir unterwegs vorbeigekommen sind.«
»Aus den Kampongs? Wozu denn das? Entspann dich, Bette. Du kannst hier eine Menge andere Dinge unternehmen. Wir gehen mindestens ein- bis zweimal die Woche in unseren Club zum Tennis oder Bridge, und auf den anderen Plantagen gibt es eine Menge Partys. Du wirst haufenweise Junggesellen kennenlernen, aber pass auf, dass dir so viel Aufmerksamkeit nicht zu Kopf steigt. Frag einfach Roland, der kann dir sagen, wer in Frage kommt«, riet Margaret.
»Ich suche doch keinen Ehemann!«, rief Bette. »Ich halte mich einfach an Eugene. Ich wette, er hat eine Million Geschichten auf Lager.«
»Mr. Elliott«, korrigierte Margaret. »Bette, übertreib es nicht. Es gehört sich nicht, so ungestüm auf die Leute zuzugehen. Wir sind hier schließlich nur eine Insel, eine Art Oase der Zivilisation in einer höchst primitiven Umgebung.«
»Das gefällt mir ja gerade«, entgegnete Bette. »Ich würde gern Forschungsreisende werden wie die mutigen Frauen im 19. Jahrhundert.«
»So ein Unsinn«, meinte Margaret. »Willst du dich nicht kurz hinlegen, bevor wir uns im großen Haus zum Aperitif treffen?«
»Ich mache lieber mit Philip einen Spaziergang durch den Garten. Du hast doch gesagt, er hat eine Schaukel?«
»Sieh nur zu, dass du nicht völlig verschwitzt bist, wenn wir dann rübergehen.«
Nach wenigen Tagen hatte sich die Nachricht von der Ankunft eines hübschen jungen Mädchens bei den ledigen Plantagenaufsehern, Offizieren und Beamten herumgesprochen. Im Club herrschte plötzlich sehr viel mehr Leben als sonst. Bette war als Partnerin beim Tennis, beim Kartenspielen und bei Tanzabenden sehr gefragt. Eine ganze Reihe junger Männer lud sie zum Picknick ein oder begleitete sie auf Ausflügen nach Slim River und zu anderen Sehenswürdigkeiten. Und alle waren begeistert von ihrem unbeschwerten Lachen und ihrer Fröhlichkeit.
Margaret, die sich über die Beliebtheit ihrer Schwester freute, sah sich allerdings auch als ihre Beschützerin. Roland wirkte amüsiert und neckte Bette gern mit den jungen Männern, die plötzlich den Weg nach Utopia fanden, doch er achtete genau darauf, dass sich nur geeignete Verehrer um Bette bemühten.
Ihrer Schwester versicherte Bette, wie gern sie bei ihr war und Dinge mit ihr unternahm, die sie seit ihrer Kindheit nicht mehr getan hatten. Wenn sie sich für gesellschaftliche Ereignisse oder auch zwanglosere Treffen in Schale warfen, dachte Margaret an die Regentage zurück, an denen sie und Bette sich mit Winifreds abgelegten Sachen verkleidet hatten. Bette erinnerte sich außerdem an die Brettspiele, die sie sonntagabends gern gespielt hatten, und als sie in einem Bücherschrank einen Stapel alter Puzzles und Spiele von Roland entdeckte, schlug sie vor, Philip ein einfaches Leiterspiel beizubringen.
»Dafür ist er doch noch viel zu klein. Da spielt er lieber mit der Amah Murmeln«, meinte Margaret.
»Ich dachte nur, dass es bestimmt Spaß machen würde, ein Spiel mit ihm zu spielen. So wie wir früher. Weißt du noch, wenn es geregnet hat oder am Sonntag nach dem Abendessen?«
»Ja. Probier’s, wenn du
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