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Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)

Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)

Titel: Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Kopf. »Sie machen mir eine Freude damit. Und bringen Sie ruhig Ihren Skizzenblock mit.«
    Als Margaret von dem Plan hörte, wollte sie sich ebenfalls anschließen. »Er ist immerhin mein Schwiegervater«, sagte sie zu Bette.
    So bekamen die Schwestern einige Winkel der alten Hauptstadt zu sehen, von denen Margaret, die schon mehrmals in Penang gewesen war, nichts geahnt hatte. Bette war fasziniert, wie gut Eugene Georgetown kannte.
    »Penang gehörte zum Königreich Kedah, wurde aber im späten 18. Jahrhundert ein britischer Handelsposten, als Captain Light die Festung einnahm und die Insel für die Ostindienkompanie beanspruchte«, erklärte Eugene, als Hamid sie durch die Light Street fuhr. »Die Legende berichtet, dass er, um das Land zu roden, eine Kanonenladung Münzen in den Dschungel feuern ließ. In hektischer Suche nach dem Geld fällten die Einheimischen die Bäume in Rekordzeit, und so wurde Georgetown gegründet. Seht ihr das abgezäunte Stück unter den Frangipani-Bäumen? Dort liegt Light begraben. Der christliche Friedhof sieht leider ein bisschen vernachlässigt aus.«
    »Die Stadt wirkt nicht so ordentlich und durchgegeplant wie Singapur«, stellte Bette fest. »Mir gefällt es, wie die Straßen in alle Richtungen abzweigen.«
    »Viele Straßen wurden bestimmten Gruppen zugeteilt: den chinesischen Kaufleuten, den Eurasiern, den Europäern, den Indern und später den Armeniern, den Acehnesen und den Leuten aus Sumatra. An den Straßen erkennt man die jeweilige Kultur. Man kann einen ganzen Tag damit zubringen, ihre verschiedenen Tempel, Moscheen und Kirchen zu besuchen«, sagte Eugene.
    »Ich hoffe, dass ich noch einmal herkommen kann«, meinte Bette. »Hier könnte ich tagelang herumlaufen.«
    »Sie dürfen nicht vergessen, Pausen einzulegen und die verschiedenen Spezialitäten zu probieren, damit Sie nicht schlappmachen«, riet Eugene.
    »Davon würde ich abraten«, rief Margaret. »In diesen Garküchen am Bordstein geht es bestimmt nicht besonders hygienisch zu.«
    Bette lachte. »Ach, Margie, wo ist deine Abenteuerlust geblieben? Das macht doch bestimmt Spaß.«
    Eugene sprach mit Hamid, der nickte und in eine Seitenstraße bog.
    »Wir machen einen kleinen Abstecher«, sagte der alte Herr.
    Sie hielten in einer engen Gasse mit interessanten Läden. Eugene stieg aus und ging zu einem Ledergeschäft, wo er den Inhaber begrüßte, der rauchend vor der Tür stand. Die beiden Frauen betrachteten das kleine Schaufenster, in dem perlenbesetzte und bestickte Schläppchen und Pantoletten aufgereiht waren.
    »Schau mal, Margaret, das sind die schönen Schuhe, die die Chinesinnen zu ihrem Cheongsam tragen.«
    »Die Malaiinnen tragen sie zu Sarong und Kebaya«, erklärte Margaret, die sich inzwischen gut auskannte.
    »Die sind so hübsch«, schwärmte Bette.
    »Kommt rein«, sagte Eugene, während der Ladeninhaber beflissen voraneilte.
    »Sie möchten Schuhe sehen?« Der Inhaber verbeugte sich vor den Schwestern.
    »Zeigen Sie ihm Ihren Fuß, Bette«, forderte Eugene sie auf.
    Erstaunt beobachtete Bette, wie der Inhaber etwas größere Schuhe aus braunem Papier wickelte. »Seht euch diese Pantoffeln an!« Sie betastete die zierlichen grünen Seidenschuhe, die mit Perlen besetzt und mit einem Blumenmuster bestickt waren. »Sind die schön!«
    »Probieren Sie sie an«, sagte Eugene.
    »Sie haben Ledersohle, sehr stark«, versicherte der Inhaber.
    »Die sind traumhaft.« Bette griff nach dem Geldbeutel in ihrer Handtasche. »Ich muss sie kaufen.«
    Eugene legte seine Hand auf die ihre. »Darf ich Ihnen diese Kleinigkeit schenken? Charlotte mag diese Schuhe auch sehr gern, und sie wären ein nettes Andenken für Sie.« Er griff in die Tasche, während der Inhaber ihn mit einem chinesischen Wortschwall überschüttete. Ganz offensichtlich wollte er kein Geld.
    »Zeigen Sie ihnen die alten Schuhe«, bat Eugene schließlich.
    Der Inhaber holte eine Schachtel hervor, öffnete sie und nahm aus dem Seidenpapier die winzigsten Brokatstiefelchen, die Bette und Margaret je gesehen hatten. Sie waren nicht länger als Margarets Handfläche, Schnürsenkel und Sohle waren aus Leder.
    »Sie sehen aus wie Puppenschuhe!«, rief Bette.
    »Diese Schusterei hat über hundert Jahre lang Schuhe für die eingebundenen Füße der chinesischen Damen angefertigt«, erklärte Eugene. »Ein entsetzlicher Brauch. Er sollte die Frauen attraktiver machen. Man brach die Fußknochen und band die Füße ein, so dass sie nicht wachsen konnten.

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