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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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geschossen sein. Ich werde sein Bild nicht mehr los, und jedes Mal,
    wenn er in meiner Vorstellung auftaucht, ist es mit meiner Seelenruhe dahin.
    Ich hoffe, ich werde ihm nie wieder begegnen ... und zugleich hoffe ich, dass
    er morgen kommt. Ach, Vera, noch nie im Leben habe ich eine solche Seelenqual
    empfunden. Ich bete, dass ich ihn vergesse ...
    Deine Emma
    Sie steckte den Brief in
    einen Umschlag, klebte ihn zu und legte ihn in die Schublade zurück. Sie würde
    ihn der nächsten Postkarawane mitgeben.

12
    Die Männer hockten um
    das knisternde Feuer, über ihnen glänzte die gebogene Klinge des Mondes.
    Flackerndes Licht tanzte über ihre braunen Gesichter mit der hohen Stirn und den
    breiten Nasenflügeln. Jalyuri warf einen Blick über die Köpfe der anderen
    hinweg zu Mani. Beruhigt stellte er fest, dass sie schlief. Sie hatte heute
    über Bauchschmerzen geklagt, und die alten Frauen hatten bedenklich den Kopf
    geschüttelt.
    „Warum sterben die
    Rinder?“ Die Frage stellte der Älteste. Er hatte wie die anderen die Beine
    gekreuzt und kaute Pituri. „Das waren die Männer, die gegraben haben. Sie haben
    die Regenbogenschlange gestört“, sagte Nooma-Nooma, der zähe Läufer mit dem
    schmalen Gesicht, in dem die großen Augen unter der hohen Stirn stets etwas
    Erschrecktes hatten. Dabei war er ein tapferer und keineswegs ängstlicher Mann.
    Jalyuri wusste sofort, welche Männer Nooma-Nooma meinte. Er hatte seit seiner
    Rückkehr nichts von seiner Tat erzählt.„Die Männer sind tot“, sagte er jetzt,
    ohne die anderen anzusehen. „Sie können die Regenbogenschlange nicht mehr
    stören.“ Er spuckte sein zerkautes Pituri in die Flammen, die das mit Speichel
    durchweichte Kraut zischend verzehrten. Alle Augen richteten sich auf ihn. Der
    Älteste warf ihn einen scharfem Blick zu. „Warst du das, Jalyuri?“
    Jalyuri berichtete über
    die Reise mit den Männern und über die Nacht, in der er den Anführer getötet
    hatte. Der Alte nickte mehrmals und kaute sein Pituri. Es verstrich einige
    Zeit, bis er etwas sagte. „Das könnte heißen, ihr Gott rächt sich an uns. Was
    meinst du, Wirinun?“ Der Medizinmann wiegte seinen Oberkörper, während er die
    Flammen beobachtete. Jalyuri spürte einen Kloß im Hals wachsen. Wenn der
    Älteste Recht hatte, dann trug er, Jalyuri, die Schuld am Tod der Rinder. Er
    hatte den Gott der Weißen erzürnt. Das ist nicht das Land der Rinder“, krächzte
    die Stimme des Medizinmanns. „Wir dürfen sie nicht schlachten. Das haben uns
    die Weißen verboten. Wenn die Rinder sterben, dann bedeutet das: Die Schuld
    liegt bei den Weißen.“ Jalyuri atmete auf. „Aber wenn die Rinder sterben, dann
    haben auch wir kein Fleisch zu essen“, sagte nun One Leg. „One Leg hat Recht!“
    Nooma-Nooma nickte eifrig, und seine großen Augen wurden noch größer. „Die
    Rinder haben den Kängurus das Gras weggefressen. So gibt es kein Kängurufleisch
    mehr. Es gibt nur noch Rinderfleisch. Und wenn es kein Rinderfleisch mehr gibt,
    dann haben auch wir kein Fleisch mehr.“ „Ja“, sagte One Leg, „Wenn die Rinder
    sterben, dann werden auch wir bestraft!“ „Also tragen auch wir Schuld!“,
    schloss Nooma-Nooma daraus und suchte im Gesicht des Ältesten nach Zustimmung.
    Jalyuri hoffte, der Älteste würde den Kopf schütteln, aber er wurde enttäuscht.
    „Ja“, sagte der Älteste, „so wird es sein. Wirinun?“
    Wirinun wiegte noch
    immer seinen Oberkörper. Als er nicht antwortete, wussten alle, dass er die
    Ahnen und die Geister befragte. Man durfte ihn dabei nicht stören. Die Männer
    kauten weiterhin ihr Pituri. One Legs Kopf sackte auf seine Brust, und er begann zu
    schnarchen. Er war im Sitzen eingeschlafen. Der Älteste malte mit dem Finger
    Linien in den Sand, verwischte sie und malte sie wieder neu. Und Jalyuris
    Gedanken drehten sich im Kreis. Er hatte den weißen Mann getötet, und die Rinder,
    die Fleisch lieferten, starben. Für ihn schien der Zusammenhang klar. Aber er
    wusste, dass er nicht die richtigen Schlüsse ziehen konnte, das vermochte nur
    Wirinun. So starrte er in die Flammen und wartete. Irgendwann hob Wirinun den
    Kopf. Er war zu ihnen zurückgekehrt, obwohl seine Augen durch sie hindurch
    irgendwo in die Ferne sahen. Jalyuri schluckte vor Aufregung. Was würde Wirinun
    gehört und gesehen haben? „Die Rinder sterben durch den Geist des singenden
    Mannes.“
    Jalyuri unterdrückte ein
    erleichtertes Aufstöhnen. Singenden Mann nannten sie

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