Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)
Palmen, der weißen
Kirche und den Geisterbäumen, deren Blätter leise im Wind flüsterten.
„Außerdem“, fügte nun Mr. Bundle hinzu, „falls Sie als Krankenschwester in
Stuart bleiben, kommen Sie sicher öfter hierher.“ Emma sah ihn erstaunt an.
„Oh, die Shaws haben uns von dem Vorschlag erzählt, den sie Ihnen gemacht
haben.“ Die Bundles lächelten sie
an. „Hier bleibt nichts geheim.“
An ihrem letzten Morgen
in Neumünster ging Emma auf den Friedhof zu Pauls Grab, um Abschied zu nehmen.
Die Sonne warf lange Schatten und tauchte die Erde in ein sanftes rosafarbenes
Licht. Vor dem weißen Kreuz blieb sie stehen.
„Paul, ich gehe fort. Es
war uns nicht beschieden, miteinander glücklich zu werden. Vielleicht hatten
wir einfach eine andere Aufgabe zu erfüllen, nicht wahr? Leb wohl, Paul. Leb
wohl. Mögest du endlich deinen Frieden gefunden haben.“
Da kam ein warmer
Windstoß auf, und Emma wusste, dass er sie gehört hatte. Sie ging, ohne noch
einmal zurückzusehen, zum Haupthaus zurück, wo Eric schon den Wagen mit ihren
Habseligkeiten belud. Sorgfältig verschnürte er die beiden Koffer, damit sie
auf der holprigen Strecke nicht hinunterfielen. Die Bundles standen dabei und
sahen zu. Sie kamen in einem geschlossenen Zug, wie damals beim ersten Besuch
in der Kirche, die übrigen Bewohner von Neumünster. Der Älteste nickte ihr in
feierlichem Ernst zu, und sie erinnerte sich an ihre Ankunft, als sie sich so
fremd vorgekommen war. Obwohl sie noch immer so wenig über das Leben dieser
Menschen wusste, fühlte sie sich jetzt eng mit ihnen verbunden. Alle standen
sie da, Amboora, Mani, die Jidi an die Brust gedrückt hatte, Isi, Mamuru mit
Wadi, Petrus-Jalyuri und Jungala, und sogar Wirinun konnte sie in der Menge
ausmachen.
„Wir sehen uns wieder“,
sagte Isi, und Emma wusste, dass sie Recht behalten würde. Da trat
Amboora vor. Emma sah
sie überrascht an. „Missus Emma kann doch sicher Hilfe in Krankenhaus
gebrauchen“, sagte die junge Frau und sah sie mit ihren dunklen Augen an. Emma
warf einen Blick zu den Bundles. Die nickten. „Wir kommen schon zurecht.“ „Hast
du deine Sachen?“, fragte Emma. Amboora zog einen zusammengeschnürten Karton
hinter dem Rücken hervor und lächelte. „Eric“, fragte Emma, „haben wir noch ein
Plätzchen im Auto frei?“ Eric nickte lachend, machte eine einladende Geste zum
Wagen, und Amboora stieg unter großem Hallo der anderen ein.
Emma sah noch einmal in
die Gesichter der Menschen, von denen sie so viel erfahren hatte. Jetzt war sie
ganz sicher, dass ihre Entscheidung richtig gewesen war. Sie hob die Hand zum
Gruß und beeilte sich, neben Eric Platz zu nehmen. „Fahren Sie los, sonst fange
ich fürchterlich an zu heulen!“ Eric zwinkerte ihr verständnisvoll zu und trat
aufs Gas.
Als sie abfuhren, drehte
Emma sich doch noch einmal um. Alle Bewohner Neumünsters standen da und sahen
ihr nach. „He, Sie kommen ja wieder her!“, sagte Eric aufmunternd. „Ich kann
Sie ab und zu mitnehmen. Die Wasserleitung soll doch geplant werden! Außerdem
werden Sie bestimmt ein paar Krankenbesuche hier machen!“
Sie wischte eine Träne
weg. Als sie sich zu Amboora umsah, lächelte diese sie glücklich an, und Emma
erinnerte sich, wie verschüchtert und ängstlich Amboora, damals noch als
Martha, im weißen Hausmädchenkleid zum ersten Mal vor ihr gestanden hatte.
„He!“, rief Eric nach
einer Weile und deutete durch die staubige Windschutzscheibe. „Sehen Sie da
vorn die dunkle Wolke?“ „Ein Sandsturm?“ So schnell wollte sie nicht wieder
einen erleben. „Nein!“ Er strahlte über das ganze Gesicht. „Es regnet in Stuart! Stellen Sie sich das
vor! Das gibt es doch nicht! Mitten im Sommer! Und der Wind treibt die Wolken
in unsere Richtung!“
„Wirklich?“ „Ja!“ Eric nickte heftig. „Schauen Sie genau hin!
Hier wird’s bald regnen! Wir sollten uns wirklich beeilen! Außerdem erwartet
Dr. Flynn Sie schon ganz ungeduldig!“ Er lachte ausgelassen und trat das
Gaspedal durch. Da legte sich Ambooras Hand auf Emmas Schulter und drückte sie
fest, und als Emma sich umdrehte, sah sie in Ambooras schwarz glänzende Augen,
die ihr den letzten Zweifel nahmen. Das ist mein Weg, dachte sie, sog tief die
reine Luft ein und sah hinüber zu den Bergen. Es war die Zeit, in der sie
purpurn zu leuchten begannen.
Einen ganzen Tag und
eine ganze Nacht prasselte der Regen auf das Land um Stuart und
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