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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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erstickte
    sie. Sie stürzte zu Paul, überzeugt, dass er gestorben war, doch er atmete,
    wenn auch schwer, und seine Haut war heiß und pochte. „Herr“, betete sie, „ich
    will alles tun, was du von mir verlangst, aber bitte, lass ihn am Leben!“

16
    Als sie aufwachte, lag
    das diffuse Grau des Morgens im Zimmer. Der Morgen war tröstlicher als die
    Nacht, auch wenn er neue Angst weckte. Doch diese Angst war hell und greifbar,
    die alte Angst aus der Nacht hingegen war dunkel und abgründig geworden. Paul
    schlief tief, aber unruhig. Sein Atem ging schnell, seine Stirn war heiß.
    Amboora brachte Tee, leise und scheu, wie es ihre Art war. Sie wagte nicht, Paul
    anzusehen, und eilte rasch wieder hinaus. Emma bat John, bei Paul zu bleiben,
    während sie nach den anderen Kranken sah. Manis Zustand hatte sich nicht
    verändert, und sie hielt die Frauen an, weiterhin Wickel gegen das Fieber zu
    machen. Zwei weitere Männer waren krank geworden. Als Emma sich ihnen nähern
    wollte, wurde sie durch einen groben Zuruf des Ältesten zurückgehalten. Sie
    konnte sehen, dass Wirinun in der Hütte der Kranken verschwand.
    Im Laufe des Tages fiel Paul
    immer öfter in Fieberträume, aus denen er zitternd aufschreckte. Ab und zu
    phantasierte er, zitierte Bibelstellen, dann wieder murmelte er
    Unverständliches. Sein Mund war trocken, seine Augen glänzten glasig, die
    Wangen waren hohl und selbst die Kupferfarbe seines Haars schien verblasst. Aus
    dem Nebenzimmer drangen die dumpfen Schläge des Uhrenpendels. Stimmen und Rufe,
    das Bellen der Hunde, Schritte und Ambooras Geräusche beim Hantieren im Haus
    hatten keine Bedeutung mehr in ihrer, Emmas, Welt, die sie nur mit Paul teilte.
    Sie hatte ihm vergeben.
    Irgendwann am
    Nachmittag, die Farben im Haus waren wärmer geworden, hörte Emma ihren Namen
    flüstern. Amboora stand neben ihr und
    sah sie aus ihren glänzenden schwarzen Augen aufgeregt an. „Was ist,
    Amboora?“ Amboora senkte sogleich ihren Blick, als schämte sie sich. „Wirinun
    hat gesund gemacht“. Emma brauchte eine Weile, bis sie die Bedeutung der Worte
    begriff. Wirinun, der Medizinmann, hatte Kranke geheilt? Wann? Von welcher Zeit
    sprach Amboora, meinte sie die Vergangenheit? Wie sollte sie die Frage stellen?
    „Hat er Mani geheilt?“ Amboora sah auf und nickte eifrig. Auf ihrem sonst so
    ernsten und meist sorgenvollen Gesicht konnte Emma einen Hauch von Fröhlichkeit
    erkennen. „Wirinun, der Medizinmann, hat Mani wieder gesund gemacht, und die
    anderen Kranken auch?“ Wieder nickte das Hausmädchen. War so etwas möglich? Und
    was bedeutete gesund gemacht ? Waren
    sie vielleicht ins Jenseits zu den Ahnen hinübergegangen? Sind sie am Leben?,
    wollte Emma fragen, doch da war Amboora
    schon hinausgegangen. „Amboora! Bitte, hol Mister John!“, rief sie ihr nach. Bald darauf hörte
    sie schnelle Schritte. Es war John.
    „Was ist?“ Er warf einen
    besorgten Blick auf Paul. „Mani und die Kranken sollen wieder gesund sein.“
    „Nun ...“ Er brach ab und sah zu Boden. „Soll das heißen, Sie wussten das
    längst und haben es mir nicht gesagt?“ „Aber nein!“ Er machte rasch eine
    abwehrende Handbewegung. „Emma ...“ Er kam näher, und sein beschwichtigender
    Ton machte sie noch unruhiger. „Es
    ist ...“ „Was?“ „Also, es scheint Mani und den anderen Kranken tatsächlich
    besser zu gehen. Aber ...“ „Aber was ?“
    Ihr Ton war brüsk, das hörte sie selbst. Er sah sie zweifelnd und unsicher an.
    „Wirinun soll sie geheilt haben“, sagte Emma. „Nun ... das wird behauptet, ja,
    aber ... aber wir wissen doch, dass die Eingeborenen viel behaupten. Sie sind
    oft wie Kinder, nehmen ein kleines, unbedeutendes Ereignis und bauschen es zu
    einem Wunder auf! Und sieht man näher hin, ist gar nichts dahinter.“ Er
    schüttelte den Kopf. „Nein, Emma, geben Sie sich nicht falschen Hoffnungen hin.
    Sie sind doch Krankenschwester! Sie wissen doch am besten, dass sich Typhus
    nicht durch Zaubersprüche heilen lässt!“ „Dann nützen unsere Gebete also auch
    nichts ...“ Bestürzt sah er sie an. Bevor er etwas erwidern konnte, war sie
    schon aufgestanden. „Ich bin gleich wieder zurück“, sagte sie und eilte hinaus.
    Tatsächlich konnte sie
    bei ihrem Rundgang keine weiteren Krankheitsfälle feststellen. Mani ging es
    wirklich besser, und sie hörte von Isi, dass Wirinun bei ihr gewesen sei. „Hat
    sie gesund gemacht“, sagte sie mehrmals. „Wirinun.“ „Was hat er

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