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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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und
    eine Scheibe Brot auf den Teller. Amboora war schon zu Bett gegangen. Sie war
    den ganzen Tag auf den Beinen gewesen, und Emma hatte darauf gedrungen, dass
    sie sich ausruhte. Zwei Tote und drei Erkrankte, das war die Bilanz des Tages.
    Mühsam würgte sie einen Bissen Hammelfleisch hinunter.
    John war in Gedanken
    versunken. Ein paarmal hatte sie das Gefühl, er wollte etwas sagen, aber dann
    schwieg er doch. Es war still, bis auf das regelmäßige Schlagen der Pendeluhr.
    Sie zuckte zusammen, als er das Besteck weglegte. „Emma“, er räusperte sich und
    blickte ihr fest in die Augen. „Ich muss etwas mit Ihnen besprechen ... Ich
    fürchte ... etwas Unangenehmes...“ Müde hob sie die Schultern und ließ sie wieder
    fallen. „Sagen Sie es. Ich denke nicht, dass mich noch etwas erschüttern kann.“
    Er nickte ein paarmal, schwieg aber. „Was ist es?“ „Nun ... die Situation ist
    nicht gerade einfach ...“ „Das ist wohl niemandem entgangen, John. Worum geht
    es?“ „Also gut: Wir können so nicht weitermachen.“ „Was soll das heißen, John?“
    Sie verstand nicht. Er sah kurz auf seine Hände, dann in ihre Augen. „Emma, wir
    brauchen Hilfe. Paul ist krank. Beten wir, dass er es übersteht ... Emma ...“
    Er zögerte. „... Ich glaube, wir sollten ehrlich sein.“ „Und?“ „Ich mache mir
    Sorgen um Sie. Mir ist nicht entgangen, wie Paul Sie behandelt ...“ Er wurde
    nervöser. „Nun, ich ... Emma, verstehen Sie denn nicht? Ich kann nicht mit
    ansehen, wie Sie leiden!“
    Was sollte sie erwidern?
    Plötzlich fühlte sie sich unendlich erschöpft. Als seien ihr eben erst all die
    Anstrengungen der letzten Monate bewusst geworden. Sie nahm den besorgten
    Ausdruck in seinen dunklen Augen wahr. Auch er war am Ende seiner Kräfte. Seine
    Wangen waren eingefallen, und seine Augenhöhlen schienen noch tiefer und
    dunkler geworden zu sein. Natürlich war ihm nicht entgangen, wie Paul sie
    behandelte. „Soll ich denn aufgeben, John?“ Er wandte den Blick ab und holte
    tief Luft. „Ich könnte Sie nach Stuart bringen.“ „Und dann?“, fragte sie. Sein
    Blick wanderte zum Fenster, vor dem die Dunkelheit stand. „Sie könnten nach
    Adelaide ... in ein Krankenhaus ... Emma, überlegen Sie es sich. Sie haben vielleicht noch eine Wahl ...
    Manche von uns haben keine mehr.“ Er sprach nicht weiter, und sie wollte nicht
    weiter fragen. „Nein, John“, sagte sie, „auch ich habe bereits gewählt. Ich
    gebe nicht einfach auf.“
    Da nahm er auf einmal
    ihre Hand, und sie ließ es zu. Vielleicht weil sie zu schwach war, um sich zu
    widersetzen, vielleicht weil sie sich danach sehnte ... nach menschlicher Nähe
    und Wärme. „Erinnern Sie sich noch an den Marsch durch die Wüste?“, sagte er
    leise. „Ja, natürlich“, flüsterte sie, und die Erinnerung, die sie sich
    verboten hatte, kehrte zurück. „Da haben wir auch nicht aufgegeben.“ Sie
    schüttelte den Kopf. „ Ich sende einen
    Engel vor dir her “, sagte er leise, „ damit
    er dich auf deinen Wegen behüte und dich an den Ort führe, den ich bestimmt
    habe ... Ich bin für Sie da“, sagte er noch und legte ihre Hand wieder
    zurück auf den Tisch. Sie wollte etwas sagen, aber sie konnte nicht. Sie fühlte
    sich benommen, benommen von seiner Nähe, von den Ereignissen, von ihren Ängsten
    und Erinnerungen und Gefühlen, und so nickte sie nur und sagte: „Ich sehe nach
    Paul.“

    Verwirrt ging sie ins Schlafzimmer,
    stellte eine Lampe auf den Nachttisch und setzte sich auf die Bettkante. Paul
    schlug die Augen auf. „Wie geht es dir?“, fragte sie, und sie merkte irritiert,
    dass ihre Gedanken bei John waren. Er legte seine Hand auf ihre. Sie brauchte
    sein Fieber nicht zu messen, sie fühlte, dass es hoch war. „Emma“, flüsterte
    er, „ich tue das alles nur für die Kirche.“ „Ich weiß“, sagte sie, obwohl sie
    nicht ganz sicher war, was er meinte. „Die Menschen benutzen jede ...“ Das
    Sprechen fiel ihm schwer. „Psst. Du darfst dich nicht anstrengen.“ Sie strich
    ihm über die heiße Stirn. So würde sie es bei jedem Patienten machen, dachte
    sie. Wäre sie bereit, noch einmal von vorn anzufangen, ohne Lügen? „... jede
    Gelegenheit“, sprach er weiter, „um Gott lächerlich und unsere Kirche schlecht
    zu machen. Das war schon immer so.“ „Ja, ich weiß“, sagte sie, um ihn zu
    beruhigen. Ihr ging es jetzt nicht um die Kirche, sondern allein um ihn. Egal,
    wie er sie behandelt hatte und was er vor ihr

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