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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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schlief sie ja, hatte sich nach all der
    Aufregung hingelegt.
    Von einer plötzlichen
    Unruhe getrieben, eilte sie wieder hinaus, hastete zur Treppe und von dort zur
    Kabine von Hilde Friedrich. Als sie nur noch wenige Meter entfernt war, öffnete
    sich die Tür und Paul kam heraus. Sie brauchte nicht zu fragen. Der Ernst auf
    seinem Gesicht verriet ihr, dass etwas geschehen war ... Paul nahm sie in die
    Arme und hielt sie fest. Hinter ihm schoben sich zwei Sanitäter mit einer
    Bahre, auf der ein weißes Leintuch die Formen eines Körpers verbarg, aus der
    Kabine. Unfähig, etwas zu sagen, starrte Emma der Bahre nach, bis die Sanitäter
    am Ende des Flurs verschwunden waren. „Sie hat Gift genommen. Es muss kein
    angenehmer Tod gewesen sein.“ Emma schluckte schwer. „Woher hatte sie es?“ Paul
    hob fragend die Augenbrauen. „Vielleicht hatten sie mit so etwas gerechnet.“ Er
    seufzte. „Wieso hast du gewusst, dass ...?“ Sie schreckte davor zurück, die
    Worte auszusprechen. Er zuckte müde die Schultern. „Gott spricht leise zu uns.
    Er gibt uns Zeichen, und wenn wir aufmerksam sind, erkennen wir sie –
    aber ich kam zu spät“, fügte er leise und bitter hinzu. „Ach, Paul.“ Sie
    streichelte seine sommersprossige Hand, die in ihrer lag. „Es war ihre Entscheidung. Du musst dir nichts
    vorwerfen.“ Er sah auf sie herunter, mit seinen blauen Augen, in denen
    plötzlich Tränen standen. Dass ihm der Tod der schweigsamen Ehefrau des
    dicklichen Geschäftsmanns so nahe ging, überraschte sie. Ich weiß noch so wenig
    von ihm, dachte sie.
    Sie setzten sich auf
    eine Bank im Windschatten eines Deckaufbaus. Die Turbinen stampften in
    beruhigender Gleichmäßigkeit, geradlinig pflügte der Bug durch die glatte See,
    Vögel stießen hinunter ins Wasser, und irgendwann glaubte Emma weit in der
    Ferne Delfine aus den Wellen springen zu sehen. Wie nah liegen doch Leben und
    Tod beieinander, ging es ihr durch den Kopf, und sie lehnte sich an Pauls
    Schulter. „Paul, glaubst du, dass wir ein langes gemeinsames Leben haben
    werden?“, fragte sie auf einmal. „Hilde und Ottmar Friedrich hatten ein langes
    gemeinsames Leben. Am Ende konnte Hilde sich kein Leben mehr ohne ihren Mann
    vorstellen.“ „Nur Gott ist der Herr über Leben und Tod. Du darfst nicht töten,
    heißt es. Sie hat sich über Gott hinweggesetzt.“ „Aber wenn die Liebe zu einem
    Menschen stärker ist als die zu Gott?“, fragte sie weiter. „Emma, was stellst
    du nur für Fragen?“ Mit einem zärtlichen Lächeln sah er sie an und schüttelte
    den Kopf. Als er nicht weitersprach, fragte sie: „Paul, liebst du mich
    eigentlich?“ Sie glaubte an seiner Schulter einen leisen Widerstand zu spüren.
    Vielleicht aber bildete sie sich das auch nur ein. „Aber sicher liebe ich dich,
    Emma“, sagte er ruhig. Dann schweifte sein Blick übers Meer. Sie wartete auf
    eine weitere Beteuerung, eine Geste, irgendetwas, das ihr jeglichen Zweifel
    nehmen würde, doch er sagte nichts mehr.

11
    Am Vormittag des
    folgenden Tages fand die Trauerfeier für die Verstorbenen statt. Es war
    windstill, heiß und schwül, und der Himmel war nicht blau, sondern weiß. Wären
    sie auf einem Segelschiff gewesen, hätten sie mitten im Indischen Ozean
    festgesessen. Mehrere hundert Passagiere hatten sich eingefunden, die
    Kopfbedeckungen trotz Hitze und Sonne in der Hand, und lauschten den Worten des
    Schiffsgeistlichen. Neben ihm waren die beiden Särge aufgebahrt, auf denen je
    ein Blumenbukett aus weißen Orchideen lag, die man in Ceylon eigentlich für die
    Tischdekoration und die Ausstattung der Erste-Klasse-Kabinen an Bord gebracht hatte.
    Nach der Trauerfeier, es
    war kurz nach zwölf - Paul blieb zum Lesen an Deck -, ging Emma in die Kabine
    hinunter, um sich ein anderes Kleid anzuziehen, da sie das, das sie trug, noch
    zum Waschen geben wollte. Sie hatte schon das neue hellblaue, luftige und
    natürlich selbst geschneiderte, angezogen und schloss gerade den obersten
    Knopf, als ihr Blick auf einen aus Pauls Koffer heraushängenden Hemdzipfel
    fiel. Sie bückte sich, um den Koffer unter dem Bett hervorzuziehen, damit sie
    das Hemd ordentlich falten und zurücklegen konnte. Doch anstatt das Hemd
    zusammenzulegen und den Koffer wieder zu schließen, befühlten ihre Finger die
    anderen Hemden – warum sie das tat, wusste sie nicht -, glitten zwischen
    den Stoff, zupften hier und da, wurden immer selbstständiger, fanden den Deckel
    eines Buchs, tauchten tiefer

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