Das Leuchten der schottischen Wälder
entließ.
Lena staunte, wie gelenkig, schnell und doch gewissenhaft der schwere Mann bei der Arbeit war.
Gegen Mittag fuhr ein Land Rover mit einem Viehanhänger auf den Hof. Ein gutaussehender Mann im Reitdress stieg aus und begrüßte Lena, die ihm entgegenging. „Ich bin Marc Galiere. Mr. Bruneel hat mir Ihre Anschrift gegeben. Ihre Alpakazucht hat einen guten Namen, Miss Mackingtosh.“
„Danke, Mr. Galiere. Es ist die Zucht meiner Mutter, ich betreue zur Zeit nur die Tiere.“
„Ich habe von dem schrecklichen Unfall gehört. Mein herzliches Beileid.“
„Danke. Wir haben die Jährlinge, für die Sie sich interessieren, in einem besonderen Pferch untergebracht. Der Zehenschneider hat mir dabei geholfen. Wenn Sie mit mir kommen, zeige ich Ihnen die Tiere.“
Mr. Galiere folgte Lena in den Stall, begrüßte die Männer, betrachtete die Herde, die zum großen Teil noch im Laufstall war, und wandte sich dann den Jährlingen zu. Neugierig kamen die Jungtiere an den Zaun und ließen sich kraulen.
„Sie sind ja sehr zutraulich“, begeisterte sich der Besucher.
„Sie haben noch keine schlechten Erfahrungen mit Menschen gemacht. Bis gestern sind die Fohlen in der großen Herde gelaufen, und es wäre schön, wenn sie sich schnell wieder an eine Herde gewöhnen könnten.“
„Ja, das denke ich auch. Ich möchte deshalb auch gleich sechs von Ihren Fohlen kaufen, damit das Zusammengehörigkeitsgefühl erhalten bleibt. Das macht das Eingewöhnen dann für sie leichter.“
„Ja“, erwiderte Lena erfreut. „Es sind sehr sensible Tiere, ich wäre sehr froh, wenn sie zusammenbleiben könnten.“
„Dürfte ich dann auch einen Blick in die Papiere werfen? Der Vorsitzende des Zuchtverbands hat mir gesagt, worauf ich achten soll, damit die Tiere in meine Zuchtlinien passen.“
„Ja, gern, bitte kommen Sie mit, ich habe die Papiere mit den entsprechenden Fotos im Haus.“ Lena führte ihren Gast in den Wohnraum. „Darf ich Ihnen etwas anbieten?“
„Ein Kaffee wäre wunderbar.“
„Gut, dann gehe ich in die Küche und überlasse Ihnen die Papiere hier auf dem Tisch.“
Als sie später mit einem Tablett voller Gebäck und dem Kaffee zurückkam, saß Mr. Galiere über die Papiere gebeugt am Tisch und machte sich Notizen. „Ich habe mich für die braunen und die schwarzen Fohlen entschieden. Sie passen am besten zu meiner Herde, vielleicht nehme ich später weiße und gefleckte hinzu, aber ich will mich in der Zucht nicht verzetteln und langsam mit der Vergrößerung der Herde beginnen. Wie ich sehe, sind die Fohlen geimpft und entwurmt, das erleichtert mir die Übernahme, und ich kann die Tiere sofort in die Herde integrieren. Ihre Mutter war eine sehr sorgsame Züchterin.“
„Ja, sie hatte einen guten Ruf!“, bestätigte Lena und schenkte Kaffee ein.
Eine Stunde später hatte sich Mr. Galiere für drei braune und drei schwarze Tiere entschieden. Er wollte je zwei Stutfohlen und zwei Hengstfohlen, und der Zehenschneider half ihm, die ängstlich gewordenen Tiere auszusuchen und zu verladen.
„Ich weiß vom Vorsitzenden unseres Zuchtverbandes, dass Sie durch den plötzlichen Tod Ihrer Eltern in eine schwierige finanzielle Lage geraten sind“, erklärte Mr. Galiere und ging mit Lena zurück zum Haus. „Wenn es Ihnen recht ist, bezahle ich Ihnen die Alpakas in bar. Das erspart Ihnen den Weg in die Stadt zu einer Bank, und Sie verfügen sofort über finanzielle Mittel.“
Lena nickte. „Es ist mir sehr peinlich, Mr. Galiere, aber diese ganze Situation hat mich auch beruflich aus der Bahn geworfen, und ich bin mit einer Barzahlung sehr einverstanden.“
„Gut, ich will auch nicht lange verhandeln, wir haben in der Alpakazucht feste Preise, und an die halte ich mich selbstverständlich.“ Er legte die Pfundnoten eine nach der anderen auf den Tisch neben die Kaffeekanne, und Lena sah sprachlos zu, wie sich auf ihrem Tischtuch nach und nach ein stattlicher Stoß Geldscheine stapelte. Mein Gott, dachte sie, ich bin gerettet, meine Alpakas sind gerettet, meine Praxis, und ein neuer Gebrauchtwagen ist auch noch drin. Sie hatte Tränen der Dankbarkeit in den Augen, wusste aber auch, dass sie die nicht zeigen durfte. So bedankte sie sich förmlich, als sei täglich mit solchen Einnahmen zu tun, begleitete ihren Gast zu seinem Land Rover, schaute noch einmal in den Anhänger, um sich von den bildschönen Jährlingen zu verabschieden und winkte dem Wagen kurz und höflich nach, als er den Hof verließ.
Da
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