Das Leuchten der schottischen Wälder
in der Praxis nichts zu tun war, kochte Lena von den Resten, die sie in der Vorratskammer und in der Kühltruhe fand, einen Eintopf für die Männer. Als Marc Billon gegen Mittag eine Pause machte, bat sie die Männer nach drinnen zum Essen. „Nein, nein“, wehrte der Zehenschneider ab, „ein Essen im Haus ist nicht nötig. Wir sind schmutzig, verschwitzt, und wir stinken. Wir essen hier draußen auf der Bank, und einen Tisch brauchen wir auch nicht. Wir nehmen die Teller in die Hand, wir wollen auch keine Zeit verlieren.“
Die Männer wuschen sich am Brunnen Hände, Arme und Gesichter, Lena reichte ihnen Handtücher, und danach setzten sich alle vier auf die Bank vor dem Haus und genossen gemeinsam den Eintopf aus einem bunten Gemisch von Gemüseresten und einer Wildschweinkeule. Als Lena ein paar Flaschen Bier aus der Vorratskammer holte, winkte Marc Billon ab. „Kein Alkohol, Miss, wenn Sie einen Krug mit Wasser haben, dann reicht das und vielleicht einen Kaffee, bevor wir weitermachen.“
Kurz vor Sonnenuntergang waren die Männer fertig und die Tiere wieder auf der Weide. Zehn Alpakas mussten allerdings im Stall bleiben. „Die haben entzündete Schwielensohlen“, erklärte ihr Marc Billon, „ich habe die Sohlen eingefettet. Das muss dreimal am Tag gemacht werden, Tom weiß Bescheid und kümmert sich darum. Erst wenn die Wunden vernarbt sind, können die Tiere wieder auf die feuchten Weiden.“
Lena war erschrocken. „Aber wie konnte das passieren?“
„Ach“, tröstete der Zehenschneider die junge Frau, „das passiert leicht. Die Alpakas haben ja keine Hufe wie die Schafe oder die Pferde, sie haben weiche Sohlen, die schon mal einreißen, wenn die Tiere auf harte Steine oder schroffe Felskanten treten. Und die gibt’s hier auf den steinigen Weiden ja zur Genüge. Ist nicht weiter schlimm, muss aber behandelt werden. In einer Woche können die Tiere wieder raus.“
Beruhigt ging Lena mit dem Mann ins Haus und bezahlte ihm seine Rechnung. „Welchen Lohn bekommt Tom?“
„Wenn er hier auf der Farm Essen und Trinken und eine Kammer zum Schlafen bekommt, sollten Sie ihm wenige hundert Pfund im Monat geben. Das ist ein üblicher Lohn für einen Hilfsarbeiter auf dem Land.“
„Danke, Mr. Billon, dann weiß ich Bescheid.“
Lena wusste, dass es oben im Stall neben dem großen Boden, auf dem im Winter Stroh und Heu gelagert wurden, zwei Kammern für Hilfsarbeiter gab. Sie hatte aber keine Ahnung, wie es dort aussah. So ging sie, als Tom zur Weide hinüberlief, um alle Durchlaufgatter zu schließen, die steile Stiege hinauf und besah sich die Kammern. Sie waren sauber, sparsam aber ausreichend möbliert und konnten sofort bezogen werden. Lena holte noch Bettwäsche und Handtücher aus dem Haus, legte eine kleine Decke auf den Tisch und Seife in die Waschschüssel. Wasser würde sich Tom im Stall holen müssen, und essen konnte er bei ihr. Gott sei Dank, dachte Lena zufrieden, das Problem ist gelöst. Als sie ihm das Abendessen hinstellte, setzte sie sich zu ihm in die Küche und besprach mit ihm den Tagesablauf und die verschiedensten Arbeiten, die anfallen würden.
„Tom, die Tiere gehen immer vor. Wenn sie auf der Weide sind, müssen Sie sich um den Garten, den Stall und die Futtervorräte kümmern. Ich möchte, dass der Hof und der Anfahrtsweg immer gepflegt und sauber aussehen.“
„Selbstverständlich, Dr. Mackingtosh. Was passiert mit den Alpakas, die jetzt im Stall bleiben müssen?“
„Mr. Billon hat mir Salbe für die Beine gegeben. Sie müssen ihre Sohlen dreimal am Tag damit einreiben. Wenn Sie es allein nicht schaffen, rufen Sie mich, damit ich sie halte. Außerdem müssen die Tiere, solange sie im Stall stehen, natürlich gefüttert und getränkt werden. Zum Wohnen habe ich Ihnen oben über dem Stall eine Kammer eingerichtet. Um Ihre Wäsche wird sich eine Haushaltshilfe kümmern, ich hoffe, dass ich bald jemanden bekomme, die das dann übernehmen kann.“
„Wird sie auch hier wohnen?“
„Nein, ich möchte eine Frau aus dem Dorf beschäftigen, die morgens kommt und abends geht.“
„Was ist mit den Hunden, sind die friedlich?“
„Ja, sie sind sehr gut erzogen und trainiert. Morgen übe ich mit Ihnen die Kommandos für die Hunde, damit sie lernen, dass Sie der Chef im Stall sind.“
Tom lächelte still vor sich hin. „Chef im Stall, das hört sich richtig gut an.“
„Das ist auch richtig gut, vorausgesetzt, Sie kommen mit der Arbeit zurecht.“
„Ich komme aus
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