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Das Leuchten der schottischen Wälder

Das Leuchten der schottischen Wälder

Titel: Das Leuchten der schottischen Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Canetta
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ist gut besucht. Und was kann ich für Sie tun?“
    „Ich habe Ärger.“
    „Sie haben Ärger? Was hat das mit mir zu tun?“
    „Die Leitung des Sanatoriums in Broklenbeg hat sich offiziell bei mir beschwert, und der Gemeinderat ist sogar sehr verärgert.“
    „Und was geht mich das an?“
    „Die Patienten entziehen sich dem Einfluss der Klinikärzte und laufen zu Ihnen, statt die Verordnungen der dortigen Ärzte zu befolgen.“
    „Ich habe die Patienten nicht eingeladen, herzukommen. Aber wenn sie hier sind, kann ich mich nicht weigern, sie zu behandeln. Meine Pflicht als Ärztin schreibt mir vor, mich um alle zu kümmern, die bei mir Hilfe suchen. Ich kann die Leute nicht einfach wegschicken.“
    „Die Dörfer hier hinterm Benderloch sind auf die Einnahmen aus dem Sanatorium angewiesen. Wir haben vor zehn Jahren dem Bau zugestimmt, weil wir wussten, dass damit Geld in die Gemeindekassen fließt. Jetzt droht man uns mit einer Verlegung nach Fasnacloich, wenn Ihr Konkurrenzverhalten nicht sofort eingestellt wird.“
    „Mein Konkurrenzverhalten? Ich höre wohl nicht richtig.“
    „Wir haben Sie akzeptiert, weil wir einen Arzt für die Einheimischen brauchen und nicht für wohlbetuchte Sanatoriumsgäste, die dort die beste Betreuung haben. Ich kann natürlich verstehen, dass Sie wohlhabende Patienten den armen Bauern vorziehen, aber so war unsere Abmachung nicht gedacht.“
    „Da haben Sie vollkommen recht, Bürgermeister. Aber ich habe die Sanatoriumsgäste nicht hergebeten. Vielleicht sollten die Ärzte dort sich fragen, warum ihnen die Patienten weglaufen. Vielleicht sollten sie ihre Methoden überprüfen. Vorhin sagten Sie sehr richtig, die Patienten laufen zu mir – sehen Sie, ich habe als Erstes angeordnet, dass diese Leute zu Fuß herkommen müssen, weil ich mir überlegt habe, dass ein gesunder Fußmarsch sehr zum Wohlbefinden beitragen könnte. Und weil ich dachte, sie kommen dann nicht. Leider habe ich mich in dieser Beziehung getäuscht. Sie kommen tatsächlich zu Fuß – erschöpft, aber glücklich. Schließlich ist es ein sehr schöner Weg, den sie gehen. Und sie kommen gemeinsam. Es haben sich regelrechte Wandergruppen und Freundschaften gebildet, während sie zuerst alle einsam in ihren dicken Autos vor der Tür hielten. Was ist an so einer Therapie verwerflich?“
    „Natürlich nichts. Und dennoch: Sie entziehen dem Sanatorium die Patienten, und das bringt großen Ärger.“
    „Dann sollte das Sanatorium ähnliche Therapien entwickeln. Ich werde versuchen, die Behandlungen zu beenden, aber dann sollten Sie versuchen, die Bauern von meinem Können zu überzeugen, denn ohne Patienten werde ich hier nicht bleiben.“
    „Ich kann die Bauern nicht zwingen, zu Ihnen zu gehen und nicht zu Colleen in ihrem Cottage. Das müssen Sie schon selbst machen.“
    „Sie machen es sich leicht, Bürgermeister. Sie nehmen mir etwas weg und geben nichts dafür zurück. Das ist nicht fair.“
    „Fair ist die Tatsache, ob wir Geld in der Gemeindekasse haben oder nicht. Die Schule braucht ein neues Dach, das Dorf ein paar Wegweiser, das Rathaus einen neuen Anstrich und der Friedhof endlich einen Zaun, der die Hühner abhält. Das sind die Dinge, die im Gemeinderat zählen und sonst gar nichts.“
    „Bei meinem Antrittsgespräch haben Sie mir nicht gesagt, dass ich hier zu ‚Sonst gar nichts’ zähle. Aber ich habe es jetzt verstanden. Sie können Ihrem Goldesel sagen, dass ich auf seine Patienten verzichten kann.“ Verärgert stand Lena auf. „Danke, dass Sie mich aufgeklärt haben.“
    Auch der beleibte Bürgermeister stand auf. „Nichts für ungut, Miss Mackingtosh, aber ich brauche neben dem Geld in der Kasse auch meinen Frieden im Gemeinderat, das müssen Sie verstehen.“
    Ich muss gar nichts verstehen, dachte Lena verärgert und stellte wieder einmal fest, wie schwierig es war, sich als Frau allein durchsetzen zu müssen. Wo sind die Freunde, wenn man sie braucht, dachte sie enttäuscht, wo ist Bob, und dieser Ranger ist auch verschwunden. Wenn man Hilfe braucht, ist man als Frau allein – trotzdem, ich lasse mich nicht unterkriegen, ich werde kämpfen, und ich werde gewinnen.

Kapitel 15
    Daniel Finerfield putzte seine Sonnenbrille, zog die Bügelfalten seiner Hose glatt und stellte den Sitz eine Stufe zurück. An dem Platz zwischen Steuerrad und Bauch merkte er, dass er wieder zugenommen hatte. Ich muss wirklich aufpassen, dachte er und drehte den Zündschlüssel um. Wenn ich weiter so zunehme,

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