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Das Leuchten der schottischen Wälder

Das Leuchten der schottischen Wälder

Titel: Das Leuchten der schottischen Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Canetta
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Seiner intensiven Nähe etwas entrückt, stieß sie mit ihm an und dachte: Wenn ich ihn schon nicht mehr loswerde, soll er sich wenigstens so betrinken, dass er heute nur noch ans Schlafen denkt. Es dauerte dann auch nicht mehr lange, und sie half ihm seine Beine auf das Sofa zu legen, schob ein Kissen unter seinen Kopf und deckte den bereits eingeschlafenen Sergeant mit einem Plaid zu.
    Und mit Empörung sah der pflichtbewusst durch sein Revier patrollierende Ranger ein ihm bekanntes Polizeimotorrad vor dem Schuppen von Paso Fernando stehen.

Kapitel 14
    Als Lena am nächsten Morgen aufstand und leise hinunterging, um den schlafenden Polizisten nicht zu stören, stellte sie mit Erstaunen fest, dass er bereits aufgestanden und abgefahren war. Das Sofa war wieder hergerichtet, und auf dem Tisch lag ein Zettel mit der Nachricht: „Danke für die Gastfreundschaft, bis dann, Bob.“
    Als sie wenig später aus dem Fenster sah, stellte sie mit Erstaunen fest, dass vor ihrem Haus drei Autos parkten, und Amy Carver, die an diesem Morgen mit ihrer Arbeit bei Lena anfangen sollte, die Haustür weit geöffnet hatte und erwartungsvoll im Vorraum zur Praxis auf sie wartete.
    „Ich habe sie alle ins Wartezimmer gebracht, Dr. Mackingtosh, es sind alles Patienten, die da gekommen sind.“
    Lena, die eigentlich frühstücken wollte, sah die neue Haushaltshilfe verblüfft an. „Aber wer sind die Leute, die Sie ins Wartezimmer gebracht haben?“
    „Na, Patienten, Dr. Mackingtosh, Ihre Patienten. Gutaussehende Herren. Und da die Sprechstunde um acht beginnt, und ich hörte, dass Sie oben fertig sind, habe ich die Tür aufgemacht. Hier ist Ihr Kittel, ich helfe Ihnen damit.“ Sie hielt den Arztkittel in den ausgebreiteten Armen, und Lena schlüpfte hinein.
    „Soll ich erst noch Frühstück machen?“
    „Nein danke, Amy, Patienten haben immer Vorrang.“
    „Aber wenigstens eine Tasse Kaffee? Ich schaue mich in der Küche um, und wenn ich alles gefunden habe, stelle ich ein Kanne mit Kaffee auf die Wärmeplatte, dann können Sie immer zwischendurch mal einen Schluck nehmen.“
    „Danke, Amy.“
    Lena war sprachlos. Als sie zwei Tage zuvor mit ihr gesprochen hatte, war sie gar nicht sicher gewesen, ob die Frau wirklich kommen würde. Amy hatte angedeutet, dass sie sich das Angebot mit der Haus– und Praxisarbeit doch noch überlegen müsse. Und nun war sie plötzlich da. Wunderbar, dachte Lena und ging über den Flur in die Praxis. Drei Herren saßen im Wartezimmer. Lena begrüßte sie alle mit einem freundlichen Händedruck. „Guten Morgen, ich bin Dr. Mackingtosh, wer ist der Erste?“ Einer der Patienten stand auf und nickte.
    „Ich war zuerst hier.“ Lena spürte, dass die drei sich nicht mochten. Da gab es ein Rivalitätsgehabe, das ihr nicht gefiel.
    Sie ging voraus in ihr Sprechzimmer. „Was kann ich für Sie tun?“
    „Mein Name ist Saddler, Rory Saddler, ich bin Patient im Broklenbeg-Sanatorium, ich möchte …“
    Es folgte eine lange Liste von Leiden und Enttäuschungen. Lena hörte zu, und was sie wirklich hörte, waren Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben, mit den Menschen, mit dem Aufenthalt im Sanatorium, mit seinen Ärzten und ihren Behandlungsmethoden.
    Als Frau schüttelte sie verständnislos den Kopf, aber als Ärztin war sie verpflichtet, dem Leiden nachzugehen. Vielleicht war sie wirklich so etwas wie ein Rettungsanker in einer völlig verwirrten Situation. Vielleicht brauchte dieser Rory Saddler andere Hilfe? Sie fragte ihn nach Medikamenten, die er einnahm, stellte fest, dass sein Blutdruck in Ordnung war und beendete das Gespräch nach einer guten halben Stunde.
    Sie verordnete ihm viel Bewegung an der frischen Luft und versprach, während ihrer Sprechstunde immer Zeit für ihn zu haben, wenn er ihren Rat brauche. Auf keinen Fall wollte sie riskieren, auch in ihrer Freizeit beansprucht zu werden, denn es sah ganz danach aus, als suche der Mann einfach Abwechslung vom Sanatoriumsalltag. Als sie ihn schließlich verabschiedete, sagte sie: „Und wenn Sie das nächste Mal kommen, wandern Sie hierher. Das Auto lassen Sie im Sanatorium, denn die Bewegung wird Ihnen sehr gut tun.“
    Verblüfft sah Saddler die junge Frau an. Noch nie hatte ihm jemand gesagt, er solle seine Füße benutzen statt des Autos. Und Lena dachte: Er wird es sich zwei Mal überlegen, ob er dann kommt.
    Zu den beiden Wartenden hatte sich eine Dame gesellt. Lena bat einen nach dem anderen in ihr Sprechzimmer und stellte fest, dass die

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