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Das Leuchten in der Ferne: Roman (German Edition)

Das Leuchten in der Ferne: Roman (German Edition)

Titel: Das Leuchten in der Ferne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linus Reichlin
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erreichte, war hier eine imposante Erscheinung, aber sie waren zu dritt, und sie zogen einen Kreis um ihn, der enger wurde. Martens bot dem mit dem schwarzen Turban eine Zigarette an und sagte, statsu noom za dai?
    Es war der einzige Satz auf Pashto, den er beherrschte, wie heißen Sie?, und selbst wenn sie Tadschiken waren: Diesen Satz verstanden sie. Tatsächlich verwirrte es die Männer, dass er in ihrer Sprache redete, damit hatten sie nicht gerechnet.
    Miriam telefonierte, hastig flüsterte sie ins Handy.
    Der, der vorhin Fock Amrika gesagt hatte, schlug Martens die Zigarettenpackung aus der Hand. Der mit dem schwarzen Turban hob die Zigaretten auf und steckte sie ein.
    Moritz, sagte Martens und zeigte auf sich. Er hatte zehntausend Dollar in der Tasche. Wenn sie es gewusst hätten, wäre er schon tot gewesen. Statsu noom za dai?, fragte er den mit der Pakol, der ihm jetzt am zugänglichsten schien, er hatte ein fein geschnittenes Gesicht und einen offenen Blick. Aber der Mann reagierte nicht, und der Fock Amrika bellte Miriam an. Er riss ihr das Handy aus der Hand und drohte ihr einen Schlag an. Aber noch wagte er es nicht.
    Sag ihnen, dass ich dein Bruder bin, sagte Martens, und dass wir mit Soldaten hier sind.
    Miriam sagte etwas zu den Männern, sie lachten höhnisch.
    Der Alte mit dem Herrgotts-Bart kam hinzu, er zeigte auf Martens und sprach mit einer gefährlichen Ruhe, gelassen und ohne Zorn, er verkündete ein Urteil.
    Der mit dem schwarzen Turban spuckte Martens ins Gesicht.
    Martens schlug zu, sie durften den Respekt vor ihm nicht verlieren. Er traf den Mann an der Stirn, brachte ihn aber nicht zu Fall. Mit dem nächsten Schlag traf Martens das Kinn, und nun fiel der Mann rücklings hin. Die beiden anderen entfernten sich ein paar Schritte, aber es war keine Flucht. Sie drehten sich um, mit Messern in den Händen.
    Miriam rannte davon.
    Martens blickte ihr nach, mit dem Gefühl unsäglicher Enttäuschung.
    Sie rannte davon. Miriams flatternder Tschador, und Staub stieg unter ihren Schuhen auf, während sie flüchtete.
    Eine Scheißwelt, dachte Martens.
    Er wandte sich wieder den Männern zu, die auf den richtigen Moment lauerten. Das ist also mein Tod, dachte er. Aber sein Tod war nicht umsonst, er hielt die Männer auf, damit Miriam sich in Sicherheit bringen konnte. Er verzieh ihr, sie tat das Richtige, und er auch. Das Richtige war das, was man tat, wenn einem keine andere Wahl blieb.
    Der mit dem schwarzen Turban versuchte, wieder auf die Füße zu kommen. Martens versetzte ihm einen Tritt in die Rippen, und er fiel wieder hin.
    Die beiden anderen begannen, Martens zu umkreisen, sie zeigten ihm ihre Messerspitzen. Martens war gezwungen, sich auf sie zu konzentrieren, er konnte nicht auch noch auf den Alten achten, der wo war? Hinter ihm, aber Martens merkte es zu spät. Von hinten packte der Alte ihn mit erstaunlicher Kraft. Martens konnte sich aus der Umklammerung dieser dünnen, sehnigen Arme nicht befreien. Der Alte keuchte, sein Atem pfiff. Martens trat gegen das Schienbein des Alten, wie ein Pferd schlug er aus.
    Die Sonne stand über den Bergen. Zwei Wolken kämpften um den Platz in ihrer Nähe. Ein paar Kinder standen plötzlich auf der Straße, und eine Frau in einer Burka huschte aus der Mauertür und scheuchte die Kinder ins Innere zurück. Der Bösartigste von allen, der Fock Amrika, setzte Martens das Messer ans Kinn, und der Alte drehte Martens die Arme auf den Rücken. Sie schoben ihn vorwärts. Sie wollen es nicht auf der Straße tun, dachte Martens.
    Er war tot.
    Sie würden seine Leiche in den Fluss werfen. Er hatte nur noch einen Wunsch: dass sie es nicht filmten. Er wollte nicht, dass sein Tod in einem Video auf YouTube zu sehen war. Das wäre unendlich schäbig gewesen, er ertrug den Gedanken nicht. Er dachte, gib ihnen das Geld, die zehntausend Dollar, sag ihnen, dass du noch mehr hast. Aber wie es ihnen sagen?
    Miriam!, schrie er.
    Er hätte mit ihnen verhandeln, sich freikaufen können, wenn sie ihn nicht im Stich gelassen hätte! Wie sie weggerannt war, mit fliegenden Beinen, ohne ein Wort! Aber nein, dachte er, nein, sie holt die Soldaten, sie holt bestimmt die Patrouille!
    Die Männer drückten ihn an die Mauer, einer öffnete die Tür. Warum bringen die mich überhaupt um?, dachte Martens, er hätte es wenigstens gerne noch vorher erfahren.
    Und dann hörte er Miriam rufen: Moritz!
    Sie war nicht allein, ein Mann war bei ihr. Nur einer, und kein deutscher Soldat, ein

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