Das Leuchten in der Ferne: Roman (German Edition)
zu kochen, der vom Gestank eines Tierkadavers verpestet war. Ihr Leben war oft sehr umständlich.
Der Bau der Bombe tat den Männern gut, er stimmte sie zuversichtlich. Nach wochenlangem Marsch durch die Berge erfüllte sich nun endlich das Versprechen auf einen entscheidenden Schlag. Alle schauten zu, wie Mirwais Drähte bog. Dilawar sagte in sein Funkgerät ein einziges Wort. Er wartete und wiederholte das Wort. Das Funkgerät rauschte. Er sagte das Wort erneut, und wieder nur Rauschen. Er hustete, sagte das Wort, horchte in das Rauschen, versuchte, den Husten zu unterdrücken, umso heftiger brach er hervor. Dilawars Keuchen, als er Luft holte. Er wandte sich ab, würgte beim Husten etwas aus sich heraus und spuckte es auf die Steine.
Alle schauten hin.
Es war zu dunkel, um zu erkennen, was es war. Aber als Dilawar sich wieder dem Feuer zudrehte, konnte man seinem Gesicht ansehen, dass er auf der Zunge schmeckte, was er ausgehustet hatte, und dass es ihm Angst machte.
Die 7
Frühmorgens zogen die Männer los, sie gingen mit ihren Waffen in den Nebel hinein und lösten sich darin auf, bis nichts mehr von ihnen übrig blieb. Wäre man auf der Straße in einem Lastwagen unterwegs gewesen, so hätte man vielleicht geahnt, dass sich im Nebel etwas verbarg, und man hätte trotz der schlechten Sicht die Geschwindigkeit erhöht, um schneller von hier wegzukommen.
Pason, Martens und Khyber waren zurückgeblieben, und auch Ehsanullah, dem es nicht gut ging, er ächzte hinter den Bäumen. Nach einer Weile tauchte er auf, kauerte sich hin und jammerte. Er presste sich beide Arme um den Leib. Khyber brachte ihm Tee, aber Ehsanullah wollte nicht trinken. Er stand auf und verschwand wieder hinter den Bäumen, man hörte sein oh-oh, oh-oh. Kurz vor dem Aufbruch war Omar hinter das Gehöft gerannt, um sich zu erbrechen, und in der Nacht hatte einer der Männer im Schlaf seine Hose verunreinigt, sie flatterte jetzt am Ast eines Baumes, Khyber hatte sie noch in der Nacht im Fluss gewaschen.
Wen wollen sie in die Luft sprengen?, fragte Martens.
Puppen, sagte Pason.
Was meinst du mit Puppen?
Puppen, sagte Pason.
Meinst du afghanische Polizisten?
Immer fragst du, sagte sie, ja, ja, einen Militärwagen mit Polizisten. Sie war bleich.
Hast du gestern auch von den Eiern gegessen?, fragte Martens.
Eine Stunde später nahmen die Männer, aus dem Nebel kommend, wieder Gestalt an. Sie kehrten mit leeren Händen zurück, müde, missmutig, krank. Einige legten sich hin, andere eilten zu den Bäumen. Dilawars blutleeres Gesicht, die blau verfärbten Lippen, er sprach auf Omar ein, nach jedem Wort musste er Atem holen. Vor zwei Tagen, während des Marsches zur Straße, war Dilawar oft stehen geblieben, selbst das Bergabgehen hatte ihn angestrengt. Er hatte versucht, sein häufiges Rasten so aussehen zu lassen, als bleibe er nur stehen, um die anderen anzutreiben, na los, bewegt euch, wir müssen vor Einbruch der Dunkelheit dort sein! Einmal, als er auffällig weit hinter Yousef zurückgeblieben war, der mit seinen Eseln immer am Schluss ging, hatte Dilawar eine Pause befohlen und mit seinem Fernglas das vor ihnen liegende Gelände erkundet: wartet, ich möchte mir die Hügel da vorne ansehen. Wartet. In den Hügeln war aber nichts Verdächtiges gewesen, das hatte jeder mit bloßem Auge sehen können.
Und nun war die Bombe nicht explodiert, es lag an der Fernbedienung. Die Sonne stieg über die Schattenlinie eines entfernten Bergkamms, ihre flach einstrahlende Wärme war wie ein Druck, der den Nebel zur Seite schob, und im Gefolge der Wärme kam ein Wind auf, der das Flusstal ausfegte. Das kühle, kristalline Licht brachte jede Leidensfalte in den Gesichtern der Männer zum Vorschein, das Licht erweckte die Landschaft zum Leben, aber es entlarvte die Menschen. Der Fluss führte einen Glanz mit sich, und aus den steinigen Hängen traten frische Schatten hervor, Morgenschatten, gerade erst geboren, Schatten wie Sprösslinge. Was tot war, Steine, Wasser, Berge, wurde erweckt und glühte vor Leben, aber die Menschen nahmen an der Erweckung nicht teil. Das ganze Flusstal strahlte, selbst die Steine zeigten sich golden, man musste schon sehr an Bomben interessiert sein, um es nicht zu bemerken. Dilawar, die Schatten unter seinen Augen, sein offen stehender Mund, er schnappte nach Luft, die verdammte Fernbedienung! Omar, dem sich sein Magen durch den Mund nach außen stülpen wollte, aber wichtiger war die Fernbedienung, er zeigte darauf,
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