Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Leuchten

Das Leuchten

Titel: Das Leuchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Falls
Vom Netzwerk:
verloren.
    »Möchtest du wissen, was mir an einer Fahrt nach oben am besten gefällt?«, fragte ich, um einen leichten Tonfall bemüht.
    Sie nickte.
    »Das Auftauchen.«

3

    Das Jetfin schoss aus dem Wasser in die andere Welt, in das Reich aus Luft und Sonne. Als es in großem Bogen fünf Meter über die Wasseroberfläche hinausflog, jauchzte Gemma vor Vergnügen, und als es mit der aufgeschäumten Gischt ins Wasser zurückfiel, klatschte sie begeistert. »Einfach überirdisch!«
    Ich hielt die Hand schützend vor die Augen, schaltete den Motor in den Leerlauf und ließ das Jetfin auf den Wellen schaukeln. Sonnenlicht traf auf meine Iri s – zu heiß, zu hell.
    »He, alles in Ordnung mit dir?« Als Gemma sich vorbeugte, um mir ins Gesicht zu sehen, streifte ihr Zopf mein Handgelenk und ein Schauer durchfuhr mich.
    »Ja, alles okay.« Das stimmte zwar nicht, aber ich wollte vor Gemma nicht als Weichei dastehen. Ich zwang mich, die Hand von den Augen zu nehmen, und blickte blinzelnd hinaus auf das endlos weite Meer. Schrille Farben und Töne stürzten auf mich ein. Wie konnte sich jemand hier oben nur wohlfühlen? Die Helligkeit allein vertrieb jeden klaren Gedanken aus meinem Gehirn und bereitete mir Kopfschmerzen.
    Als ich die Cockpitabdeckung beiseiteschob, brach die Hitze gnadenlos über mich herein. Das Unangenehme an der natürlichen Luft war, dass sie, anders als die gefilterte Luft, die Gerüche der Umgebung aufnahm. In diesem Fall roch sie nach Sonne und nach Ozean: heiß und salzig. Ich holte tief Luft und schätzte ab, wie weit wir vom schwimmenden Oberdeck entfernt waren. Von hier aus sah der vierstöckige Fahrstuhlschacht, über dem ein gläserner Ausguck emporragte, aus wie ein Mast mit vollen Segeln. Obwohl wir noch weit vom Deck entfernt waren, schallte das Stimmengewirr bis zu uns herüber. Ich hasste die Markttage. Zu allem Überfluss war ich ohne Ausrüstung an die Oberfläche gekommen. Ich hatte weder eine Kappe noch meine Sonnenbrille dabei, um mich vor den UV-Strahlen und vor allem auch vor den Blicken der anderen zu schützen.
    Ich zwängte mich aus dem Sitz. »Wir treffen uns am Anlegering.«
    »Wohi n …?« Gemmas Worte wurden verschluckt, als ich ins Wasser eintauchte, zurück in die kühle Umarmung des Meeres. Sofort besserte sich meine Stimmung. Mit zwei Zügen war ich beim Jetfin angekommen und löste die Leine meines Mantaboards.
    »Wer zuerst da ist!«, rief ich Gemma zu, die sich auf ihrer Sitzseite aus dem Jetfin gebeugt hatte. Sie wirbelte herum, als ich mich auf das Mantaboard zog. Und mit einer schnellen Drehung an den beiden Handgriffen sprang ich auch schon über die Wellen wie ein flacher Stein.
    »Du hast nicht ›Los!‹ gesagt!«, schrie sie mir nach. Hinter mir heulte der Motor des Jetfin auf, dann rauschte Gemma an mir vorbei und winkte mir aus dem offenen Cockpit zu.
    Ich stellte mich auf und schob den Gashebel mit den Zehen auf die höchste Geschwindigkeit. Als das Mantaboard dahinschoss, peitschten mir Wind und Gischt ins Gesicht. Eines musste man der Oberwelt lassen: Alles ging viel schneller, wenn einen nicht Tonnen von Wasser niederdrückten.
    Als ich mich dem Oberdeck der Station näherte, wurde der Lärm so laut, dass er mir körperlich wehtat. Schreiende Verkäufer, feilschende Krämer, kreischende Möwen. Ich drosselte das Tempo, bis das Mantaboard fast unterging, und betrachtete die grellbunten Verkaufsstände, die sich auf der Promenade aneinanderreihten. Etwas beruhigender war für mich der Anblick der vielen Boote am Anlegering. Wenigstens trugen die meisten Menschen, die sich auf dem Oberdeck aufhielten, lockere Kittel und weite Hosen, was darauf schließen ließ, dass sie Floater ware n – Menschen, die auf Hausbooten lebten. Auch wenn sie selbst vielleicht noch niemanden mit einem Schein gesehen hatten, wussten sie doch genau wie die Fischer, was es damit auf sich hatte. Das hoffte ich zumindest.
    Ich kam so gut wie nie hierher. Schon vor langer Zeit hatte ich begriffen, dass dies kein Ort für mich war. Ich hatte es auf schmerzliche Weise gelernt.
    Aber jetzt war ich da und konnte nicht mehr zurück. Denn da war ja schließlich Gemma, die mich auf Trab hielt. Ich umrundete einen Frachtkahn. Am nächsten Liegeplatz war die Seacoach vertäut; sie hatte die Segel gesetzt und sah aus wie eine riesige weiße Fledermaus, die ihre Flügel zum Losfliegen gespreizt hatte.
    Mein Unbehagen legte sich, als ich meinen Nachbarn Jibby Groot auf dem Deck erblickte. Er

Weitere Kostenlose Bücher