Das Leuchten
i …« Die Stimme aus dem Computer vibrierte, als der untere Teil der Station zu beben begann.
»Wir sehen uns oben.« Ich suchte mir den größten Delfin aus, der noch da war, und klammerte mich an seiner Finne fest.
Gemma lachte ängstlich, dann holte sie tief Luft. Unsere beiden Delfine tauchten gleichzeitig ab. Seite an Seite schwammen wir aufwärts, entlang der Wölbung der unteren Station, bis wir das Tragseil des Aufzugs erreicht hatten. Die Delfine, die niemanden bei sich hatten, schossen an uns vorbei zur Oberfläche.
Ich klickte, während wir die Wassersäule hinaufschwammen, hörte aber nichts Beunruhigendes. In der Tiefe war nichts zu erkennen, nur die gewaltige Masse der unteren Station. Ich klickte nach rechts, auch von dort schien keine Gefahr zu drohen. Doch als ich nach oben klickte, stieß ich auf etwas, auf das ich mir keinen Reim machen konnte. Etwas hing an dem Aufzugseil, etwa fünfzehn Meter über uns. Nein, nicht etwas, sondern jemand.
War einer der Siedler vom Delfin gefallen? Noch ehe ich nachsehen konnte, löste sich die Gestalt vom Seil und kam auf uns zu, mit rudernden Armen und roten, hervorquellenden Augen. Es war der Doc! Einen Augenblick später stieß er mit Gemma zusammen und riss sie vom Delfin. Sie rutschte vom Rücken des Tiers, ihre Hände suchten vergeblich nach einem Halt.
Mein Delfin schwamm mit kräftigen Schwanzschlägen weiter Richtung Wasseroberfläche, während ich eine Hand nach hinten streckte und versuchte, Gemma zu packen. Für einen Moment verschwamm alles vor meinen Augen. Die Blasen, die Gemma beim Rudern mit den Armen erzeugte, trübten meine Sicht.
Als ihr Delfin an ihr vorbeiglitt, traf er sie mit der Schwanzflosse in den Bauch.
Halt dich fest!, schrie es in meinem Kopf. Und das tat sie. Sie schlang die Arme um den Schwanz und klammerte sich daran fest. Der Doc griff nach ihr und bekam einen Fuß zu fassen. Mit den Händen zog er sich an ihrem Bein hoch. Gemma strampelte wie wild, um sich von dem Ballast zu befreien. Blasen stiegen aus ihrem Mund. Ihr Delfin hatte Mühe, mit dem Schwanz zu schlagen, während mein Delfin immer höher aufstieg und beide unter sich zurückließ. Ich zerrte an ihm, versuchte mit einem Klicken, ihn zum Umkehren zu bewegen, aber er wurde nicht langsamer.
Plötzlich schoss ein anderer Delfin an uns vorbei. Es war Gemmas Delfi n – ohne Reiter.
Ich drehte mich um, warf mein Netz aus Tönen aus und sah, wie Gemma langsam in die Tiefe sank. Der Doc klammerte sich immer noch an ihr fest. Ihr Mund war zu einem stummen Schrei geöffnet.
Ich ließ meinen Delfin los und sank nach unten, aber viel zu langsam. Gegen das Gewicht von Gemma und dem Doc kam ich nicht an. Ich machte einen halben Salto und schwamm nach unten, folgte ihrer Blasenspur. Das Wasser war so kalt, dass mir alles wehtat. Mein Delfin überholte mich, auch er schwamm jetzt nach unten. Ich wurde langsamer, mir war schwindelig, weil ich schon so lange die Luft angehalten hatte.
Ich suchte das Wasser unter mir ab. Da sah ich, wie mein Delfin sich abmühte, etwas auf der Schnauze nach oben zu tragen. Ich schwamm sofort zu ihm. Es war Gemma, die wie eine Stoffpuppe immer wieder von ihm runterrutschte. Ich streckte die Hand aus und bekam sie am Gelenk zu fassen. Mit der anderen Hand hielt ich mich wieder an der Finne des Delfins fest.
Meine Lunge brannte, aber ich achtete nur auf Gemma, während der Delfin mit uns hochschwamm. Ihr Kopf war auf die Brust gesunken, und es beunruhigte mich, wie ihr Arm im Wasser schlenkerte. Ich schaute sehnsuchtsvoll auf den schwachen Lichtschimmer über uns, bis der Delfin endlich durch die Wasseroberfläche brach.
Als eine Welle uns nach oben trug, ertönten Freudenrufe. Die Siedler am Anlegering johlten, schüttelten sich die Hände und klatschten sich ab.
Ich ließ mich von meinem Delfin bis an den Rand des Rings ziehen, denn zum Schwimmen war ich zu erschöpft. Gemma wehrte sich nicht, als ich sie auf den Rücken drehte. Ihre Arme und ihre Beine schwankten wie Seetang in den Wogen. Mum und Dad sprangen ins Wasser. Bis zur Hüfte standen sie auf den überfluteten Stufen der Plattform. Gemeinsam hievten sie Gemma aufs Deck. Mum half mir, aus dem Wasser zu steigen, und Sharon hielt schon Handtücher bereit.
Ich sackte neben Gemma zusammen und stöhnte auf, als ich mit meinen gebrochenen Rippen auf das Deck fiel. Ich klapperte mit den Zähnen und zitterte am ganzen Körper. Seltsamerweise schien Gemma die Kälte überhaupt nichts
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