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Das Lexikon der daemlichsten Erfindungen

Das Lexikon der daemlichsten Erfindungen

Titel: Das Lexikon der daemlichsten Erfindungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix R. Paturi
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Kategorie passt
Rocky Style: Auf Berggipfeln, an Steilwänden und Überhängen oder etwa in Felskaminen
Synchrone Ironing: Der Mannschaftssport
Water Style: Bügeln auf oder unter dem Wasser, meist im Taucheranzug; aber auch auf Surfbrettern oder Wasserski lassen sich Anzugshemden glätten.

Extrempiercing
    Niemand wäre auf den Gedanken gekommen, in den Goldenen Zwanzigern, dem modebewussten Jahrzehnt vor dem Zweiten Weltkrieg, einer Dame der Gesellschaft das Kompliment zu machen: »Sie haben aber ein hübsches Piercing«, wenn nichts anderes gemeint war als ein Paar Diamantohrstecker.
    Die an sich logisch schwer nachvollziehbare Sitte, sich Löcher in die Ohrläppchen zu stechen und Dinge hineinzuhängen, ist uralt, und das nicht nur bei Frauen, die sich aufhübschen wollen. Auch Männer trugen seit eh und je diesen merkwürdigenSchmuck. Die ältesten bekannten Ohrstecker und Ohrringe stammen aus der Stadt Chifeng in der Inneren Mongolei (heute China) aus der Zeit um 6200 und 5500 v. Chr. Sie waren zwischen 2,5 und 6 Zentimeter groß und aus Jade gefertigt. Im altmesopotamischen Ur fanden sich mondsichelartig verdickte große Frauenohrringe aus dem 4. Jahrtausend v. Chr. Und im alten Ägypten sind sie seit der 18. Dynastie (2. Jahrtausend v. Chr.) bekannt, ebenfalls in Gestalt von Ringen. Im klassischen Griechenland dann wurden die Frauen anspruchsvoller, als Ohrgehänge dienten neben Ringen und verschiedenen Steckern auch kleine Figürchen oder Miniaturamphoren. (Aber wer hängt sich schon   – und warum   – kleine Krüge an die Ohren?) Im spätantiken Byzantinischen Reich waren die Schmuckstücke, die man an seine Ohren montierte, bereits aus mehreren Einzelteilen komplex zusammengesetzt und baumelten wie kleine oder auch größere Kettchen aus allerlei Perlen, runden und eckigen Metallplättchen, Lederbändchen und sonstigem Miniaturnippes neben den Kiefergelenken herunter.
    Essen und Trinken fällt mit diesem Gesichtsschmuck ausgesprochen schwer.
    Im europäischen Mittelalter gerieten Ohrhänger fast in Vergessenheit. Die zu dieser Zeit üblichen Haartrachten und Kopfhauben hätten sie auch kaum zur Geltung kommen lassen. Allenfalls Damen des Hochadels trugen dezente, tropfenförmigeOhrhänger. Erst im Biedermeier feierte der Ohrschmuck ein immer noch bescheidenes Comeback. Aber er hatte eigentlich kein wirkliches Eigenleben, denn er fungierte in erster Linie als passende Ergänzung zu Halsketten und Armbändern und musste sich im Stil diesen anpassen. Eine Sonderstellung nahm das Ohrläppchenstechen schließlich im 17. bis 19. Jahrhundert ein, als die Ärzte es entdeckten und leidenden Patientinnen verordneten. Es sollte gegen Augenleiden helfen. Weil hier die Schmuckfunktion fehlte, waren die Hänger selbst recht bescheiden. Manchmal begnügten sich die Mediziner mit durchgezogenen Seide- oder Golddrahtfäden.
    Dieser junge Mann ist entweder ein Drogenjunkie oder ein Medizinstudent, der gerade Impfen im Selbstversuch lernt.
    So weit ist das Phänomen Ohrschmuck kulturell noch nachvollziehbar. In jüngster Zeit allerdings treibt die Spaßgesellschaft bizarre Blüten. Dabei breitet sich die alte Ohrstechtradition auf alle möglichen Körperteile aus: die Zunge, die Lippen, die Überaugenwülste und, buchstäblich bergab am Körper, die Brustwarzen, Nabel, Klitoris beziehungsweise Penis   – und alles, was dazwischen ist. Dabei macht man nicht selten völlig unmotiviert Anleihen bei alten religiösen Buß- und Askesetechniken der Selbstverletzung mit Metallhaken und langen Nadeln,teils aus dem Hinduismus, teils aus dem schiitischen Islam. Aber sind das wirklich alles nur Fun-Aktionen? Oder nicht doch eher psychisch begründete Auswüchse eben der Spaßgesellschaft? Stellen die dermaßen Gepiercten möglicherweise zu Recht fest: »Wenn mir die Gesellschaft schon keinerlei menschliche Werte mehr vermittelt, ja, wenn es solche Werte vielleicht in Wirklichkeit gar nicht gibt, dann kann ich mir doch gleich ein paar Dutzend lange Nadeln durchs Gesicht und in den Hals treiben oder   – noch subtiler   – einfach zwanzig Impfnadeln und einige kleine Narrenschellen ins Antlitz pflastern. Dann kann wenigstens jeder sehen, wie es in mir aussieht.« Der Psychologe wird sich allerdings durch solche merkwürdigen Accessoires nicht lange ablenken lassen. Er wird ihren Trägern in die Augen sehen und vermutlich bemerken: Glücklich oder dem Lebenssinn näher gekommen sind auch sie nicht.

F
    FarmVille, Tamagotchi &

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