Das Lexikon der daemlichsten Erfindungen
Studentinnenwohnheim einer Rosenkranzgebetsgruppe – wollten Kommilitoninnen einen Notarzt rufen, doch die Studentin verhinderte das. Stattdessen bestellte sie einen Exorzisten, vollkommen davon überzeugt, der Böse selbst wohne in ihr. Und ihre Exorzisten wollten sogar noch weitere dämonische Geister in ihr ausgemacht haben, darunter Hitler und Nero!
Anneliese hatte zusätzlich zu ihrer Epilepsie eine massive Paranoia entwickelt. Es wird vermutet, dass medikamentöse Therapien ohne begleitenden religiösen Psychoterror durch Elternhaus und Kirche der angehenden Lehrerin hätten helfen können. Auch post mortem ließen sie »gläubige« Katholiken nicht ruhen. So behauptete eine Nonne aus dem Allgäu, die Verstorbene sei ihr erschienen und habe gesagt, ihr Leichnam würde nicht verwesen. Um dieses vermeintliche Wunder bestätigt zu sehen, ließen ihre Eltern sie unter einem Vorwand exhumieren. Doch der Körper der jungen Frau zeigte alle normalen Zersetzungserscheinungen.
Der Fall hatte erfreulicherweise ein juristisches Nachspiel. Ein Aschaffenburger Gericht verurteilte die Eltern und die beiden Exorzisten, Pfarrer Alt und Pater Renz, wegen unterlassener Hilfeleistung (sie hatten ärztliche Maßnahmen verhindert) zu jeweils sechs Monaten Haft auf Bewährung.
Angesichts der Tatsache, dass psychisch leidende Menschen noch immer zu Tausenden von katholischen Exorzisten seelisch gefoltert werden, auch wenn die Kirche vorgibt, streng zwischen »wirklichen psychischen Erkrankungen« und »Besessenheit durch böse Dämonen« unterscheiden zu können, wird es höchste Zeit, mit der gemeingefährlichen und äußerst dämlichen mittelalterlichen Erfindung der Teufelsaustreibung endlich Schluss zu machen.
Extrembügeln
»Extrembügeln ist eine ausschließlich im Freien ausgetragene Extremsportart mit dem Ziel, selbst unter anspruchsvollsten klimatischen, geografischen und körperlichen Bedingungen mittels eines heißen Bügeleisens und eines Bügelbretts Wäsche zu bügeln«, so weiß Wikipedia zu vermelden. Und wenn Wiki das sagt, dann ist es heutzutage etabliert.
Doch was verbirgt sich hinter dieser durchaus anspruchsvollen Extremsportart? Lassen wir den Erfinder, den Fabrikarbeiter und begeisterten Bergsteiger Phillip Shaw (kein Nachfahre von Bernhard) aus Leicester (Großbritannien) zu Wort kommen. Nach der offiziellen Website seiner Extreme Ironing Association ist Extrembügeln die neueste Risikosportart, die den Nervenkitzel extremer Aktivität in freier Natur mit der Befriedigung angesichts eines perfekt gebügelten Hemdes vereint.
Dieser faszinierenden Idee konnten sich viele Menschen mit dem psychologisch nicht hoch genug einzuschätzenden Ziel der Selbstverwirklichung offenbar nicht entziehen. Erster Adept war Paul Nicks, ein Freund des Erfinders. Bald folgten weitere begeisterte Jünger dieses neuen Sports, der nicht lange auf den verschrobenen Inselstaat begrenzt blieb. In Deutschland etablierte sich im Jahr 2000 die German Extreme Ironing Section ( GEIS ) mit Sitz in München, die im Folgejahr das Extremplätten auf dem Kulturfestival KINO 24 der erstaunten Öffentlichkeit präsentierte. Seitdem ist der Siegeszug nicht mehr zu bremsen, denn rasch fanden sich industrielle Sponsoren, natürlich Bügeleisen- und Waschmittelhersteller. Schon 2002 fand die erste Weltmeisterschaft auf einem rund drei Kilometer langen Parcours durch Wald und Bergbach, über eine Kletter- und Hauswand im bayerischen Dorf Valley statt. 75 Teilnehmer aus neun Nationen kämpften dabei um die Siegesehre. Eine eigene Trophäe setzte aber erst 2003 das englische Extreme Ironing Bureau aus. Erster Träger dieses begehrten Preises wurde der Südafrikaner Troye Wallet, der am Seil hängend über einer 300 m tiefen Schlucht bügelte.
Ein Extrembügler auf dem Felsturm Rivelin Needle in Sheffield, Großbritannien.
Inzwischen stellten Extrembügler zahlreiche Weltrekorde auf. Iron Man ( to iron steht im Englischen für bügeln) Carrick holte sich den Höhenbügelrekord auf dem 6962 m hohen Aconcagua in Argentinien. Louise »Dive Girl« Trewavas plättete in 100 m Meerestiefe vor der Küste Ägyptens. Und Matthew »Crease Lightnin’« Hearne bügelte während eines London-Marathonlaufs.
Heute haben sich bereits verschiedene feste Disziplinen dieses faszinierenden Sports entwickelt:
Air Style: In Sportflugzeugen oder beim Basejumping
Forest Style: Im Wald, meist auf Bäumen
Freestyle: Dazu gehört alles, was in keine andere
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