Das Lexikon der daemlichsten Erfindungen
Musikvereinshaus zu einem Flashmob.
Wasiks Aktion fand rasch Nachahmer. Internet und Handys machten es möglich. Noch im selben Jahr schwappte die Welle nach Europa über. Und bald bürgerte sich für derartige Aktionen die Bezeichnung Flashmob ein. Flash ist im Englischen der Blitz, und blitzschnell fand sich ja die Menschenmenge, der Mob, zusammen. Genauso schnell war aber auch das Interesse an diesen Überraschungsaktionen erloschen. 2004 gab es kaum noch Flashmobs.
Zu neuer Blüte erwachte der Massenulk dann 2007, als einige große Organisationen auf den Gedanken kamen, Flashmobs mit politischen Aussagen zu verknüpfen, was dann natürlich auch das Medieninteresse neu belebte. Selbst in diesem Kontext blieb genügend Raum für reine Nonsens-Aktionen. So stürmten am 20. Januar 2008 rund 700 Menschen eine Münchner McDonald’s-Filiale und orderten gemeinsam 4385 Ham- und Cheeseburger. Gut einen Monat später, am 29. März, kauften Flashmobber in Berlin bei McDonald’s sogar 10 355 Burger in einer einzigen Bestellung. Als am 31. Januar 2008 rund 200 Menschen im New Yorker Grand Central Terminal auf ein geheimes Zeichen hin für fünf Minuten in eine kollektive Starre verfielen, machte ein Internetvideo diese Aktion weltweit bekannt: Über 30 Millionen mal wurde es angeklickt. Am 4. April 2009 kamen einige Tausend junge Leute auf dem Platz vor dem Kölner Dom zusammen und veranstalteten dort eine lebhafte Kissenschlacht, bei der mehr Federn flogen als in jedem Frau-Holle-Film.
Wer dabei nicht nur im Internet zuschauen oder sich live von einem Flashmob überraschen lassen möchte, sondern mitmachen will, der findet aktuelle Termine hierzulande beim deutschen Flashmob-Portal unter www.flash-mob.de .
G
Gartenzwerge
Wären Gartenzwerge nicht von Haus aus mehrheitlich stumm (es gibt nur einige wenige sprechende Exemplare), ginge ein großes Lärmen durch unser Land, denn die Vorgärten der Republik werden von rund 25 Millionen mehr oder weniger possierlichen Wichteln aus Ton, Porzellan, Gips, Gießharz oder Plastik bevölkert. Würde man sie zum Landesschutz einziehen und längs der 3757 Kilometer langen deutschen Staatsgrenze postieren, käme alle 15 Zentimeter einer zu stehen. Geht man davon aus, dass jeder Gartenzwerg im Durchschnitt etwa 15 Zentimeter breit ist, könnte man mit dieser Armee die deutschen Grenzen komplett dichtmachen. Woher kommt dieses Millionenheer?
Autochthone Deutsche sind diese Gnomen nicht. Ihren mythologischen Ursprüngen in grauer Vorzeit nach stammen sie einerseits aus der skandinavischen, andererseits aus der griechischen Sagenwelt. Und auch anderenorts auf der Erde trieben sie in der Vor- und Frühgeschichte ihr Wesen, wenn auch noch nicht als Gartenzwerge. In der Renaissancezeit, als es Mode war, die Herrschaften an Fürsten- und Königshöfen mit kleinwüchsigen Menschen zu erheitern, wurden auch die Zwergenfiguren domestiziert, aber zum großen Durchbruch verhalf ihnen erst der Grazer Barockarchitekt Johann Bernhard Fischer von Erlach, der um 1690 vor dem Salzburger Barockschloss Mirabell einen Zwergerlgarten einrichtete. Fischer von Erlach ist der eigentliche Erfinder der Gartenzwerge. Im Schlossgarten standen 28 aus Marmor skulptierte groteske Gnomen. Die meisten von ihnen haben die Jahrhunderte überlebt und stehen heute noch dort.
Im Laufe der Zeit haben sich die Gartenzwerge gewandelt: Aus der strengen Gestalt im Schlossgarten von Mirabell …
… sind ausgewilderte lustige Gesellen geworden.
Zwerge können bekanntlich sehr alt werden. Das Salzburger Vorbild machte bald Schule. Schon vor 1750 fabrizierte die kaiserliche Hofmanufaktur zu Wien Porzellanwichtel in Serie und beglückte damit fürstliche Gärten und Parks. Ab dem frühen 19. Jahrhundert wollte das gemeine Volk – auch im Ausland – nicht nachstehen. Vor allem England und Deutschland erlebten Zwergeninvasionen. Deutschland verdankt der Alpennation also nicht nur einen Führer, sondern auch eine Armee, und die wurde bis zum heutigen Tag immer größer. Freilich gab es auch Rückschläge, etwa in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Menschen hatten andere Sorgen als eine Gartenzwergidylle. Aber seit den 1980er-Jahren sind die Wichtel wieder auf dem Vormarsch, und diesmal – im Zeichen der Globalisierung – weltweit. Allerdings gehen sie mit der Zeit. Heute geben sie sich kaum noch romantisch, sondern eher provokativ und unangepasst. So treiben Gnomen mit nacktem Hintern, Stinkefingern und
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