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Das Lexikon der daemlichsten Erfindungen

Das Lexikon der daemlichsten Erfindungen

Titel: Das Lexikon der daemlichsten Erfindungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix R. Paturi
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entschädigen. Kreditausfallversicherung oder Credit Default Swap ( CDS ) nennt man solche Policen. Genau die macht der Hedgefondsspekulant nun zu seinem Spielball, sprich Spekulationsobjekt. So kann er bei der Bank B CDS -Papiere kaufen, obwohl er gar keine griechischen Staatsanleihen erworben hat, die er absichern müsste. Er rechnet sich aus, dass er im Falle eines griechischen Staatsbankrotts natürlich einen gehörigen Reibach macht. Also liegt ihm alles daran, diesen Staatsbankrott zu begünstigen, was er bereits durch den Ankauf der CDS -Papiere tut. Je mehr Anleger in solche investieren, desto lauter wird in den Medien das Gerücht, Griechenland stehe kurz vor dem Staatsbankrott. Das erhöht den Wert der CDS -Papiere. Der Handel mit ihnen steigt, einmal, weil sich eine weitere Wertsteigerung erwarten lässt, zum anderen, weil sich immer mehr Banken und andere Investoren, die wirklich griechische Staatsanleihen besitzen, immer effektiver absichern wollen.
    Genau von diesem Mechanismus profitieren die Hedgefondsspekulanten. So kostete Ende 2009 eine auf ein Jahr befristete Absicherung einer griechischen Staatsanleihe von 100 Millionen Euro rund 1,5 Millionen Euro. Im Mai 2010 kostete das gleiche Papier aber bereits 6,5 Millionen Euro. Ein Spekulant, der es im Oktober 2009 gekauft und im Mai 2010 verkauft hat, machtedamit also einen Profit von sage und schreibe 5 Millionen Euro. Hat er sich dabei außerdem noch des Leverage-Effekts bedient, also das Papier weitgehend mit Fremdkapital finanziert, war die Rendite auf sein eingesetztes Eigenkapital astronomisch. Nun könnte man sich natürlich fragen, wie blöde denn die Bank B sein muss, die am Ende des spekulativen Auf und Ab zumindest für die Realschulden Griechenlands aufkommen muss, wenn nämlich die Katastrophenzocker das Land endlich in den Ruin getrieben haben. Warum lässt sie sich auf solche Geschäfte überhaupt ein? Nun, auch sie zockt, wettet dabei aber nicht auf den finanziellen Untergang Griechenlands, sondern darauf, dass am Ende alles noch mal gut geht. Und wenn nicht? Auch nicht so schlimm, dann muss halt wieder mal der Steuerzahler ran. Euro-Rettungsschirm nennt sich das dann.

Hochfrequenz-Handel
    Stellen Sie sich einmal vor, auf einem Spielplatz liegen einige Dutzend bunte Glasmurmeln auf dem Boden, umgeben von einer Schar lebhafter Kinder, die alle so viele Murmeln wie möglich erbeuten möchten. Es kommt zu einer Massenrangelei, die erst ein größerer und stärkerer Jugendlicher unter Kontrolle bringt. Er schlägt vor, gesittet mit den Kugeln zu handeln, sie also käuflich zu erwerben. Der Stückpreis ist zu Beginn recht gering; aber je mehr Kaufinteressenten antreten und je kleiner der Kugelvorrat wird, desto mehr bieten einzelne Kinder für eine Kugel.
    Genau so funktionierten bis vor einigen Jahren die Aktienbörsen, bis der Börsenhandel (in Deutschland 1999) weitgehend von Computern übernommen wurde. Es war den Börsianern zu umständlich geworden, je nach momentanem Angebot undmomentaner Nachfrage ständig die Kurse quasi von Hand zu errechnen. Und die Anleger wollten auch nicht lange auf die jeweils neuen Kurse warten. Von Haus aus nervös, wollten sie möglichst zeitnah immer auf dem neuesten Stand sein. Dank Börsencomputer ist das heute kein Problem mehr. Er reagiert in Sekundenbruchteilen. Wer sich dieses permanente Auf und Ab der Börsenkurse in Echtzeit ansehen will, kann das während der Börsenzeiten unter www.finanzen.net/aktien/ DAX -Realtimekurse am eigenen Computer tun.
    Demonstration des Bread and Puppet Theatre im Auftrag der Occupy-Bewegung gegen Finanzmanipulationen an der New Yorker Börse in der Wallstreet.
    So weit, so gut. Das immer schnellere Börsengeschäft brachte in jüngster Zeit allerdings clevere EDV -Spezialisten auf eine teuflisch-dämliche Idee. Fachlich ist sie genial, und wen sie bereichert, der wird sie auch nicht gerade als blöd bezeichnen. Volkswirtschaftlich allerdings führt diese Erfindung geradewegs ins Desaster. Bekannt wurde das Prinzip als Hochfrequenz-Handel (High Frequency Trading). Das ist ein Paradox, denn von einem Handel im eigentlichen Sinne kann eigentlich gar nicht die Rede sein.
    Manche Börsen, wie der NASDAQ , stellen einigen Banken gegen Gebühr (Schmiergeld?) die Kaufanfragen von Kunden per Computer einige Millisekunden früher zur Verfügung als der Allgemeinheit der Aktienhändler. Genug Zeit für den Bankencomputer, die Anfrage zu analysieren. Lohnt sich das Geschäft,

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