Das Lexikon der daemlichsten Erfindungen
und sich auf diese Weise abbremsen. Dagegen eignen sich menschliche Leiber schlicht nicht zum Rollen. Sie kollern allenfalls chaotisch bergab. Dennoch gibt es Sieger: die beiden, die am schnellsten am Fuß des Steilhangs ankommen, ganz gleich wie und in welchem Zustand. Sie gewinnen einen Käse. Schon manch einer kam allerdings verspätet zur Siegerehrung, weil er erst mal in einem der zahlreichen bereitstehenden Krankenwagen notversorgt werden musste.
Trotz der erheblichen Gefahren für Leib und Leben finden sich Jahr für Jahr ganze Massen ein, um an diesem Wettbewerb teilzunehmen. 2009 rückten insgesamt 15 000 Besucher an, obwohl am Hang maximal 5000 Menschen einen Platz finden. Also kam es zu Rangeleien unter den Angereisten, und es gab Verletzungen auch unter jenen, die dem Treiben nur zuschauen wollten. Daraufhin sagten die Veranstalter das Käserennen für 2010 ab. Die Enthusiasten des Spektakels waren entrüstet und organisierten es kurzerhand privat und inoffiziell. Doch seit 2011 findet das Käserennen wieder regulär statt. Entsprechende Abzäunungen reglementieren den Ansturm. Und der kommt beileibe nichtnur aus Großbritannien, sondern aus aller Welt, internationale Fernsehteams eingeschlossen.
Es wäre nicht Großbritannien, spielte sich das Ganze nicht in einem ausgesprochen konventionellen Rahmen ab. So gibt es einen eigenen Zeremonienmeister in einer langen weißen Uniform und mit einem steifen Hut, der auch Schloss Windsor alle Ehre machen würde. Man kann sich lebhaft vorstellen, wie er würdevoll ausruft: »Ladies and Gentlemen, ich kann für dieses Jahr mit einem eher ungewöhnlichen Ergebnis aufwarten, es gibt nur 28 Schwerverletzte.«
Katastrophen-Hausse
Selbstverständlich ist die Katastrophen-Hausse keine Erfindung im eigentlichen Sinn, sondern viel eher ein Phänomen, das von allein auftritt und zu einem Selbstläufer wird – dieses Phänomen aber ist derart dämlich, dass es hier einfach nicht fehlen darf. Erfunden ist allenfalls sein Name. Er stammt von dem österreichischen Nationalökonomen Ludwig von Mises, der folgende Beobachtung machte.
Sinkt der Realwert einer Aktiengesellschaft, dann spiegelt sich das in der Regel in einem fallenden Aktienkurs. Sinken die Realwerte vieler Aktiengesellschaften zeitgleich, fällt damit der gesamte Aktienindex. Das ist durchaus noch verständlich, aber jetzt kommt das Paradox: Geht eine ganze Volkswirtschaft den Bach runter und ihre Wirtschaftsunternehmen verlieren fast alle einen Großteil ihres Werts, dann schnellt der Aktienindex plötzlich ganz enorm in die Höhe. Ein historisches Beispiel gefällig? Im Februar 1920 lag der vom Statistischen Reichsamt ausgewiesene deutsche Aktienindex bei 200. Im Dezember desselben Jahres war er auf 26 890 000 000 000 (sechsundzwanzig Milliarden achthundertneunzig Millionen) emporgeschnellt.
Wie kann so etwas geschehen? Im Grunde ganz einfach. In einem Staat, der kurz vor dem Bankrott steht, kommt es fast zwangsläufig zu Geldwertverlusten. So etwas nennt der Fachmann Inflation. Investoren verlieren deshalb ihr Vertrauen in Papiergeld und ihre Einlagen bei der Bank und versuchen verzweifelt, ihre gehorteten Millionen auf anderem Wege sicher anzulegen. Immobilien bieten in solchen Krisenzeiten meist keine guten Renditen, denn die Mieten steigen deutlich langsamer, als die Inflation das Geld entwertet. Bleiben Firmenbeteiligungen in Form von Aktien. Die sind zwar auch nicht mehr viel wert, aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Vielleicht erholen sie sich ja mal wieder, und dann hat man was auf der (sehr) hohen Kante. An der Börse beginnt also der Run auf die selbst schlechtesten Papiere. Die Börsenkurse steigen wieder, ein fiktiver Aufschwung beginnt, eine Hausse ist im Gang, die Ludwig von Mises ganz zutreffend Katastrophen-Hausse nannte. Führwahr keineErfindung, aber doch eine kluge Beobachtung des zuweilen irrationalen und fatalen Verhaltens der menschlichen Spezies.
Klapotetz
Ob der Klapotetz überhaupt in dieses Buch gehört, ist schwer zu entscheiden, denn ob man ihn als eine dämliche Erfindung bezeichnen möchte oder nicht, ist eine kaum zu beantwortende Frage. Fest steht, dass es sich dabei um ein Gerät handelt, bei dem man gleichsam mit Kanonen auf Spatzen schießt. Will heißen, es ist für seinen Verwendungszweck, und einen solchen erfüllt es durchaus, erheblich überdimensioniert.
Der edle Ritter Don Quijote von La Mancha jedenfalls hätte seine Freude an
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