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Das Licht der Flüsse

Das Licht der Flüsse

Titel: Das Licht der Flüsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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er, schrieb sie auf. Oh, der hat
     vielleicht viel geschrieben. Ich vermute, es war eine Wette.«
    Eine Wette war eine gern genutzte Erklärung für unsere eigenen Heldentaten, aber als Grund, sich Notizen zu machen, schien
     es eine originelle Ausrede zu sein.

Die Oise bei Hochwasser
    Vor neun Uhr am nächsten Morgen wurden die beiden Kanus in Étreux auf einen leichten Bauernwagen geladen, und bald folgten
     wir ihnen den Hang eines freundlichen Tals von Hopfengärten und Pappeln entlang. Hübsche Dörfer lagen hier und da, besonders
     schön Tupigny, wo die Girlanden der Hopfenstangen sogar bis in die Straßen hingen und die Häuser mit Weinreben überwachsen
     waren. Unsere Durchfahrt wurde mit mäßiger Begeisterung registriert. Weber zeigten ihre Gesichter in den Fenstern; Kinder
     schrien entzückt beim Anblick der beiden »Schiffchen« –
barquettes
; und hemdsärmlige Fußgänger, die mit unserem Kutscher bekannt waren, scherzten mit ihm über die Natur seiner Fracht.
    Es gab ein oder zwei Schauer, aber die waren leicht und flüchtig. Die Luft zwischen all diesen grünen Feldern undgrünen Gewächsen war sauber und süß. Kein Hauch von Herbst. Und als wir bei Vadencourt von einer kleinen Wiese gegenüber einer
     Mühle die Boote wasserten, kam die Sonne hervor und ließ alle Blätter im Tal der Oise aufleuchten.
    Der Fluss war vom vielen Regen angeschwollen. Auf der ganzen Strecke von Vadencourt bis Origny wurde die Strömung immer stärker,
     fasste mit jeder Meile neuen Mut und floss so schnell, als ob sie bereits das Meer witterte. Das Wasser war gelb und aufgewühlt,
     schlug mit zornigen Wirbeln nach halbversunkenen Weiden und brauste wütend gegen das steinige Ufer. Der Fluss wand sich schlängelnd
     durch ein schmales waldreiches Tal. Zuweilen näherte er sich dem Abhang, floss schäumend am kalkhaltigen Fuß des Berges entlang
     und präsentierte uns zwischen den Bäumen ein paar offene Rapsfelder. Dann wieder säumte er die Gartenmauern von Häusern, wo
     wir einen Blick durch den Eingang erhaschten und einen Pfarrer im fleckigen Sonnenlicht auf und ab schreiten sahen. Bald schloss
     sich das Laubwerk so dicht vor uns, dass es kein Durchkommen zu geben schien, nur ein Dickicht aus Weiden, überragt von Ulmen
     und Pappeln, unter denen der Fluss dahinbrauste und ein Eisvogel vorbeiflog, als sei er ein Teil des blauen Himmels. Auf diese
     unterschiedlichen Ansichten warf die Sonne ihre klaren und allumfassenden Blicke. Die Schatten lagen so unbeweglich auf der
     dahineilenden Oberfläche des Flusses wie auf den Viehweiden. Das Licht funkelte golden in den tanzenden Pappelblättern und
     ließ die Hügel mit unseren Augen Zwiesprache halten. Und die ganze Zeit über machte der Fluss niemals halt oder schöpfte Atem,
     und die Schilfrohre entlang des gesamten Tals zitterten von Kopf bis Fuß.
    Es müsste eine Sage über das Zittern des Schilfs geben (wenn eine solche wirklich existiert, ist sie mir unbekannt). Es sind
     nicht viele Dinge in der Natur zu finden, die dem menschlichen Auge erstaunlicher scheinen. Es ist eine vielsagende Pantomime
     des Schreckens. Zu sehen, wie eine so große Zahl verängstigter Kreaturen in jedem Winkel des Ufers Schutz sucht, genügt, um
     einen dummen Menschen zu beunruhigen. Vielleicht haben sie nur Schüttelfrost, was kein Wunder wäre, da sie hüfttief im Fluss
     stehen. Oder sie haben sich womöglich nie an die Geschwindigkeit und Wildheit der Flussströmung gewöhnt oder an den Zauber
     der endlosen Fülle. Pan musizierte einst auf ihren Vorfahren; und so, durch die Hände des Flusses, spielt er immer noch im
     gesamten Tal der Oise auf diesen nachfolgenden Generationen, und er spielt dieselbe liebliche wie schrille Melodie, um uns
     von der Schönheit und den Schrecken der Welt zu erzählen.
    Das Kanu trieb wie ein Blatt in der Strömung. Sie ergriff es und schüttelte es und trug es gebieterisch fort wie ein Zentaur,
     der eine Nymphe entführt. Um unseren Kurs einigermaßen unter Kontrolle zu halten, bedurfte es harter und emsiger Ruderarbeit.
     Der Fluss hatte es so eilig, ans Meer zu gelangen! Jeder Wassertropfen floh in Panik wie die Menschen in einer verängstigten
     Menge. Doch welche Menschenansammlung war je so groß oder derart zielstrebig? Alles, was wir zu sehen bekamen, zog im Takt
     eines Walzers vorbei. Die Blicke flogen mit dem brausenden Fluss. Die Anforderungen jedes Augenblicks waren so hoch geschraubt,
     dass unser Wesen wie ein gut

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