Das Licht der Flüsse
bewusst ist. Jeder weiß, auf welcher Seite sein Brot
gebuttert ist, und hat Freude daran, dies anderen vorzuführen, was zweifellos der bessere Teil von Frömmigkeit ist. Und sie
verachten es, über Armut zu klagen, was ich für den besseren Teil von Mannhaftigkeit halte. Zu Hause habe ich gehört, wie
eine Frau in weitaus besserer Lage, mit einem guten Batzen Geld in der Tasche, ihr eigenes Kind in schrecklichem Jammerton
»Kind eines armen Mannes« nannte. Ich käme noch nicht einmal auf die Idee, so etwas gegenüber dem Herzog von Westminster zu
sagen. Die Franzosen aber sind allesamt von diesem Unabhängigkeitsgeist erfüllt. Vielleicht liegt dies an den republikanischen
Institutionen, wie sie sie nennen. Wahrscheinlich gibt es aber einfach nur weniger wirklich arme Leute, sodass die Anzahl der Jammernden zu gering ist, um sich gegenseitig aufzustacheln.
Die Leute auf dem Kahn waren entzückt zu hören, dass ich ihr Zuhause bewunderte. Sie verstünden sehr gut, sagten sie mir,
dass Monsieur sie beneide. Zweifellos sei Monsieur reich, und wenn dem so sei, könne er sich doch eine Kanalfähre einrichten
hübsch wie eine Villa –
joli comme un château
. Und mit diesen Worten luden sie mich auf ihre Wasservilla ein. Sie entschuldigten sich für ihre Kajüte, sie seien noch nicht
reich genug, um sie so einzurichten, wie es sich gehöre.
»Hier, an dieser Seite sollte der Kamin stehen«, erklärte der Ehemann. »Dann brauchte man einen Schreibtisch in der Mitte
– Bücher – und« – verständlicherweise – »all das. Das wäre doch ziemlich kokett –
ça serait tout à fait coquet
.« Und er sah sich um, als seien die Renovierungsarbeiten schon gemacht. Es war offenkundig nicht das erste Mal, dass er seine
Kajüte in der Phantasie derart verschönerte, und wenn er das nächste Mal ein paar Groschen verdient, dann rechne ich damit,
den Schreibtisch in der Mitte vorzufinden.
Madame hatte drei Vögel in einem Käfig. Sie seien nichts Besonderes, erklärte sie. Schöne Vögel seien so teuer. Letzten Winter
hätten sie versucht einen
Hollandais
in Rouen zu bekommen (Rouen?, dachte ich, kann dieses ganze Haus mit seinen Hunden und Vögeln und rauchenden Schornsteinen
so weit reisen? Kann es zwischen den Klippen und Obstgärten der Seine ein ebenso gemütliches Heim sein wie an den grünen Feldern
der Sambre?), doch sie kosteten fünfzehn Francs – stellen Sie sich das mal vor – fünfzehn Francs!
»
Pour un tout petit oiseau
– für einen ziemlich kleinen Vogel«, fügte der Ehemann hinzu.
Als ich sie weiter bewunderte, verebbten die Entschuldigungen, und die guten Leute begannen mit ihrem Kahn und ihren glücklichen
Lebensumständen zu prahlen, als ob sie Kaiser und Kaiserin Indiens wären. Es war, wie man in Schottland sagt, ein Ohrenschmaus
und brachte mich in heiteren Einklang mit der Welt. Wenn die Leute wüssten, wie aufmunternd es ist, jemanden prahlen zu hören,
vorausgesetzt, er prahlt mit etwas, das er wirklich besitzt, dann würden sie es wohl offener und anmutiger tun.
Sie fingen an, Fragen über unsere Reise zu stellen. Sie hätten ihre Begeisterung sehen sollen. Die beiden schienen drauf und
dran, ihren Kahn aufzugeben, um uns zu begleiten. Doch diese
canaletti
sind Zigeuner, die letztlich halb sesshaft sind. Die teilweise Domestizierung kam auf recht hübsche Weise zum Ausdruck. Plötzlich
runzelte Madame die Stirn. »
Cependant «
, begann sie und schwieg wieder; dann begann sie von neuem, indem sie mich fragte, ob ich ledig sei.
»Ja«, sagte ich.
»Und Ihr Freund, der gerade vorbeikam?«
Auch er sei unverheiratet.
Ach so – dann sei alles in Ordnung. Sie könnte nicht dulden, dass Frauen allein zu Hause zurückgelassen würden, aber da es
keine Frauen gab, taten wir das Bestmögliche.
»In die Welt hinauszuziehen«, sagte der Ehemann, »
il n’y a que ça
– es gibt nichts Besseres als das. Sehen Sie, ein Mann, der wie ein Bär in seinem eigenen Dorf bleibt«, fuhr er fort, »gut
und schön, aber der sieht nichts. Und wenn der Tod kommt, hat er nichts gesehen.«
Madame erinnerte ihren Mann an einen Engländer, der in einem Dampfer diesen Kanal hinaufgefahren war.
»Vielleicht Mr. Moens auf der
Ytene
«, schlug ich vor.
»Genau«, stimmte der Ehemann zu. »Er hatte seine Frau und seine Familie dabei und Diener. Er ging bei jeder Schleuse an Land
und fragte die Bootsführer oder die Schleusenwärter nach den Dorfnamen; und dann schrieb
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