Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Licht der Flüsse

Das Licht der Flüsse

Titel: Das Licht der Flüsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
immer wieder in den Lokalzeitungen abdrucken zu lassen,
     um ein Glockenspiel aus brandneuen grellen Ersatzglocken mit einem Herzen aus Birminghamstahl zu montieren, die ihre Flanken
     zum Ärger eines brandneuen Glöckners bombardieren und die Echos des Tals mit Angst und Schrecken erfüllen würden.
    Schließlich verstummten die Glocken, und mit ihrem Klang ging die Sonne unter. Das Stück war zu Ende, Schatten und Stille
     beherrschten das Tal der Oise. Wir machten uns frohen Mutes ans Rudern wie Leute, die eine edle Aufführung besucht haben und
     wieder an die Arbeit gehen. Der Fluss war an dieser Stelle gefährlicher, er floss schneller, die Wirbel kamen plötzlicher
     und heftiger. Die ganze Streckeüber hatten wir pausenlos Schwierigkeiten. Manchmal konnte man über ein Stauwehr hinwegschießen, manchmal war es so seicht
     und voller Pfosten, dass wir die Boote aus dem Wasser ziehen und hinübertragen mussten. Doch die hauptsächlichen Hindernisse
     waren die Folge eines erst kürzlich aufgekommenen heftigen Windes. Alle zwei- oder dreihundert Meter war ein Baum über den
     Fluss gestürzt und hatte im Fallen meistens mehr als einen mitgerissen.
    Oft gab es an der Krone eine freie Durchfahrt, und wir konnten um das blättrige Kap herumsteuern und das Wasser zwischen den
     Zweigen strudeln und blubbern hören. Oft, wenn der Baum von Ufer zu Ufer ragte, war Platz genug, um mit dem Kanu und allem
     Drum und Dran untendurch zu schießen, wenn man sich auf den Boden kauerte. Manchmal war es nötig, auf den Stamm zu klettern
     und das Boot über ihn hinwegzuziehen, und manchmal, wenn die Strömung zu stark war, blieb uns nichts anderes übrig, als an
     Land zu gehen und das Boot auf die andere Seite zu tragen. Dies sorgte im Lauf des Tages für eine hübsche Reihe von Zwischenfällen
     und hielt unsere Sinne wach.
    Kurz nachdem wir wieder losgefahren waren, als ich einen großen Vorsprung hatte und zu Ehren der Sonne, der hohen Geschwindigkeit
     und der Kirchenglocken immer noch von einem edlen, frohlockenden Geist beseelt war, machte der Fluss an einer Biegung einen
     seiner Löwensprünge, und ich bemerkte einen Steinwurf entfernt einen weiteren umgestürzten Baum. Im Nu hatte ich meine Rückenstütze
     heruntergeklappt und steuerte auf eine Stelle zu, wo der Stamm hoch genug über dem Wasser und die Äste nicht zu dicht schienen,
     so dass ich meinte, hindurchschlüpfen zu können.Wenn ein Mann dem Universum gerade ewige Blutsbrüderschaft geschworen hat, ist er nicht in der Stimmung, wichtige Entscheidungen
     mit Bedacht zu treffen, und die, die für mich eine sehr wichtige Entscheidung gewesen wäre, stand unter keinem guten Stern.
     Der Baum schlug mir gegen die Brust, und während ich noch kämpfte, um mich zu ducken und unten durchzukommen, nahm mir der
     Fluss die Sache aus der Hand und beraubte mich meines Bootes. Die
Arethusa
drehte sich seitwärts, kippte, schleuderte, was von mir noch im Boot geblieben war, über Bord und flitzte, derart befreit,
     unter dem Baum hindurch, richtete sich wieder auf und trieb munter stromabwärts davon.
    Ich weiß nicht, wie lange es dauerte, bis ich auf den Baum geklettert war, der mich gefangen hatte, doch es dauerte länger
     als mir lieb war. Meine Gedanken waren von der ernsten, beinahe düsteren Sorte, aber mein Paddel hielt ich immer noch fest
     umklammert. Die Strömung riss so schnell an meinen Füßen, wie ich mich hochziehen konnte, dem Gewicht nach schien ich das
     gesamte Wasser der Oise in meinen Hosentaschen zu haben. Man wird nie erfahren, bis man es ausprobiert hat, welch tödlichen
     Druck ein Fluss auf einen Menschen ausübt. Der Tod höchstpersönlich war mir auf den Fersen, denn dies war sein letzter Hinterhalt,
     und er musste eigenhändig in den Kampf eingreifen. Und ich hielt immer noch mein Paddel fest. Schließlich zog ich mich bis
     zum Bauch auf den Stamm und lag dort als atemloser Waschlappen mit einem gemischten Gefühl von Komik und Ungerechtigkeit.
     Für Burns und sein Gespann auf dem Hügel muss ich ein trauriges Bild abgegeben haben. Doch da war das Paddel in meiner Hand.
     Auf meinem Grabstein, fallsich je einen haben werde, wünsche ich mir folgende Worte als Inschrift: »Er hat sein Paddel nicht losgelassen.«
    Der Kapitän der
Cigarette
war schon eine Weile vorbeigefahren, denn wie ich hätte bemerken können, wenn ich gerade etwas weniger über das Universum
     beglückt gewesen wäre, gab es eine freie Durchfahrt um die Baumspitze

Weitere Kostenlose Bücher