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Das Licht der Flüsse

Das Licht der Flüsse

Titel: Das Licht der Flüsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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gestimmtes Instrument erbebte, und das Blut warf seine Trägheit ab und rastedurch all die Haupt- und Nebenstraßen der Venen und Arterien in das Herz hinein und hinaus, als ob der Kreislauf nur eine
     Urlaubsreise sei und nicht die tägliche Plackerei von siebzig Jahren. Die Schilfrohre könnten als Warnung mit ihren Köpfen
     nicken und mit zitternden Gesten erzählen, dass der Fluss ebenso grausam sei wie stark und kalt, dass der Tod in dem Strudel
     unter der Weide lauere. Doch die Schilfrohre mussten auf ihren Plätzen stehen bleiben, und jene, die stillstehen, sind immer
     furchtsame Ratgeber. Was uns betrifft, wir hätten laut schreien können. Wenn dieser lebhafte und schöne Fluss wirklich eine
     vom Tod ersonnene Falle wäre, dann hätte der alte Sensenmann sich selbst eine prächtige Grube gegraben. In diesem Augenblick
     lebte ich für drei. Mit jedem Ruderschlag und jeder Biegung des Flusses machte ich Punkte zu seinem Nachteil. Selten habe
     ich einen größeren Gewinn aus meinem Leben gezogen.
    Ich glaube wirklich, dass wir unseren kleinen Privatkrieg mit dem Tod ein wenig in diesem Licht betrachten könnten. Wenn jemand
     weiß, dass er auf seiner Reise früher oder später ausgeraubt wird, dann wird er in jedem Gasthof eine Flasche vom Besten bestellen
     und jeden Luxus als etwas ansehen, was er den Dieben gestohlen hat. Außerdem ist es für einen Teil seines Geldes eine rentable
     Investition und keine pure Verschwendung, da es dann nicht mehr verlorengehen kann. So ist jeder Augenblick des lustigen Lebens,
     insbesondere wenn er gesundheitsfördernd ist, ein Sieg über den großen Räuber Tod. Wir werden weniger in den Taschen und mehr
     im Magen haben, wenn er »Halt!« und »Ergebt euch!« ruft. Ein schnell fließender Strom ist einer seiner Lieblingstricks, der
     ihm eine beträchtliche Summe im Jahreinbringt, aber wenn er und ich unsere Rechnung begleichen, dann werde ich ihm wegen dieser Stunden auf dem Oberlauf der Oise
     ins Gesicht lachen.
    Gegen Nachmittag wurden wir von dem Sonnenschein und der belebenden Geschwindigkeit geradezu trunken. Wir konnten uns und
     unsere Zufriedenheit nicht länger zurückhalten. Die Kanus waren zu klein für uns, wir mussten hinaus und uns am Ufer ausstrecken.
     Und so machten wir es uns auf einer grünen Wiese bequem, rauchten göttlichen Tabak und erklärten die Welt für wunderbar. Es
     war die letzte schöne Stunde des Tages, und ich denke mit größter Selbstzufriedenheit an sie zurück.
    Auf einer Seite des Tals, hoch oben auf dem kalkigen Gipfel des Hügels, erschien und verschwand in regelmäßigen Abständen
     ein Ackerbauer mit seinem Gespann. Bei jedem Erscheinen stand er ein paar Sekunden reglos vor dem Firmament: Für den Rest
     der Welt war er (wie der Kapitän der
Cigarette
bemerkte) ein winziger Burns, der gerade dabei war, sein Berggänseblümchen unterzupflügen. Er war, so weit das Auge reichte,
     das einzige lebende Wesen, wenn man den Fluss einmal außer Acht ließ.
    Auf der anderen Talseite sahen eine Gruppe roter Dächer und ein Turm aus dem Laubwerk hervor, wo ein begnadeter Glöckner die
     Nachmittagsmusik mit ein paar Kirchenglocken erklingen ließ. Die Melodie, die er spielte, hatte etwas Liebliches und Bewegendes
     an sich; wir meinten, nie zuvor Glocken so verständlich sprechen oder so melodisch klingen gehört zu haben wie diese. Die
     Spinnerinnen und die jungen Mädchen in Shakespeares Illyrien müssen ihr »Komm herbei, Tod« zu einer ähnlichen Melodie gesungenhaben. Glockengeläut hat so oft eine bedrohliche Note, etwas Lärmendes und Metallisches, dass ich glaube, sein Klang bereitet
     uns stets mehr Qual als Vergnügen. Doch diese, da sie aus der Ferne ertönten, mal laut, mal leise, mal mit einer klagenden
     Kadenz, die wie der Refrain eines populären Liedes ins Ohr ging, waren immer maßvoll und melodiös und schienen im Einklang
     mit dem Geist der stillen, ländlichen Ortschaften zu sein wie das Rauschen eines Wasserfalls oder das Geplapper einer Krähenkolonie
     im Frühling. Ich hätte den Glöckner gern um seinen Segen gebeten, diesen guten, ruhigen alten Mann, der das Seil so sanft
     im Takt seiner Meditationen schwang. Ich hätte den Priester segnen können oder die Erben oder wer auch immer sich in Frankreich
     um derlei Angelegenheiten kümmert, die diese lieblichen alten Glocken zurückgelassen hatten, um den Nachmittag aufzuheitern,
     statt Versammlungen abzuhalten, Spenden einzutreiben und ihre Namen

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