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Das Licht der Flüsse

Das Licht der Flüsse

Titel: Das Licht der Flüsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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am Ufer nach, bis wir hinter der Biegung verschwanden. In den Träumen jenes Kindes sind
     wir wohl noch nächtelang weitergepaddelt.
    Sonne und Regen wechselten wie Tag und Nacht, verlängerten die Stunden durch ihren Wechsel. Wenn die Regenschauer heftig waren,
     konnte ich spüren, wie jeder einzelne Tropfen durch die Jacke auf meine warme Haut fiel; die Anhäufung dieser kleinen Schocks
     brachte mich fast um denVerstand. Ich entschloss mich, in Noyon einen Regenmantel zu kaufen. Nass zu werden ist harmlos, doch die Qual dieser gleichzeitig
     auf meinen ganzen Körper niederprasselnden kalten Nadelstiche ließ mich wie ein Wahnsinniger mit dem Paddel auf das Wasser
     schlagen. Der Kapitän der
Cigarette
amüsierte sich prächtig über diese Aufwallungen. So bekam er etwas anderes zu sehen als Lehmufer und Weiden.
    Die ganze Zeit über schlich der Fluss wie ein Dieb an geraden Stellen entlang oder schwang sich rasant um die Kurven; die
     Weiden nickten und wurden pausenlos unterspült, die Lehmufer rutschten ab; die Oise, die so viele Jahrhunderte lang das Goldene
     Tal erschaffen hatte, schien es sich anders überlegt zu haben und entschlossen zu sein, das Hervorgebrachte zu zerstören.
     So zahlreich sind die Werke, die ein Fluss vollbringen kann, indem er einfach in der Unschuld seines Herzens der Schwerkraft
     gehorcht!

Die Kathedrale von Noyon
    Noyon liegt ungefähr eine Meile vom Fluss entfernt auf einer kleinen Ebene, umgeben von bewaldeten Hügeln, und bedeckt eine
     große Fläche mit seinen Ziegeldächern, die von einer langen rechteckigen Kathedrale mit zwei spitzen Türmen überragt werden.
     Als wir die Stadt erreichten, schienen die Dächer übereinander den Hügel hinaufzupurzeln, in einer überaus merkwürdigen Unordnung;
     doch sosehr sie sich auch abmühten, reichten sie doch nicht höher als bis an die Knie der Kathedrale, die aufrecht und feierlich
     über allem stand. Als die Straßen über dem Marktplatz unterhalb desHôtel de Ville diesem präsidierenden Genius näher kamen, wurden sie verlassener und ruhiger. Leere Fassaden und geschlossene
     Fensterläden wandten sich dem großen Gebäude zu, und auf dem weißen Fußweg wuchs Gras. »Ziehe deine Schuhe von deinen Füßen,
     denn der Ort, auf dem du stehst, ist heiliger Boden.« Das Hôtel du Nord zündet dennoch seine weltlichen Kerzen keinen Steinwurf
     von der Kirche entfernt an, und wir hatten deren prächtigen Ostflügel jeden Morgen vom Fenster unseres Zimmers aus vor Augen.
     Selten habe ich den Ostflügel einer Kirche mit größerem Mitgefühl betrachtet. Indem seine drei breiten Terrassen weitflächig
     auf den Boden stoßen, sieht er aus wie das Achterdeck eines großen alten Kriegsschiffes. Die hohlen Strebepfeiler tragen Vasen,
     die man für Hecklaternen halten könnte. Die Wölbung im Boden und die Türme, die genau über der Dachspitze erscheinen, lassen
     das gute Schiff träge über eine atlantische Dünung sich neigen. Jeden Augenblick könnte es sich hundert Fuß weit entfernen,
     um den nächsten Wellenkamm zu erklimmen. Jeden Moment könnte sich ein Fenster öffnen, ein alter Admiral seinen Dreispitz herausstrecken
     und seine Beobachtungen machen. Die alten Admirale befahren nicht mehr die Meere; die alten Kriegsschiffe sind allesamt abgewrackt
     und existieren nur noch auf Gemälden; lange bevor man an jene auch nur dachte, war das hier bereits eine Kirche, ist immer
     noch eine Kirche und eine wackere Erscheinung an der Oise. Die Kathedrale und der Fluss sind wohl die beiden ältesten Dinge
     im Umkreis von Meilen, und gewiss haben beide ein eindrucksvolles Alter erreicht.
    Der Mesmer führte uns hinauf in die Spitze eines der Türme zu den fünf Glocken, die dort hingen. Von oben bildetedie Stadt ein Mosaik aus Dächern und Gärten; der frühere Verlauf der Stadtmauer war deutlich zu erkennen, und der Mesmer zeigte
     uns weit jenseits der Ebene, in einem Stück leuchtend blauem Himmel zwischen zwei Wolken, die Türme von Château de Coucy.
    Ich glaube, große Kirchen werden mir nie langweilig. Sie sind meine bevorzugte Art von Berglandschaft. Die Menschheit erhielt
     nie eine glücklichere Inspiration als zum Bau einer Kathedrale: Auf den ersten Blick scheint sie aus einem Stück zu bestehen
     und ist trügerisch wie eine Statue, doch wenn man genauer hinsieht, sind ihre Details so lebendig und interessant wie die
     eines Waldes. Die Höhe der Türme ist durch Trigonometrie nicht zu fassen; ihr Maß ist lächerlich

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